Bundesliga

Arturo Vidal beim FC Bayern München: Beachtliche Statistik, dennoch Zweifel

Chilene muss sich dauerhaft auf Topniveau präsentieren

Vidal: Beachtliche Statistik, dennoch Zweifel

"Sehr motiviert" im Trainingslager in Doha: Arturo Vidal.

"Sehr motiviert" im Trainingslager in Doha: Arturo Vidal. picture alliance

Womöglich hätte Arturo Vidal (30) sogar einen gewandten Bodenturner abgegeben. Ob im Spielchen fünf gegen zwei oder auch bei den diversen Spielformen in Doha, wo das winterliche Trainingslager des FC Bayern am Sonntag endete, rutschte der Mittelfeldspieler seinen Kollegen immer wieder grätschend vor oder zwischen die Beine oder versuchte mit dieser rustikalen Methode, an ihm vorbeifliegende Bälle abzufangen. Und als es ihm spektakulär gelingt, wie bei dieser Übungseinheit 7 gegen 4, wird er mit einem Kompliment seines Chefs belohnt. "Super, Arturo!", ruft Jupp Heynckes, Mitspieler wie Rafinha und James schicken ein begeistertes Echo hinterher. "Sehr motiviert" erlebte Heynckes den Chilenen in der Vorbereitung auf den Saisonrest 2018.

Mitte November hatte der Coach diesen Spieler, dem er grundsätzlich sehr wohlwollend zugetan ist, erst unter vier Augen und dann öffentlich kritisiert und ihm die Ersatzbank angekündigt , falls er seine körperliche Verfassung - Vidal wirkte untrainiert, schwerfällig und tapsig - nicht verändere. Der Mann mit der Irokesenfrisur reagierte zunächst verärgert, dann sehr professionell, als er in der Bundesliga zwischen dem 12. und 15. Spieltag jeweils ein Tor erzielte, erst gegen Augsburg, dann Mönchengladbach, Hannover und Frankfurt, so dass nach der Hinserie für ihn in der Liga fünf verbucht sind. Heynckes hat diese neue Kontinuität in Vidals Engagement sehr wohl registriert, "schon in den vergangenen Wochen" habe sich dieser Profi sehr konzentriert präsentiert. Der FCB-Trainer findet diese Einstellung Vidals "notwendig", weil er "ein Topspieler" sei, "mit ihm in einer guten Verfassung sind wir noch besser".

Immer wieder gerät Vidal in großen Duellen außer Kontrolle

Gerade für die großen Duelle in der Champions League hatten ihn die Bayern im Juli 2016 für 37 Millionen Euro von Juventus Turin geholt. Mit seiner robusten, aggressiven Spielweise sollte er, der martialisch Krieger genannt wird, in den Champions-League-Spielen eine körperbetontere Note ins Bayern-Spiel importieren. Leider gerät er dabei immer wieder außer Kontrolle. Im Viertelfinale gegen Real Madrid 2017 erledigte er diesen Spezialauftrag so überdreht, dass er in Madrid eine unsinnige Gelb-Rote Karte sah . In München hatte er im Hinspiel einen Elfmeter fatal über die Latte gedroschen. Den Unterschied in der Königsklasse machte er in die falsche Richtung aus.

Gelb-Rot für Arturo Vidal in Madrid

Unsinnig: Im Champions-League-Viertelfinale bei Real Madrid sah Arturo Vidal die Gelb-Rote Karte. imago

Deshalb ist die Anmerkung, die Heynckes ganz beiläufig in seine Laudatio auf Vidal zum Ende der Tage in Katar einfügte, sehr interessant: Er wisse nicht, "was das bedeuten soll", dass Vidal seinen Job mit dieser neuen konstanten Leistungsbereitschaft vollbringe. Eine Antwort findet sich gewiss im allgemeinen Verdrängungswettbewerb beim FC Bayern: Im Halbbereich des Mittelfelds, also auf der Achter-Position, sind Thomas Müller, James, Corentin Tolisso sowie der noch verletzte Thiago starke Widersacher, in der Defensive kommen noch Javi Martinez und Sebastian Rudy dazu, allesamt Topprofis.

Vertrag bis 2019 - für mehr ist dauerhaftes Topniveau nötig

Da ist Vidal gefordert, zusätzlich deshalb, weil seine Anstellung in München nur bis 30. Juni 2019 befristet ist. Bei Spielern dieser Finanzkategorie wird die Zusammenarbeit entweder frühzeitig ausgeweitet - oder ein Jahr vorher beendet. Obwohl in Vidals FCB-Leistungsbilanz nach zweieinhalb Jahren - rein statistisch gesehen - beachtliche 21 Tore und 17 Assists in 112 Pflichtspielen stehen, hat er sicher nicht uneingeschränkt für eine Vertragsverlängerung geworben. So sieht man es auch in der Klub-Führung. Vidal wird sich also nun dauerhaft auf Topniveau präsentieren müssen, wenn er seine berufliche Zukunft noch länger in München sieht. In Leon Goretzka steht außerdem schon der nächste Mann für diese Mittelfeldposition vor der Bayern-Tür.

Karlheinz Wild

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