Bundesliga

Boateng: "Ich mag die Scheinwerfer nicht"

Frankfurts Mittelfeld-Chef vor der Rückkehr nach Berlin

Boateng: "Ich mag die Scheinwerfer nicht"

Rückkehr in die Heimat: Kevin Prince Boateng gastiert mit Frankfurt am Wochenende in Berlin.

Rückkehr in die Heimat: Kevin Prince Boateng gastiert mit Frankfurt am Wochenende in Berlin. imago

Am Mittwoch sprach der 30-Jährige über...

... seine Erwartungshaltung vor dem Hertha-Spiel: "Wie soll meine Erwartung sein? Hinfahren, drei Punkte holen, wieder nach Hause kommen. Das Wichtigste ist, wieder zu null zu spielen. Wenn wir das schaffen und unser Spiel spielen, denke ich, dass wir gewinnen werden. Berlin ist ein bisschen so wie wir. Die sind auch eklig zu bespielen, stehen gut, laufen ganz viel, hauen auch mal dazwischen und funktionieren als Mannschaft. Mit Kalou, Ibisevic, Leckie und Selke haben sie Spieler, die eine Partie alleine entscheiden können. Ich denke aber, dass wir ein bisschen mehr Qualität in den eigenen Reihen haben."

... die Entwicklung der Mannschaft: "Wir werden auch nach der Saison nicht bei 100 Prozent sein, das ist ganz klar. Wir haben so viele neue Spieler, die in ihren früheren Klubs ein anderes System gespielt haben und eine andere Fußballphilosophie hatten. Der Trainer versucht, es auf 100 Prozent zu bringen, das wird aber sehr, sehr schwierig. Es wäre schon ein riesiges Erfolgserlebnis, wenn wir auf 80 oder 90 Prozent kommen würden."

Ganz klar gucken wir auch nach oben.

Kevin Prince Boateng über Frankfurts Europacup-Ambitionen

... das Potenzial, das in Frankfurt im Vergleich zu seinem vorherigen Klub Las Palmas steckt: "Das ist ein riesiger Unterschied, auch fußballerisch. Hier haben wir sehr viele individuell sehr starke Spieler. Es liegt am Trainer, dass er daraus eine sehr starke Mannschaft formt. Das ist nicht einfach. Bei Las Palmas gibt es Spieler, die schon seit zwölf Jahren zusammenspielen, das ist eine sehr eingespielte Truppe."

... den Teamgeist: "Die Mannschaft hält wirklich zusammen, jeder probiert, dem anderen zu helfen. Aber es ist kompliziert, so viele Spieler zu haben. Jetzt sind fast alle fit, und viele stehen nicht im Kader. Da kann es schnell passieren, dass es auch mal knallt. Aber das sehe ich bei uns nicht so, jeder probiert, den anderen zu stützen und freut sich, wenn er dabei ist. Wenn er nicht dabei ist, weiß er, dass er härter arbeiten muss. Es wird jedoch schwierig, mit so vielen Spielern ein so positives Feedback über das ganze Jahr zu haben."

Wo alles begann: In Berlin schnupperte Boateng zum ersten Mal Bundesliga-Luft. imago

... Europaträume: "Das ist doch schön, ich freue mich, wenn Spieler Ambitionen haben und das auch offen sagen. Trotzdem wissen wir ganz genau, dass man mit viel reden nirgendwo hinkommt. Die Jungs sind jedoch gut drauf und wollen auch arbeiten. Ganz klar gucken wir auch nach oben, es ist schön, dass wir da dran sind. Aber wir wissen, dass es sehr eng ist und ganz schnell nach unten gehen kann."

... Defizite beim Ballbesitzspiel: "Wir wissen, dass das unsere Schwäche ist. Wir sind keine Mannschaft, die 80 Prozent Ballbesitz hat. Dafür haben wir andere Stärken, die wir sehr gut ausspielen. Wir arbeiten daran, den Ball besser zu halten, solche Sachen kommen aber nicht von heute auf morgen. Es gibt einen Pep Guardiola auf der ganzen Welt und es gibt ein Barcelona, der Rest macht es ein bisschen nach, aber keiner hat es so perfekt drauf. Uns werden Omar Mascarell und Marco Fabian mit ihren sehr hohen fußballerischen Qualitäten hoffentlich bald helfen; dann hoffen wir, dass wir in der Rückrunde den Ball länger halten können. Ich habe Omar schon gesagt, dass ich mich freue, dass er wiederkommt. Vielleicht kann ich dann ein bisschen weiter vorne spielen."

... seinen Nachholbedarf im konditionellen Bereich: "So wie wir spielen, bin ich vielleicht noch nicht bei 100 Prozent. Um die Grundlagenausdauer so nah wie möglich an die 100 Prozent zu kriegen, muss ich einmal in der Woche individuell Kondition trainieren: Laufen, Fahrradfahren, Krafttraining. Am Donnerstag stehe ich wieder auf dem Platz."

Hast du gut gemacht.

Boateng über die Beziehung zu Youngster Marius Wolf

... seine Unterstützung für Mitspieler wie Marius Wolf, mit dem er kürzlich in Mailand war: "Als ich Marius kennenlernte, hat es bei uns geklickt, wir quatschen jeden Tag. Es spricht für sich: Seitdem wir uns kennen, gibt er Vollgas, ist Stammspieler geworden, hat sogar mal ein Tor gemacht, das passt also. Da kann ich mir auch mal selber auf die Schulter klopfen und sagen: Hast du gut gemacht. (lacht) Manche Spieler kommen auch zu mir, ich bin für jeden da. Und ich weiß, dass die Mannschaft auch für mich da ist, wenn irgendwann mal die Tage kommen, an denen ich sie brauche. Das ist das Wichtigste. Es wird nicht alles so schön und lustig sein, wie es jetzt gerade läuft. Es werden auch Tage kommen, wo es ein bisschen ungemütlicher wird."

... den vermeintlichen Glamourfaktor in seinem Leben: "Ich bin sehr zufrieden, wenn ich zu Hause bin und die Tür zu machen kann. Was heißt denn Glamour? Auf Events gehen und so. Wenn ich das mache, dann wegen eines Kumpels. Am Dienstag war ich zum Beispiel auf dem Konzert eines Freundes. Wir haben das Glück in Deutschland, dass es keine Paparazzi gibt, die einem hinterherrennen, da kann man sich auch mal in ein Konzert sneaken. Ich mag die Scheinwerfer nicht. Ich habe ja jeden Tag Scheinwerfer um mich herum und bin froh, wenn sie mal aus sind und ich auf meiner Couch sitze."

Aufgezeichnet von: Julian Franzke