Als der FC Bayern nach der Heimniederlage gegen Mainz 05 Anfang März zu Borussia Dortmund reisen musste, da war ganz Fußball-Deutschland elektrisiert. Kann die Borussia bei fünf Punkten Rückstand die Titelfrage tatsächlich noch mal richtig spannend machen, fragten sich viele Fußballfans vor fünf Wochen. Konnte sie nicht. Mit dem 0:0 in Dortmund blieb es bei den fünf Zählern Abstand zu Bayern und der kicker titelte nach dem Spiel: "Angriff abgewehrt."
Seitdem hat sich nichts geändert. Beide Teams gewannen ihre drei Spiele und irgendwie schien es so, als sei die Luft aus dem Titelkampf raus. Von wegen. Es ist eine trügerische Ruhe. Denn ein Patzer der Bayern bei einem gleichzeitigen Sieg der Westfalen und alles wäre offen. In München hat man die Selbstverständlichkeit, mit der man allenthalben von dem Gewinn der vierten Meisterschaft in Folge ausgeht, durchaus wahrgenommen. Sie passt den Bayern überhaupt nicht. "Auch Stuttgart kann in einem Spiel Bayern schlagen", warnte Pep Guardiola. "Wir müssen fokussiert sein", forderte er. Zuletzt wurde in Bezug auf die Bayern vor allem über die Königsklasse, über das Triple, gesprochen. Bundesliga, das schien abgehakt. Aber nicht für die Bayern-Verantwortlichen. Trainer Pep Guardiola wurde am Freitag deutlich: "Jedes Spiel ist jetzt ein Finale. Es ist eng. Wir können nicht auf BVB-Fehler warten. Ich bin mir sicher, der BVB geht nach Schalke und gewinnt", so der Katalane.
Der FC Bayern muss mit höchster Konzentration und Leidenschaft in Stuttgart auftreten, hat wenige Tage später aber schon das Rückspiel im Viertelfinale der Champions League vor der Brust. Dort will Bayern den fünften Halbfinaleinzug in Folge klar machen. Ein Ausscheiden gegen die international nicht ganz so hoch eingeschätzten Portugiesen hätte Folgen für Ansehen und Stimmung.
"Vielleicht ist das gut für unseren Rhythmus"
Die Beanspruchung in der Bundesliga ein Nachteil? Man erinnere sich: 2014 war Bayern Ende März Meister, 2015 im April, doch so richtig half der Konzentrationsabfall in der Liga nicht weiter. Tatsächlich hat Guardiola zwölf seiner 17 Pflichtspielniederlagen mit den Bayern in den Monaten März (zwei), April (sechs) und Mai (vier) hinnehmen müssen. Von August bis Februar gab es nur fünf Pleiten in Liga, Cup und Europa. Fünf Liga-Niederlagen gab es im Frühjahr nach feststehenden Meisterschaften, vier in Europa gegen "große" Gegner wie Madrid, Barca oder den FC Porto, eine im Pokal gegen den BVB. Dieses Jahr sind die Bayern auch in der Schlussphase der Bundesliga gefordert. "Vielleicht ist das gut für unseren Rhythmus", so Guardiola. "In dieser Saison müssen wir unsere Spiele bis zum Schluss gewinnen, um Meister zu werden", sagt der Bayern-Trainer. "Wir können nicht sagen, vielleicht verliert Dortmund da oder da, nein, vergesst das."
Bekommen Ribery oder Lahm eine Auszeit?
Doch mit welcher Mannschaft wird Guardiola in Stuttgart antreten? Gut möglich, dass er zuletzt beanspruchten Spielern wie Franck Ribery oder Philipp Lahm eine Auszeit gönnt. Sven Ulreich wird bei der Rückkehr zu seinem Heimatverein kein Geschenk erhalten, Manuel Neuer wird in Stuttgart spielen, das kündigte Guardiola bereits an. Im Fall von Arjen Robben muss man sich weiter gedulden. Auch kommende Woche wird der Niederländer noch nicht ins Teamtraining zurückkehren. "Das ist die Tendenz", sagte Guardiola, der neben Jerome Boateng und Holger Badstuber auch weiter auf Medhi Benatia verzichten muss.