Bundesliga

Ibisevic: Flaute seit der Unterschrift

Hertha: Der Kapitän ist seit 636 Liga-Minuten ohne Treffer

Ibisevic: Flaute seit der Unterschrift

Hat zur Zeit kein Glück vor dem Tor: Berlins Vedad Ibisevic.

Hat zur Zeit kein Glück vor dem Tor: Berlins Vedad Ibisevic. imago

Mit seinem Doppelpack am 27. November gegen Mainz (2:1, 12. Spieltag) schob sich Ibisevic mit insgesamt acht Treffern auf Platz drei im Torjäger-Ranking der Bundesliga - hinter Pierre-Emerick Aubameyang (Dortmund, damals 13 Tore) und Anthony Modeste (Köln, 12). An jenem Tag knackte Ibisevic als sechster Ausländer der Bundesliga-Geschichte nach Claudio Pizarro, Giovane Elber, Robert Lewandowski, Stéphane Chapuisat und Ailton die magische 100-Tore-Marke, tags darauf verlängerte er seinen Vertrag in der Hauptstadt bis 2019. Seitdem wartet er auf einen Treffer. Aubameyang und Modeste haben in der Zwischenzeit jeweils vier Tore draufgepackt, zudem sind Robert Lewandowski (FC Bayern, 15), Timo Werner (RB Leipzig, 11) und Sandro Wagner (TSG Hoffenheim, 10) längst vorbeigezogen am Berliner Kapitän. Der gab nach dem 0:2 auf Schalke am Samstagabend zu: "Es nervt, keine Frage. Grundsätzlich bin ich frustriert, wenn wir nicht gewinnen oder punkten." Seit mittlerweile 636 Liga-Minuten ist der 32-Jährige ohne Tor. Seinen Abschlussaktionen fehlt derzeit die gewohnte Selbstverständlichkeit. In Leverkusen (1:3) und auf Schalke (0:2) ließ er gute Chancen ungenutzt, ebenso beim Achtelfinal-K.o. im DFB-Pokal in Dortmund (1:1 n.V., 2:3 i.E.), als er etwa völlig freistehend einen Kopfball aus drei Metern übers Tor bugsierte.

Effizienz und Zahl der Chancen haben abgenommen

Allerdings hat nicht nur Herthas Effizienz nachgelassen, sondern auch die Zahl und - mehr noch - die Qualität der Chancen. "Vedad", sagt Trainer Pal Dardai, "ist ein Stürmer, der gefüttert werden muss." Im Moment wird er zweifellos schlechter versorgt als im Herbst. Exemplarisch war, dass Rechtsverteidiger Peter Pekarik gegen Schalke nach 74 Minuten auf seiner Seite durchbrach und in aussichtsreicher Situation selbst den Abschluss suchte - der am zweiten Pfosten einschussbereit lauernde Ibisevic wartete vergebens auf den Querpass. Hertha fehlen seine Tore.

Das ist blöd für Vedad und blöd für uns, weil wir seine Tore brauchen.

Herthas Manager Michael Preetz über die Torflaute von Vedad Ibisevic

Dardais Team, zu Weihnachten Überraschungsdritter, ist nur mehr Sechster. Von den vergangenen sieben Spielen in der Bundesliga gingen fünf verloren. Die Flaute von Ibisevic ist einer der Gründe für den Abwärtstrend. Manager Michael Preetz, der als Stürmer einst selbst solche Phasen des vergeblichen Bemühens durchlebte, sagt: "Das ist blöd für Vedad und blöd für uns, weil wir seine Tore brauchen. Aber er wird bald wieder knipsen. Effizienz kannst du nicht trainieren. Es wird kommen, früher oder später."

Auch Dardai stärkt den Mann, dem er im Sommer nach dem Aus in der Europa-League-Qualifikation gegen Bröndby IF die Kapitänsbinde gab: "Solche Phasen gibt es. Aber er kämpft wie ein Bär und ist ein Vorbild in jedem Training. Das wird schon kommen." Für Ibisevic sind derlei Durststrecken keine unbekannte Situation. Zwischen dem 29. Januar 2014, als er sein letztes Tor für den VfB Stuttgart schoss, und dem 22. September 2015, als er erstmals für Hertha traf, blieb er einst 1427 Einsatz-Minuten ohne Tor.

Noch längere Flaute in Hoffenheim

Und auch in seiner Zeit bei der TSG Hoffenheim erlebte er eine längere Flaute als aktuell: Zwischen dem 21. November 2009 und dem 13. Februar 2010 war Ibisevic 711 Liga-Minuten ohne Tor. Dass er beim 0:2 auf Schalke, wo er in der Vorsaison eine Rote Karte kassiert hatte, so dicht vorm Platzverweis stand wie lange nicht, war auch ein Indiz für die wachsende Frustration des Bosniers. Für eine Schwalbe sah er Gelb, Mitte der zweiten Halbzeit bekam er nach einem Foul von Schiedsrichter Markus Schmidt eindringlich die finale Ermahnung. Ibisevic riss sich fortan zusammen und war gegen Ende der Partie wieder besser im Spiel. Nach dem Abpfiff sagte er: "Die Schiedsrichter sind nicht meine Freunde, das ist ja bekannt."

Der Ball ist es in diesen Woche auch nicht. Er will einfach nicht dorthin, wo Ibisevic ihn haben will und wo er in der Bundesliga-Karriere des Stürmers in 247 Spielen schon 100 Mal lag: im Tor des Gegners.

Steffen Rohr