Bundesliga

Harnik: "Solche Chancen mache ich normalerweise rein"

Stuttgart: VfB-Fans pfeifen Rotsünder aus

Harnik: "Solche Chancen mache ich normalerweise rein"

Szene der Dankbarkeit: Martin Harnik umarmt VfB-Matchwinner Daniel Ginczek nach dem 3:2 gegen Bremen.

Szene der Dankbarkeit: Martin Harnik umarmt VfB-Matchwinner Daniel Ginczek nach dem 3:2 gegen Bremen. Getty Images

Als eine weitere Wendung des Spiels ausgeschlossen war, weil der Schiedsrichter soeben abgepfiffen hatte, kniete sich Daniel Ginczek auf den Boden - und bekam bald Gesellschaft: Martin Harnik begab sich neben den Stuttgarter Doppeltürschützen beim 3:2 gegen Bremen, haute ihm auf den Rücken und schien mit jeder Faser zu sagen: Danke, danke, danke sehr!

Mit seinem Siegtor in letzter Minute hatte Ginczek am Sonntag nicht nur den VfB erstmals seit dem 19. Spieltag vom letzten Tabellenplatz geschossen, er hatte auch Harnik die Show gestohlen. Und nichts hatte sich der Österreicher mehr gewünscht, als er nach seiner Gelb-Roten Karte in der 84. Minute die restliche Partie auf einem Fernseher in den Katakomben verfolgte. "Fußball ist brutal!", sollte er später stöhnen.

Spielersteckbrief Harnik
Harnik

Harnik Martin

Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
70
2
VfL Wolfsburg VfL Wolfsburg
60
3
Bor. Mönchengladbach Bor. Mönchengladbach
53

Brutal, weil Harnik binnen zwei Minuten zwei Torchancen vergeben hatte, die man in der Bundesliga eigentlich nicht vergeben darf (61./62.). Brutal, weil er trotz der Pfiffe von den Rängen danach Ginczeks Tor zum 2:1 mit Bravour vorbereitete (70.), obwohl er gerade für Timo Werner hatte ausgewechselt werden sollen. Und brutal, weil er sich dann einen Platzverweis leistete, den Trainer Huub Stevens hinterher wahlweise als "nicht schlau" und "dumm" einstufte.

Wir kriegen alles mit, das war nicht zu überhören.

Martin Harnik über die Pfiffe gegen ihn

"Dass ich die beiden Chancen vergeben habe, ist unerklärlich", sagte Harnik, "solche Chancen mache ich normalerweise rein." Mit den Pfiffen der derzeit sonst so geduldigen VfB-Fans sei danach "viel auf mich eingeprasselt, aber ich wollte alles tun, um Wiedergutmachung zu leisten. Wir kriegen alles mit, das war nicht zu überhören."

Entsprechend gemischt fasste er auf, dass ihn Stevens vom Platz holen wollte, nachdem er aus drei Metern das leere Tor verfehlt hatte. "Erlösung oder Strafe? Ein bisschen von beidem", so Harnik. "Eine Erlösung wegen der Situation, eine Strafe, weil ich dann nicht weiterhelfen konnte." Stattdessen nahm er sich selbst aus dem Spiel, weil er Landsmann Zlatko Junuzovic dort übereifrig von den Beinen holte, wo man das besser nicht tut: an der Seitenauslinie in der gegnerischen Hälfte. "Ich war total kaputt, wollte den Angriff unterbrechen", beschrieb er die Situation, die ihn nun das Auswärtsspiel in Augsburg kostet. "Die Karte war vermeidbar. Ich nehme die Verantwortung auf meine Kappe."

"... das ist vielleicht einer der Gründe, warum ich in der Bundesliga spiele"

Strafe und Erlösung - es war das Motto des ganzen Spiels für den VfB. "Beim 2:2 hätte ich mich am liebsten vergraben", gab Harnik zu, "ein ganz bitterer Moment." Zumal ein Remis nicht verdient gewesen wäre. Stuttgart spielte nicht wie ein Absteiger, zeigte mit der nächsten Drei-Tore-Vorstellung zuhause (nach dem 3:1 gegen Frankfurt) einmal mehr, wie sinnvoll Stevens' neue offensive Ausrichtung ist. "Wenn ich die Chancen mache, dann steht es 3:1 und alles ist entschieden", wusste Harnik um die unnötige Spannung.

Bleibt der VfB drin?

Nun darf auch der 27-Jährige halbwegs erleichtert ins Bett gehen. Nach dem Augsburg-Spiel, wenn die Gegner Mainz, Schalke, Hamburg und Paderborn heißen, wird der Stuttgarter Toptorjäger (sechs Treffer) wieder gebraucht - schließlich ist er einer, der stets alles gibt, auch wenn mal etwas misslingt. Harnik: "Das ist vielleicht einer der Gründe, warum ich in der Bundeliga spiele." Und vielleicht auch bald wieder einer der Gründe, warum der VfB weiter darauf hoffen darf.

jpe/George Moissidis

Bilder zur Partie VfB Stuttgart - Werder Bremen