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Eloquent wie intelligent - Kaka, der WM-Tourist

Bom dia, Brasil - Die kicker-Kolumne vom Zuckerhut

Eloquent wie intelligent - Kaka, der WM-Tourist

Werbeträger bei adidas: Kaka.

Werbeträger bei adidas: Kaka. kicker

Aus Brasilien berichtet Hans-Günter Klemm

Es ist sein großer Auftritt in Rio de Janeiro. Kaka ist auf der Bühne, die ihm adidas bereitet hat. Eine halbe Stunde für die internationale Presse im Hauptquartier der Sportartikelfirma aus Herzogenaurach, die den für den AC Milan spielenden Nationalspieler Brasiliens unter Vertrag hat. Ein Interview vor dem voll besetzten Saal, anschließend Zeit für Fotos. Routiniert und professionell spult der 32-Jährige, schon immer der Sonnyboy, das Programm ab.

Die Frage nach dem Warum pariert der in der Hauptstadt Brasilia geborene Techniker. Warum spielt er nicht für die Seleçao bei dieser WM? Kaka, zuletzt im März 2013 im Spiel gegen Russland von Luiz Felipe Scolari nominiert, danach unberücksichtigt bei den Tests und auch beim Confed-Cup, antwortet geschickt: Brasilien sei ein Land, in dem gern alle Nationaltrainer spielen. Dabei sei die Nation durchaus gespalten. Die einen sagen so, die anderen so. Die einen sind für Kaka, die anderen gegen ihn. "So ist es bei mir und so ist es auch im Fall Ronaldinho."

Es ist so wie in Deutschland, wo es auch Millionen gibt, die am Stammtisch oder auf der Arbeitsstelle den Bundestrainer spielen. Am Ende hat nur einer das Sagen: Scolari, der geschätzte Felipao, immerhin schon 2002 erfolgreich als Coach der WM-Siegerelf. Dieser hat Kaka nicht berücksichtigt, den fast ein Jahrzehnt jüngeren Oscar bevorzugt. Was er von Oscars Auftritten halte? Kaka lobt seinen Nachfolger. Viel Druck habe er aushalten müssen, betont er. Er habe es gemeistert. Ihn freue es, dass Oscar gleich im ersten Spiel getroffen habe. "Er ist nicht nur ein wichtiger Spieler auf dem Platz, sondern auch außerhalb, mache andere Jobs und bringe wichtige Elemente in die Seleçao ein."

Ich bin nie auf die Idee gekommen, jemanden zu beißen.

Kaka

Kaka, ganz gewiss einer der brasilianischen Fußballer, der ebenso eloquent wie intelligent ist, hat viel mitzuteilen. Er spricht über das Aus der großen europäischen Nationen: "Südamerika ist möglicherweise im Vorteil, weil die Saison noch läuft. In Europa sind viele Spieler nach dem Ende einer langen Spielzeit erschöpft." Er spricht über den Skandal der Vorrunde, also über den Beißer Luis Suarez: "Ich bin nie auf die Idee gekommen, jemanden zu beißen."

Wer wird Weltmeister: adidas, Nike oder Puma?

Ende des Gesprächs in den heiligen Hallen der Trainingsstätte von Flamengo Rio de Janeiro, dem wohl populärsten Klub in Brasilien. Das Weltunternehmen adidas hat sich hier eingemietet während der WM. Eine exquisite Location, mit Blick auf die Lagune, den berühmten Corcovado mit dem über Rio thronenden Cristo in Sichtweite.

Aussicht in Rio

Aussicht in Rio kicker

Hier laufen momentan alle Strippen der Sportartikel-Macher aus Franken zusammen. Hier arbeiten 70 hochmotivierte Medienschaffende aus 30 Nationen, machen PR für adidas, erstellen Videos und Tweets in einem Zeitalter, das von Social Media geprägt ist. Ein Newsroom mit unzähligen Bildschirmen an der Wand, wie er auch jeder großen deutschen Zeitung gut zu Gesicht stehen würde.

Ausgestellt sind natürlich auch die Produkte der Firma: Die neuesten Schuhmodelle, die Trikots, die Trainingssachen. Im Ausrüster-Wettstreit mit dem amerikanischen Rivalen Nike steht es dabei nach dem Ende der Vorrunde unentschieden. Wie die US-Firma hat adidas fünf Mannschaften in der K.o.-Runde platziert: Neben der deutschen Nationalelf, die traditionell mit den drei Streifen aufläuft, noch Mexiko, Kolumbien, Argentinien und Nigeria. Für Nike sind noch Brasilien, die Niederlande, Griechenland, Frankreich und die USA im Rennen, während Puma, der Konkurrent aus Herzogenaurach, als Ausrüster mit Chile, Uruguay, Schweiz und Algerien noch auf vier Vertreter setzt.

Wer holt am Ende den Titel in diesem Wettbewerb? Abwarten, in einer Hinsicht hat adidas, seit jeher geschäftlich eng mit dem Weltverband FIFA verbandelt, schon gewonnen. Der WM-Ball wird traditionell gestellt. Für die ersten Spiele waren alle Exemplare, 20 Stück pro Spiel, rechtzeitig vorbereitet. Für die Spiele ab dem Achtelfinale mussten die Kugeln neu beschriftet werden. Auf jedem Ball werden folgende Infos aufgedruckt: das Datum, die Paarung, der Ort und das Stadion.

Schwerarbeit für einen eifrigen Franken, der auf der Flamengo-Anlage sitzt und für ein Unternehmen aus dem fränkischen Scheinfeld arbeitet. Der Handwerker schritt zur Tat, damit für die erste Knockout-Runde die Spielgeräte rechtzeitig fertig wurden. Es wird sich wiederholen, wenn am Samstag die ersten Entscheidungen fallen, wer ins Viertelfinale einzieht.

Die adidas-Leute bitten zum Rundgang, zeigen alles, was sie hier für gut vier Wochen aufgebaut haben. Kaka ist nicht dabei. Er hat andere Termine, wird herumgereicht wie viele der Ex-Stars wie Pele und Cafu. Bevor er durch das Eingangsportal, wo eine lebensgroße Bronze-Plastik von Zico die Besucher begrüßt, schritt und sich verabschiedete, hat er noch etwas gesagt zu den Spekulationen um seine sportliche Zukunft. Er geht davon aus, dass er bei Milan bleibt: "Ende Juli werde ich dort wieder beim Training auftauchen."

Bom dia, Brasil! Die kicker-Redakteure Mounir Zitouni, Jörg Wolfrum, Hans-Günter Klemm und Oliver Bitter (v.l.).

Bom dia, Brasil! Die kicker-Redakteure Mounir Zitouni, Jörg Wolfrum, Hans-Günter Klemm und Oliver Bitter (v.l.).