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Bombeiros Militar do Estado de Rio de Janeiro. Alles klar?

Bom dia, Brasil - Die kicker-Kolumne vom Zuckerhut

Bombeiros Militar do Estado de Rio de Janeiro. Alles klar?

Tolle Aussicht: Rettungsschwimmer an der Copacabana.

Tolle Aussicht: Rettungsschwimmer an der Copacabana. kicker

Für den kicker in Brasilien: Jörg Wolfrum

Gut, dann eben: CBMERJ. Auch nicht besser? Ok: Wir sind zu Gast bei den Guarda Vidas, den Lifeguards der Copacabana, dort, wo sich Strand und Sand in den Felsen verlieren, auf Meereshöhe haben die "Bombeiros" ihr Quartier, etwas weiter oben eine historische Festung: das Forte de Copacabana, das alte Fort, noch heute ein Militärstützpunkt.

Auf dieser Landzunge, die vom Strand ins Meer hineinragt, tauchen plötzlich auch ein paar Sicherheitskräfte auf, doch sie gehören weder der Militäreinheit, noch den Lifeguards an. Was, wo, wo? Das übliche Gefrage und Gehabe folgt. Dabei wollen wir doch gar nichts vom Fernsehsender ESPN, der sich auf dem Gelände der Rettungsschwimmer eingemietet hat in diesen WM-Tagen.

Wir sind hier, weil so viel vom Fanfest an der Copacabana die Rede ist. Da kann es nicht schaden, mal bei denen vorbeizuschauen, die aufpassen, dass keiner dieser WM-Touristen in der Brandung untergeht. Und dafür zuständig sind die Rettungsschwimmer vom CBMERJ. Zigtausende Anhänger sehen ja Tag für Tag auf dem Fanfest am Strand die Spiele, nicht nur die der Seleçao. Auch bei Holland ist es voll, bei Deutschland nicht weniger. Aber das ist nicht länderspezifisch.

Getrunken wird übrigens auch. Der Brasilianer verträgt so einiges. Ricardo Campos hat da so einige Anekdoten auf Lager. An Silvester etwa, da hat man von dieser Landzunge am Ende des Strandes nicht nur einen herrlichen Blick auf die Copacabana und den Zuckerhut, vom Feuerwerk ganz zu schweigen. Man sieht zum Jahreswechsel leider auch auf ein Meer von Alkoholleichen.

Sie können sich nicht den Durst der Ecuadorianer vorstellen. Und den der Chilenen!

Jetzt, zur WM, ist das mitunter ähnlich: "Sie können sich nicht den Durst der Ecuadorianer vorstellen", sagt Ricardo Campos, "und den der Chilenen", schickt der Einsatzleiter der Lifeguard-Station nach. Es ist eben nichts mehr wie es war, die vermeintlich Kleinen von einst holen in allen Bereichen auf.

30 Lebensretter gehören zu Campos' Trupp "und 38 Jet-Skis", zählt er stolz auf, wobei er da etwas flunkert, die Wasserfahrzeuge muss er sich mit Einheiten anderer Strände teilen, er erwähnt sie dennoch mit Inbrunst, ganz so, als hätte ein Wasserfahrzeug eine Seele. Und da hinten steht gar ein Feuerwehrauto. "Muss sein", sagt Campos, "wegen der WM". Vorschrift, es könnte ja brennen.

Haben viel zu tun: Lifeguards in Rio.

Haben viel zu tun: Lifeguards in Rio. kicker

Zu Löschen hatten seine Rettungsschwimmer in gut zwei Wochen WM aber nur die üblichen Alkohol-Brände: "Außer den Betrunkenen keine besonderen Vorfälle", vermeldet Campos. Es ist dieser Tage eben wie Silvester, Feierstimmung überall. Nur das Feuerwerk fehlt. "Dafür sorgt am Samstag die Seleçao gegen Chile", tönt Ribeiro, einer aus der Lebensretter-Einheit.

Wir stehen jetzt wieder in der Sonne, sind raus aus der guten, alten Stube. Doch man muss das ja mit brasilianischen Augen sehen, wir sind ja nicht in Hamburg oder Ulm: Hier in Rio scheint die Sonne fast immer, da zieht man sich in der Pause gerne mal ins schummrige Kabuff zurück.

Nun stehen wir ganz am Ende eines Stegs, es ist in etwa die Aussicht, die der deutsche Fernseh-Zuschauer bei den Übertragungen von ARD und ZDF hat, der Übertragungsbunker der beiden ist 100 Meter entfernt, an der Strandpromenade. Wir sind quasi vis-a-vis, jedoch auf dem Wasser, naja, auf der Landzunge, die ins Meer reicht. Zur Veranschaulichung sei ein Dreieck empfohlen: Wir bilden mit den Lifeguards die untere rechte, die vom TV die linke Ecke, der ein paar Kilometer Luftlinie entfernte Zuckerhut ist die obere Spitze. Und so ist unser Blick momentan beim Schreiben dieser Zeilen: spitze.

Aber zurück zum Aufenthaltsraum: Nebenan in der Küche auf dem Gasherd steht ein riesiger, alter Kochtopf, aus den Zeiten noch, als Romario und Bebeto für den vierten WM-Titel sorgten. Oder hat er vielleicht schon Pelé und Mexiko 1970 erlebt? Im Einsatz ist er jedenfalls noch immer: das kochende Wasser kommt dann in riesige Plastikbehälter, daraus wird der Instant-Kaffee aufgebrüht. Klingt nicht lecker, ist es aber, liegt wohl am spartanischen Ambiente, Patina hat das Ganze. Später werden wir sogar noch zu Nudeln und Fleisch eingeladen.

Langsam geht die Sonne unter, die Lebensretter hängen lässig auf der Brüstung ab. Die bissigen Jungs von ESPN sind sie mittlerweile gewohnt, die haben das Lifeguard-Areal derzeit angemietet für ihre Außenaufnahmen, und so führen sie sich dann eben auch auf. Geld regiert die Welt, das ist nichts Neues.

Aus der Ferne wummert die Musik, es ist Halbzeit bei Algerien gegen Russland, die riesige Leinwand des Fanfestes ist auch aus großer Distanz zu erkennen. Eine Fanfare ertönt, irgendeine Flagge wird eingeholt beim Corpo de Bombeiros Militar de Estado do Rio de Janeiro. Im Hintergrund hat sich der Zuckerhut in der Dunkelheit schlafen gelegt, doch rund ums Fanfest machen sie durch. So wie jede Nacht. Und Ricardo Campos und seine Jungs vom CBMERJ passen auf, dass keiner untergeht.

kicker-Redakteur Jörg Wolfrum

Bom dia, Brasil! kicker-Redakteur Jörg Wolfrum. kicker