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Die seltsamen Argumente Katars gegen Zwanziger

Urteil in der Klage gegen den Ex-DFB-Präsident öffentlich

Die seltsamen Argumente Katars gegen Zwanziger

In erster Instanz gewonnen: Dr. Theo Zwanziger Anfang Februar im Düsseldorfer Gerichtsaal.

In erster Instanz gewonnen: Dr. Theo Zwanziger Anfang Februar im Düsseldorfer Gerichtsaal. picture alliance

Die QFA hatte Zwanziger verbieten wollen, Katar als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" zu bezeichnen. In erster Instanz siegte jedoch der 70-Jährige. Unmittelbar nach dem Spruch des LG im April teilte der Rechtsbeistand des WM-2022-Gastgebers, die Kanzlei Bub, Gauweiler und Partner, mit, dass man in Berufung gehe. Das nun veröffentlichte Urteil gibt Hinweise auf die mögliche weitere Prozessstrategie.

Laut dem Spruch reichte die Klägerin am 8. April 2016, zwei Monate nach der mündlichen Verhandlung, einen Schriftsatz nach, der sich auf den am 4. März 2016 veröffentlichten Freshfields-Bericht bezieht. In diesem versuchte der DFB mit Hilfe der Wirtschaftskanzlei Freshfields, den Zahlungsfluss des ominösen 6,7-Millionen-Euro-Darlehens von Ex-Adidas-Boss Robert Louis-Dreyfus nachzuzeichnen.

Zum Schriftsatz merkt das LG an, die QFA schreibe, dass "der Beklagte spätestens seit Mai 2005 Kenntnis von Unregelmäßigkeiten bei der WM-Vergabe nach Deutschland gehabt" habe. "Namentlich von einer vermeintlichen Zahlung des Organisationskomitees an die FIFA in Höhe von umgerechnet 6,7 Mio. Euro über ein "verschleiertes" Darlehen des damaligen Adidas-Vorstandsvorsitzenden." Zwanziger jedenfalls, so argumentieren die Kläger, sei bekannt gewesen, dass bei der Rückzahlung des 2002 gewährten Darlehens bewusst ein falscher Verwendungszweck angegeben worden sei. In der Tat deklarierten Zwanziger und Horst R. Schmidt als zuständige Mitglieder des deutschen Organisationskomitees die über die FIFA abgewickelte Rückerstattung an Louis-Dreyfus 2005 als Beitrag zur geplanten WM-Auftaktgala. Diese wurde schließlich abgesagt.

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Die Begründung der Katarer sieht laut Urteil so aus: "Der dahinterstehende Verdacht eigener Korruptionshandlungen solle nunmehr durch die streitgegenständliche Äußerung und das hiesige Verfahren wiederum verschleiert werden." Ähnlich hatte der Anwalt Katars, der ehemalige CSU-Politiker Peter Gauweiler, bereits vor Gericht argumentiert. Nun, mit den Erkenntnissen des Freshfields-Berichts im Rücken, legten die Juristen nach im Rechtsstreit, dessen Wert auf 100.000 Euro festgelegt wurde.

Katarer erkennen "Sündenbockprojektion"

Die weiteren Ausführungen des Spruchs zusammengefasst ergeben folgenden Argumentationsstrang der QFA: Zwanziger habe laut Freshfields-Bericht bereits im Mai 2005 von möglichen korrupten Handlungen im Weltfußball gewusst. Gerade auf dieser Basis stehe es ihm nicht zu, Katar als "Krebsgeschwür" zu schmähen und die Vergabe der WM 2022 als Ursprung allen Übels in der FIFA zu bezeichnen. Zwanziger hatte in von der QFA beanstandeten Interviews mit FAZ und HR zur WM-Vergabe 2022 auch gesagt: "Mit dieser Entscheidung hat alles angefangen." Der Vorwurf: Der Ex-DFB-Präsident habe mit seiner Kritik am Emirat lediglich von den eigenen Verstrickungen in die falsch deklarierte Rückabwicklung der 6,7 Millionen Euro ablenken wollen. Explizit fällt laut Urteil das Wort "Sündenbockprojektion".

Eine seltsame Argumentation. Denn was die Kanzlei und die QFA offenbar vergessen: Laut Freshfields-Bericht landeten eben jene 6,7 Millionen Euro in Katar. Und dort bei einer Firma im Geschäftskonstrukt von Mohamed Bin Hammam. Der war neun Jahre lang Chef des asiatischen Kontinental-Verbandes, 15 Jahre lang in der FIFA-Exekutive - und 20 Jahre lang Präsident des katarischen Verbandes. Wie das zu ihrer Argumentation passt, mögen die Anwälte mit Verweis auf Verschwiegenheitspflicht und laufende Verfahren dann nicht beantworten. Ebensowenig wie die Frage, ob die 6,7 Millionen Euro jemals auf einem Konto der QFA aufgetaucht sind.

Benni Hofmann