2. Bundesliga

Luhukay erklärt Maxim-Verzicht - VfB-Fans begeistern

Stuttgart siegt nach "so viel Angst"

Luhukay erklärt Maxim-Verzicht - VfB-Fans begeistern

Ein Matchwinner, der nicht so recht lächeln wollte: Alexandru Maxim nach dem 2:1-Sieg des VfB Stuttgart gegen St. Pauli.

Ein Matchwinner, der nicht so recht lächeln wollte: Alexandru Maxim nach dem 2:1-Sieg des VfB Stuttgart gegen St. Pauli. Getty Images

Der VfB Stuttgart hat sein erstes Pflichtspiel nach dem Bundesliga-Abstieg, das erste seit fünf Monaten, gewonnen, und schon spricht der Kapitän von der Champions League. Größenwahn jedoch war das beileibe nicht, sondern eine realistische Einschätzung dessen, was auch der TV-Zuschauer beim 2:1-Sieg gegen den FC St. Pauli am Montagabend erlebt hatte.

60.000 Fans hatten sich in der ausverkauften Arena eingefunden, mehr gab es in der 2. Liga zuletzt im Mai 2015 (68.500 bei 1860 München gegen Nürnberg). Und sie boten den VfB-Profis einen Geräuschteppich, auf dem sie im letzten Moment noch zum glücklichen Heimsieg flog.

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"Das hat nichts mit 2. Bundesliga zu tun, das ist absolute Bundesliga-Atmosphäre", fand Christian Gentner anschließend bei "Sky" kaum Worte für die Atmosphäre. "Wir spielen in der 2. Liga, unsere Fans gehören in die Champions League." Stürmer Simon Terodde, vom VfL Bochum gekommen, hatte nach dem Schlusspfiff "immer noch Gänsehaut. Unsere Fans waren der Wahnsinn."

Diese Mannschaft hat noch einiges aus den letzten Monaten zu verarbeiten. In der ersten Halbzeit hatten wir so viel Angst.

Jos Luhukay

Der harte Kern der Anhänger, der schon mit einem Fanmarsch zum Stadion erneut gegen "fanfeindliche" Montagsspiele demonstriert hatte, garnierte seine Unterstützung mit Spruchbändern gegen die Ansetzungen der DFL, gegen das neue "Silberpfeil"-Ausweichtrikot ("Wir sind nicht der FC Mercedes") und gegen den Ur-Stuttgarter Timo Werner, der zum ungeliebten Aufsteiger RB Leipzig gewechselt ist.

Ihre effektivste Leistung aber: Sie pushten ihre Mannschaft, als sie es sehr nötig hatte. "In der ersten Halbzeit hatten wir so viel Angst", seufzte Trainer Jos Luhukay, "wir kamen mit dem Druck nicht klar, haben uns selber das Leben sehr schwer gemacht. Diese Mannschaft hat noch einiges aus den letzten Monaten zu verarbeiten. Und St. Pauli hat unseren Ballfluss bestraft." Man sei "nicht gut im eigenen Ballbesitz" gewesen, klagte Gentner, "wir müssen uns in vielen Momenten noch finden". Dem 0:1 ging ein krasser Fehlpass von Philip Heise voraus, der nach insgesamt fahriger Vorstellung zur Pause in der Kabine bleiben musste.

"Diese Mannschaft hat auf jeden Fall die 2. Liga angenommen"

Doch "die Fans haben zu jedem Zeitpunkt versucht, die Mannschaft zu unterstützen. Und am Ende kann man dann so ein Spiel noch drehen", sagte Luhukay. "Diese Mannschaft hat auf jeden Fall die 2. Liga heute angenommen, auf Basis von Mentalität, auf Basis von Charakter, auf Basis von Willen. Das sind die Eigenschaften, die man benötigt, um auch in den nächsten Wochen und Monaten spielerisch zuzulegen." Ein paar neue Spieler - zwei offensive Außen und ein Stürmer werden nach wie vor gesucht - können dabei auch nicht schaden.

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Gegen St. Pauli zeigte neben Gentner (eine Vorlage, ein Tor) einzig Alexandru Maxim spielerischen Glanz. Nur wieso wurde der kreative Rumäne, der nach Jahren des Wartens dank Daniel Didavis Abgang nun endlich mit einem Stammspielerstatus rechnen darf, erst zur Pause eingewechselt? Weshalb verzichtete Luhukay freiwillig auf einen Spieler, der, so St.-Pauli-Keeper Robin Himmelmann, " eigentlich nichts in der 2. Liga verloren hat" ? Warum durfte stattdessen der 18-jährige Berkay Özcan sein erstes Profispiel bestreiten?

"Gucke nicht nach Status": Luhukay begründet kleinen Denkzettel für Maxim

Maxim, der Matchwinner durch sein Tor zum 1:1 und seine Rolle beim 2:1, reagierte enttäuscht, konnte sich den anfänglichen Bankplatz selbst nicht erklären . "Ich habe nichts falsch gemacht", beteuerte er. Das sah sein neuer Trainer anders.

"Ich hatte sieben Wochen Vorbereitung. Und jeder weiß, dass ich ein Trainer bin, der nicht nach Status oder Stellenwert guckt", erklärte Luhukay den Verzicht auf Maxims Startelfdienste. "Ich finde, dass jeder einzelne Spieler bei uns in der Mannschaft mir tagtäglich zeigen muss, was für einen Willen er hat und wo er hinmöchte." Und da hatte Maxim auf dem Trainingsplatz offenbar so viel Luft nach oben, dass ihm Luhukay einen kleinen, unerwarteten Denkzettel verpasste.

"Wir haben ein Projekt, das nicht heute oder morgen oder übermorgen abgeschlossen ist. Wir haben einen sehr langen Weg vor uns, und jeder muss sich unterordnen", appellierte Luhukay und kündigte an: "Ich werde auch in den nächsten Wochen oder Monaten immer wieder Entscheidungen treffen, die manchmal von außen vielleicht schwer zu verstehen sind." Merke: Auch in einem Kader, der nach Verstärkungen schreit, lässt sich der Konkurrenzkampf forcieren.

jpe