EM

Nainggolan - oder ein Ninja wie er im Buche steht

Im Schatten der Stars: Roma-Profi betritt die große Bühne

Nainggolan - oder ein Ninja wie er im Buche steht

Tätowiertes Fußball-Ass: Radja Nainggolan.

Tätowiertes Fußball-Ass: Radja Nainggolan. Getty Images

Per Definition ist ein Ninja, auf deutsch ein Verborgener, der zum Beispiel als Spion, Saboteur oder Meuchelmörder eingesetzt wird. Wie passt das mit Nainggolan zusammen?

Analysiert man die Spielweise des 28-Jährigen, wird schnell klar, warum er diesen Spitznamen bekommen hat. Als Sechser oder Achter vor der Abwehr spioniert er gegnerische Angriff sauber und akkurat aus, funkt erfolgreich dazwischen und beendet reihenweise Vorstoßversuche. Er infiltriert das Spiel der Kontrahenten und schlägt mit beinharten Zweikämpfen, Grätschen oder einfach cleveren Laufwegen erfolgreich dazwischen. Und er setzt mit seinen ebenfalls vorhandenen offensiven Fähigkeiten tödliche Nadelstiche - in Form von grandiosen Einleitungen, Schnittstellenpässen, Flanken, gefährlichen Standards oder ganz einfach eigener Abschlüsse. Das taktisch versierte Kraftpaket, gerade einmal 1,76 Meter groß, macht zudem vor keinem Gegner beziehungsweise vor keinem Namen halt. Problem war lange nur, dass Europa vor seinem Namen Halt machte.

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40 Millionen Euro teuer?

Als Sohn eines indonesischen Vaters und einer belgischen Mutter zog es Nainggolan früh nach Italien. Im Jahre 2004 wechselte er zum FC Piacenza in die Serie B und kam dort 2007 erstmals in der Profimannschaft zum Einsatz. Es folgte ein vierjähriges Engagement bei Cagliari Calcio, ehe die Roma auf ihn aufmerksam wurde und den nimmermüden Mittelfeldmotor 2014 unter Vertrag nahm. Seitdem geht der Stern von Radja Nainggolan immer mehr auf - sogar so weit, dass der ab kommender Saison von Antonio Conte (aktueller Nationaltrainer von Italien) trainierte FC Chelsea mehr als nur ein Auge auf den Profi geworfen hat. Im Gespräch war zuletzt ein Angebot der Blues von 40 Millionen Euro - offenbar eiskalt abgelehnt von der Roma, die den Akteur noch bis 2020 unter Vertrag stehen hat.

Radja Nainggolan

Steht bei der Roma noch bis 2020 unter Vertrag: Radja Nainggolan. Getty Images

Nainggolan selbst meldete sich im Zuge der EM zu Wort - und blockte: "Ich konzentriere mich auf die Europameisterschaft in Frankreich. Danach wird man sehen, was passiert." Der belgische Nationalspieler, der bislang in allen vier EM-Partien zum Einsatz gekommen ist (dreimal von Beginn an), ein Tor erzielte und vollends überzeugt hat (kicker-Notenschnitt 2,63), sagte aber auch: "Ich bin sehr glücklich bei der Roma. Und ich bin niemand, der oft seine Mannschaft wechselt." Das dürften wohltuende Klänge sein für die Ohren der Giallorossi, die Nainggolan natürlich gerne halten möchten.

Ein Argument pro Chelsea oder pro eines anderen richtig großen Klubs könnte aber Folgendes sein: Der 23-malige Nationalspieler hat noch keinen Titel gewonnen. Und ein großer Erfolg, sei es eine Meisterschaft, ein Pokalsieg oder ein internationaler Titel, würde ihm sicherlich gut tun. Würde ihm womöglich zum kompletten Durchbruch helfen. Würde ihm den Respekt aller einbringen. Ein Titel würde ihn, den "Ninja", den Verborgenen, ins rechte Licht rücken.

Nainggolan: "Ich habe einen furchterregenden Blick, das stimmt"

Als Erscheinung zu übersehen ist Nainggolan bekanntlich nicht, denn allen voran zieren Tattoos seinen Körper: Beide Arme sind voll, an der linken Schulter prangt eine rote Rose, am Bauch schlängelt sich eine grüne Schlange in Richtung Hals, im Nacken breiten sich Flügel an einem mittig platzieren roten Herz aus, der rechte Oberschenkel ist bestückt und frontal auf dem Hals geht eine andere rote Rose samt Blätter auf. Hinzu kommt eine äußerst individuelle Frisur: Der Zweikampf-Berserker trägt Glatze mit einem kleinen und nach oben gestylten blonden Irokesen-Kamm. Dazu ritzt er sich gerne mal kleine Striche in die Augenbrauen.

Radja Nainggolan

Definitiv eine Erscheinung: Radja Nainggolan. Getty Images

Dieses äußere Zusammenspiel stieß im November 2015 im Zuge der Terrorwelle in Frankreich und des abgesagten Länderspiels zwischen Belgien und Spanien glatt sauer auf: Nainggolan wurde von anderen Kunden für einen Terroristen gehalten. "Hotelgäste empfanden mein Aussehen als bedrohlich. Ich habe auch einen furchterregenden Blick, das stimmt", sagte Nainggolan, der einen freien Tag mit seiner Familie in einem Hotel in Antwerpen verbracht hatte. Nach Eintreffen der alarmierten Polizei konnte die Situation allerdings schnell geklärt werden, wie der 27-Jährige selbst bestätigt hatte: "Glücklicherweise hat mich die Polizei sofort erkannt. Wir haben dann ein paar Fotos geschossen."

Apropos Antwerpen: Hier wuchs Nainggolan mit seiner Zwillingsschwester Riana, ebenfalls Fußball-Profi in Rom und ebenfalls eine Auffälligkeit im Erscheinungsbild, auf. Die "Süddeutsche" schreibt davon, dass er sich hauptsächlich als Belgier fühlt, außer Flämisch und Italienisch auch Französisch und Englisch spricht und so oft er kann nach Indonesien reist, "weil ich auch dort Wurzeln habe".

Disco, Party, Zigaretten

In seiner Wahlheimat Italien, genauer gesagt Rom, fühlt er sich ebenfalls pudelwohl. In der "Ewigen Stadt" hat sich Nainggolan neben seinen sportlichen Taten längst einen Ruf als stadtbekanntes Feierbiest erarbeitet. Er habe schlichtweg "keine Lust, jeden Abend zu Hause zu sitzen". Eine Anekdote erzählt gar davon, dass der Mittelfeldmann schier jeden Nachtclub in der italienischen Hauptstadt kennt und die Fans nach einem verlorenen Heimspiel im Stadio Olimpico gesungen haben: "Wir sehen uns in der Disco!" Nainggolans Reaktion? Er hat sich vor die Roma-Anhänger gestellt und spontan den Dirigenten gespielt.

Radja Nainggolan

Spielt gern bei der Roma und schlendert gerne durch die "Ewige Stadt": Radja Nainggolan. Getty Images

Morgen trinke ich ein Glas Wein und bin Alkoholiker.

Radja Nainggolan

Neueste Story von der EM in Frankreich: Es wurde bekannt, dass der "Ninja" ab und an eine Zigarette raucht. Seine Reaktion via Twitter: "Morgen trinke ich ein Glas Wein und bin Alkoholiker. Man sollte über die EM und Fußball sprechen. Und nicht irgendwelche dummen Sachen vermuten."

Das zählt für ihn sowieso am meisten: der Fußball. In Rom. Im belgischen Team. Künftig vielleicht bei Chelsea. Oder woanders. Doch immer mit vollem Einsatz, mit voller Montur, mit purem Willen, mit der gesamten Konzentration. Ein echter Ninja eben.

mag