Hektisch nestelte Seydou Doumbia an seinem Stutzen, dann lutschte er endlich selig am dort verstauten Schnuller. All das wirkte komplizierter als der Kopfball, den der Angreifer von ZSKA Moskau Sekunden zuvor unbedrängt im gegnerischen Tornetz untergebracht hatte. Es war das 1:0, die Grundlage für einen unerwarteten 2:1-Auswärtssieg bei Manchester Citys Luxustruppe .
Mit den "Himmelblauen" hatte Doumbias alberner Jubel nach 96 Sekunden Spielzeit zwar nichts zu tun; und stand am Ende doch metaphorisch für das Bild, das sie einmal mehr in der Champions League abgegeben hatten: Naiv und unreif wirkten sie - wie ein Baby eben, das gerade die ersten wackeligen Schritte in einer neuen, noch unbegreiflichen Welt unternimmt. "Dumm und dümmer", lästerte die "Sun".
Manchester City - Die letzten Spiele
Spielersteckbrief Yaya Touré
Champions League - Vorrunde, 4. Spieltag
Champions League - Tabelle - Gruppe E
Neu jedoch sollte diese Welt längst nicht mehr sein, unbegreiflich bleibt sie: Zum dritten Mal in vier Jahren droht ManCitys Stars das Aus in der Vorrunde. "Ich verstehe nicht, warum sie in der Champions League nicht spielen können", sagte Trainer Manuel Pellegrini nach dem Absturz auf Platz vier in der Bayern-Gruppe E. Ratlosigkeit macht sich breit beim Scheich-Klub, dessen Besitzer seine Investitionen endlich auch auf Europas Bühne funkeln sehen will und der das Stadion gegen ZSKA nur voll bekam, indem er zwei Tickets zum Preis von einem anbot.
Ich will keine Ausrede haben für unsere Spielweise.
Manuel Pellegrini
Als Pellegrini das Spiel analysierte, schien ein fettes Fragezeichen über seinem Kopf zu schweben. "Vom Anpfiff weg waren wir so nervös! Wir haben ihnen zwei Tore geschenkt. Wir haben einfach nicht Fußball gespielt. Wir haben nicht verteidigt, wir haben nicht angegriffen." Und die große Frage war: Warum?
Was fehlt? Die Sicherheit, eine Hierarchie - und David Silva
"Es ist eine Krise des Selbstvertrauens", sagte Pellegrini, "natürlich." Drei der letzten fünf Pflichtspiele hat seine Mannschaft verloren, nur über den knappen 1:0-Derbysieg in Überzahl gegen Manchester United durfte sie sich in dieser Phase freuen - mit selber Aufstellung wie gegen Moskau übrigens. Die Sicherheit fehlt, Lenker David Silva (noch knapp drei Wochen verletzt) erst recht. Genau wie eine klare Hierarchie, weil Leader Yaya Touré, der am Mittwoch per Freistoß zwischenzeitlich ausglich (8.), immer noch seiner überragenden Form aus der Vorsaison hinterherläuft.
Unerklärlich bleibt, warum City, Premier-League-Champion 2012 und 2014, besonders in der Königsklasse Fehler unterlaufen wie Gael Clichy vor dem 1:2 (34.), warum hochdekorierten Superstars wie Aguero oder Kompany plötzlich wie gelähmt sind, sobald die Champions-League-Hymne erklingt - und wie ein Routinier wie Touré derart die Nerven verliert, dass er nur Rot sehen kann (82.). "Ich glaube nicht, dass es nur dieser Wettbewerb ist", sagt Pellegrini, "schon in den letzten zwei Wochen haben wir nicht so gespielt, wie wir es normalerweise tun."
Der Referee benachteiligt ManCity, doch Pellegrini verweigert die Ausrede
Mit Recht schätzt er die Probleme seiner Elf als so tiefgreifend ein, dass er, anders als vor dem Achtelfinalaus vorige Saison , auf Kritik am Schiedsrichter verzichtete. Dabei hätte der Grieche Tasos Sidiropoulos ZSKA-Verteidiger Pontus Wernbloom zwingend, Fernandinho dagegen nicht unbedingt mit Gelb-Rot vom Platz stellen (70.), Aguero zudem in der Schlussphase einen Elfmeter zusprechen müssen. "Ich will keine Ausrede haben für unsere Spielweise", betonte Pellegrini.
Achtelfinale seit Mittwoch schließlich so weit weg, dass ManCity in den finalen Partien gegen die Bayern (ohne Touré und Fernandinho) und beim AS Rom Siege samt Schützenhilfe braucht. Und nebenbei in Rekordzeit erwachsen werden muss.
