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Endspurt in Italien: Fünf offene Entscheidungen

Serie A, 33. Spieltag: Saisonüberraschung Lazio Rom?

Endspurt in Italien: Fünf offene Entscheidungen

Die Top vier der Serie A: Meister und Spitzenreiter Juventus, die Roma, Napoli und Lazio.

Die Top vier der Serie A: Meister und Spitzenreiter Juventus, die Roma, Napoli und Lazio. imago

Die Titelfrage: Juve ist und bleibt das Maß

Die Kräfteverhältnisse in der Serie A sind dermaßen klar verteilt: Rekordmeister Juventus Turin (32 Scudetti) bestimmt den Calcio - und erst nach großem Abstand folgt die Konkurrenz. Vor allem in der Neuzeit ist dies eindrucksvoll belegt: 2011/12 unter Coach Antonio Conte (inzwischen beim FC Chelsea) fing der neueste Siegeszug der Bianconeri an, als die Alte Dame die Spielzeit mit 84 Punkten und ohne eine einzige Niederlage vor Milan (80) abgeschlossen hat. Es folgten die souveränen Meisterschaften mit 87, 102, 87 und 91 Zählern - und auch in diesem Jahr unter der Leitung von Massimiliano Allegri bei aktuell acht Punkten Vorsprung vor der Roma (80 zu 72) dürfte die Frage nach dem Titel beantwortet sein.

Weil Juve nun auch in der Champions League für Furore sorgt und den FC Barcelona im Viertelfinale ohne ein Gegentor (3:0 und 0:0) aus dem Wettbewerb gekegelt hat, ist vielleicht nur ein etwas störendes "Problem" auszumachen: Wohin führt der Weg von Trainer Max Allegri? Der 49-Jährige, der sich zwischen 2010 und 2014 zunächst bei Milan verdient gemacht hat, ist in Turin zu einem Coach mit Weltformat aufgestiegen: zwei Meisterschaften, zwei Pokalsiege, ein Triumph im Supercup und eine CL-Finalteilnahme 2015 (1:3 gegen Barcelona) in seinen ersten beiden Spielzeiten sprechen für sich.

Immer wieder werden in Italien aber Stimmen laut, Allegri könne im Sommer gen London zu Arsenal aufbrechen und Arsene Wenger ablösen. Für Juve-Generaldirektor Giuseppe Marotta ist dies aber alles nur Spekulation: "Vor einer etwaigen Vertragsverlängerung mit Allegri im Sommer 2018 (bis dahin läuft der aktuelle Vertrag; Anm.d.Red.) stellt sich immer die Frage, ob die Beziehung intakt ist. Das ist hier bei uns der Fall: Ich sehe keinerlei Unstimmigkeiten." Klingt, als könnte Allegri noch länger bleiben. Doch was passiert, wenn der Coach das Triple holt? Ein Abgang mit Stil?

Juventus Turin

Altes Bild, kommendes Bild? Juventus Turin und der Scudetto. imago

Die direkte CL-Qualifikation: Roma oder Napoli?

Um den Titel wollen beide Vereine seit Jahren mitspielen, das unterstreichen sie auch stets im Sommer und Winter. Doch an Juve ist für die Roma und Napoli einfach kein Herankommen, so bleibt ihnen am Ende oft nur das direkte Duell um Vize-Meisterschaft und direkte Champions-League-Qualifikation. So auch in diesem Jahr: Mit 72 Punkten haben die Giallorossi aktuell noch die Nase vorn und mit fünf Ligaspielen ohne Niederlage (vier Siege, ein Remis) auch einen guten Trend vorzuweisen. Doch die Neapolitaner lassen einfach nicht locker: Das Team von Trainer Maurizio Sarri, das das direkte Kräftemessen Anfang März mit 2:1 für sich entschieden hat, ist sogar seit sechs Partien ohne Pleite unterwegs.

Ein Klub muss aber in den sauren Apfel beißen und über die CL-Quali gehen. Für diesen Klub wäre die Saison ein kleiner Reinfall: Denn sowohl die Roma als auch Napoli, die immer wieder ihren hohen Anspruch untermalen, sind aus dem Pokal ausgeschieden und auch international längst nicht mehr vertreten.

Radja Nainggolan und Marek Hamsik

"Aggressive Leaders": Roma-Berserker Radja Nainggolan und SSC-Aushängeschild Marek Hamsik. imago

Italiens Ikone Alessandro Nesta, Weltmeister von 2006 und aktueller Trainer des FC Miami, hat jüngst dazu seine Meinung kundgetan und gegenüber "Extratime" gesagt: "Die Bianconeri sind weiterhin die stärksten in dieser Liga, sie haben Geld und wissen damit bestens umzugehen." An zweiter Stelle nennt der frühere Milan-Profi aber Napoli: "Das Passspiel von Coach Maurizio Sarri ist ästhetisch und wunderschön. Das kann man nur bewundern. Man stellt außerdem fest, dass viele andere Mannschaften diesen Stil nun adaptieren."

Europa League: Hochspannung!

Lazio Rom (61 Punkte), Atalanta Bergamo (60), AC Mailand (58), Inter Mailand (56) und Florenz (52) fechten derweil den Kampf hinter der Roma und Napoli aus: Diese fünf Klubs streiten sich um die Ränge vier und fünf, die für die Europa League 2017/18 berechtigen. Durch das Coppa-Finale zwischen Juventus und Lazio könnte sogar noch Platz sechs für die EL-Quali genügen. In jedem Fall werden aber ein paar Klubs ihre Minimalziele nicht erreichen.

Kurios: Inter Mailand scheint überhaupt nicht interessiert am Schwesterwettbewerb der Champions League zu sein, hat aber weiter beste Karten.

Sergej Milinkovic-Savic

Seit zwei Spielzeit bei Lazio Rom - und seit Anbeginn Stamm: Sergej Milinkovic-Savic. imago

Als eine Art Überraschung in diesem Quintett der Europa-League-Jäger darf sicherlich Lazio gelten, das nach den Abgängen von Weltmeister Miroslav Klose (Karriereende) und Italiens Nationalspieler Antonio Candreva (Inter Mailand) einen kleinen Aderlass verkraften musste. Doch der frühere Lazio-Profi und heutige Trainer Simone Inzaghi (41), jüngerer Bruder von Milan-Legende Filippo (43), hat die Biancocelesti bereits in seinem ersten Jahr voll auf Kurs gebracht und nebenbei sogar ins Pokalfinale geführt. Spieler wie Sergej Milinkovic-Savic (22), der mit Serbien 2015 die U-20-WM gewonnen hat und in zwei Jahren in der Ewigen Stadt bereits auf 54 Serie-A-Einsätze kommt, Brasiliens Goldmedaillen-Gewinner Felipe Anderson (24) oder Neuzugang Ciro Immobile (27, ehemals BVB, bislang 18 Saisontore) erweisen sich als immens starke Zugpferde.

Vom Erfolg der Römer zeigt sich auch Nesta, der seine Profilaufbahn einst 1993 bei Lazio begonnen hatte, angetan: "Die größte Überraschung für mich? Simone Inzaghi und Lazio. Sie spielen guten Fußball und haben die Erwartungen weit übertroffen." Angesprochen auf die beiden Inzaghis (Pippo coacht aktuell den FC Venedig), ergänzt der ehemalige Weltklasse-Verteidiger: "Ich hätte mir früher niemals vorstellen können, dass auch nur einer der beiden Brüder Trainer wird."

Abstiegskampf: Die Entscheidung scheint gefallen

Aufsteiger Pescara (14 Punkte) als auch Aufsteiger Crotone (21) werden aller Voraussicht nach den Gang zurück in die Serie B antreten. Hinzugesellen dürfte sich der krisengebeutelte Klub Palermo (16), der einfach in kein ruhiges Fahrwasser kommen will. Zwar hat der amerikanisch-italienische Unternehmer und komplett tätowierte Paul Baccaglini das Präsidentenamt bei den Rosanero von Trainer-Verschleißer Maurizio Zamparini (zwischen 2002 und 2017 satte 40 Wechsel auf der Trainerbank) übernommen, trotzdem bleibt der Verein gebeutelt. Inzwischen ist bereits der Uruguayer Diego Lopez von seinem Trainerposten enthoben worden.

Aufstiegskampf: Kommt Hellas zurück?

Bleibt zum Abschluss noch die Frage nach den neuen Klubs, die ab 2017/18 in der Serie A mitwirken. Derzeit sieht alles nach der Societa Polisportiva Ars et Labor 2013, kurz SPAL Ferrara, aus. Der Klub aus der Region Emilia-Romagna, der den Durchmarsch packen kann, führt die Serie B sechs Spieltage vor Schluss mit 67 Zählern vor Verfolger Hellas Verona (62). Die Gialloblu, Ex-Klub von Luca Toni, sind allerdings punktgleich mit Frosinone, das ebenfalls den direkten Wiederaufstieg anvisiert. Liga-Dritter möchte keiner der beiden gerne werden, denn hier muss man sich in einer Sechser-Relegation um den letzten Aufstiegsplatz streiten.

mag

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