Champions League

Nagelsmann widerspricht Klopp - Fünf Diskussionspunkte zu Hoffenheims 1:2 gegen Liverpool

Fünf Diskussionspunkte zu Hoffenheims 1:2 gegen Liverpool

"Sehe ich ganz anders": Nagelsmann widerspricht Klopp

In einem Punkt nach dem Spiel unterschiedlicher Meinung: Julian Nagelsmann und Jürgen Klopp (r.).

In einem Punkt nach dem Spiel unterschiedlicher Meinung: Julian Nagelsmann und Jürgen Klopp (r.). imago

Nagelsmann contra Klopp: "Das muss er ja sagen"

59 Prozent Ballbesitz hatte Hoffenheim bei der 1:2-Niederlage gegen Liverpool, das war unstrittig, durch die Daten belegt. Doch von welcher Qualität er war - das war offenbar Ansichtssache. "Ich finde, wir haben defensiv sehr gut gespielt", meinte Jürgen Klopp: "Es war tatsächlich der Plan, sie in die Räume zu lassen, die für uns ungefährlich, uninteressant sind." Anders gesagt in Räumen, "wo wir es erlauben konnten, und nicht, wo sie es unbedingt haben wollten".

Spielersteckbrief Amiri
Amiri

Amiri Nadiem

Spielersteckbrief Alexander-Arnold
Alexander-Arnold

Alexander-Arnold Trent

Taktiksieger Klopp also? Das wollte Julian Nagelsmann so nicht stehen lassen. "Das sehe ich ganz anders", meinte der 20 Jahre jüngere Champions-League-Debütant. "Wir waren oft genug in bedeutenden Räumen. Aber ist ja klar, muss er ja auch sagen, ich würde es ja auch sagen, ganz normal. Er verteidigt ja nur sein eigenes Team. Wäre ja auch komisch, wenn er sagt: 'Hoffenheim war perfekt, hat's alles super gemacht, und wir waren richtig scheiße.'" Zweimal, argumentierte er, habe Lukas Rupp in der ersten Halbzeit "leider" Zuspiele noch "weggestoppt" und so Großchancen verhindert, einmal Sandro Wagner. Das seien alles sehr wohl gefährliche Räume gewesen - erst recht der Elfmeter. Fakt ist so oder so: Die TSG bereitete den Reds sehr wohl Probleme, vor allem nach einer kleinen taktischen Anpassung.

Klopp zockt auf den Außenbahnen - fast erfolgreich

Und zwar forcierte Nagelsmann nach einer halben Stunde die Diagonalbälle. "Hoffenheim ist mit ihrer ursprünglichen Art, Fußball zu spielen, nicht so richtig durchgekommen, weil wir die Halbräume super verteidigt haben", analysierte Klopp im ZDF. "Sie haben dann viele Diagonalbälle gespielt - die waren wiederum schwierig zu verteidigen. Da haben wir ein bisschen zu viel gezockt auf den offensiven Außen, da haben wir unsere Außenverteidiger etwas alleine gelassen." Auch das Anschlusstor durch Mark Uth fiel nach einem solchen Ball von Havard Nordtveit, die Zockerei rächte sich also kurz vor dem Schlusspfiff. Es war einer von vier Schüssen aufs Liverpooler Tor, die Reds hatten acht.

Liverpools Torwarttrainer ärgert Hoffenheim

Dass trotzdem nur ein - immerhin womöglich noch sehr wichtiges - Tor resultierte, hatte auch mit Liverpools Torwarttrainer zu tun. Den Niederländer John Achterberg lobte Klopp hinterher explizit, er hatte Keeper Simon Mignolet vor dem Elfmeter von Andrej Kramaric entscheidend geholfen. "Die beiden haben sich kurz Zeichen gegeben: zentral", verriet Klopp. Und genau dahin schoss Kramaric dann auch, "er hat das schon öfter gemacht", wusste Nagelsmann, "da war er drin." Diesmal nicht: Mignolet hielt bereits seinen siebten Elfmeter im Liverpool-Trikot, drei fehlen noch zum Rekord - und der ist 105 Jahre alt.

Hoffenheims Mauer fehlen Alexander-Arnolds "Eier"

Trent Alexander-Arnold ist erst 18 Jahre alt und trägt die Rückennummer 66, und verhielt sich beim Liverpooler Gegentor auch ein wenig so: Er hob bei Nordtveits Zuspiel lieber reklamierend den Arm, anstatt an Uth dranzubleiben. Doch Klopp fand einen anderen Aspekt bei seinem jungen Rechtsverteidiger "interessanter", den Führungstreffer nämlich, einen perfekten Freistoß aus rund 25 Metern: "Ich finde es erstaunlicher, dass ein 18-Jähriger die Eier hat, den Freistoß in so einer Situation rotzfrech reinzuschießen, als dass ein 18-Jähriger Schwächen in der Verteidigung hat."

Auch Alberto Moreno und Emre Can standen für den Freistoß bereit, doch Alexander-Arnold übernahm selbstbewusst. "Er hat geschossen, weil ich ihm das gesagt habe", so Klopp. "Ich beanspruche das Freistoßtor deswegen nicht für mich, weil er das besser kann, als ich es jemals konnte. Aber ich habe letzte Saison viele U-23-Spiele geschaut, und da hat er schon viele geschossen. Die Tore sind ja genauso groß, nur die Mauer vielleicht nicht so hoch." Das aber merkte man in Sinsheim nicht, weil "zwei Spieler den Kopf wegziehen" anstatt ihn "etwas mehr in den Wind zu halten", wie Nagelsmann bei "Sky" kritisierte. "Ich glaube schon, dass wir von der Mauer-Sprunghöhe den Ball locker hätten klären können."

"Sehr, sehr naiv": Auch Amiri fehlt die Abgezocktheit

Mehr Abgezocktheit - das wünschte sich Nagelsmann auch in einer anderen Szene von seiner Champions-League-unerfahrenen Truppe: nämlich als der eingewechselte Nadiem Amiri beim schnell ausgeführten Freistoß vor Liverpools 2:0 lieber sich gestikulierend bei seinen Mitspielern beschwerte, als gleich wieder am Spiel teilzunehmen. "Ich habe ein Problem damit, dass wir das Diskutieren anfangen und nicht den Ball wegschießen oder in die Hand nehmen und dann diskutieren. Das ist sehr, sehr naiv", ärgerte sich Nagelsmann. "Auf dem Niveau wird das einfach dann bestraft." Besonders tragisch, dass Nordtveit James Milners Ball dann auch noch unglücklich in den eigenen Torwinkel abfälschte. "Da hat er sich sehr feiern lassen für einen technisch sehr starken Schuss", so Nagelsmann über Milner. "Dabei wollte er eigentlich flanken."

jpe