2. Bundesliga

Beierlorzer: "Das Navi würde sagen: Sie haben Ihr Ziel erreicht!"

Regensburg: Beierlorzer feiert Klassenerhalt

"Das Navi würde sagen: Sie haben Ihr Ziel erreicht!"

Geschafft: Die Regensburger feiern mit ihren Fans.

Geschafft: Die Regensburger feiern mit ihren Fans. imago

So gegen Mitternacht schenkte sich Achim Beierlorzer in seiner Regensburger Wohnung ein Glas Rotwein ein. Regensburgs Trainer feierte Freitagnacht den Klassenerhalt, ganz entspannt und ganz für sich. Denn nach dem ein bisschen schmeichelhaften 2:1-Erfolg in Fürth nur wenige Stunden zuvor ist sich Beierlorzer sicher, dass der Sport- und Schwimmverein Jahn auch nächste Saison in der 2. Liga spielen wird. "44 Punkte, da leg' ich mich fest, da kann nichts mehr passieren", sagte der 50-Jährige und strahlte, "da mach' ich einen Haken dran. Der Klassenerhalt ist geschafft – Punkt!" Zum dritten Mal sind die Oberpfälzer im vergangenen Sommer in die eingleisige 2. Liga aufgestiegen, zum ersten Mal würden sie nicht sofort wieder absteigen. Beierlorzer: "Das Navi würde sagen: Sie haben Ihr Ziel erreicht!"

Tags zuvor noch hatte er sich nicht festlegen wollen, wann genau seine Mannschaft denn sicher sei. "Zu viel Stochastik", sagte Beierlorzer, der Mathe-Lehrer im Urlaub, da noch. Stochastik ist, wie ja jedermann weiß, ein Sammelbegriff für die Gebiete Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik und untersucht die mathematische Modellierung zufälliger Ereignisse. Und wahrscheinlich ist seit Samstagnachmittag auch das Thema endgültig vom Tisch, die Oberpfälzer könnten als erster deutscher Klub von der 4. Liga in die Bundesliga durchmarschieren. Nach dem Kieler Erfolg in Dresden (4:0) bleibt es beim Fünf-Punkte-Rückstand auf Rang drei, bei noch vier ausstehenden Spielen ist das ein echtes Pfund.

Der Jahn leitet die Genussphase ein

Also soll jetzt die Genussphase der Saison anbrechen. Am Samstag kommt St. Pauli in die Oberpfalz, das Stadion ist schon ausverkauft (15224 Plätze), "da wollen wir mit unseren Fans ein großes Fußball-Fest feiern", sagt Marvin Knoll. Der Abwehrchef - herausragend am Freitagabend beim verzweifelten Versuch der Fürther, die erste Heimniederlage seit dem 24. September (1:3 gegen Nürnberg) noch abzuwenden - ließ sein Kinn auf die üppig tätowierte Brust sinken und pustete tief durch. Der ganz große Druck ist wie weggeblasen, und doch: "Ein bisschen Anspannung brauchst Du immer", so Knoll weiter, "sonst geht nichts im Leistungssport." Beierlorzer sagt, er werde nicht zulassen, dass irgendwer aus seiner Mannschaft die Saison nun gemächlich ausklingen lassen wolle. "Ich kann mir das aber auch überhaupt nicht vorstellen", so der Trainer weiter.

Übereifriger George

Jann George hatte am Freitagabend besonders viel Spannung. Zwei Jahre hatte er für die Fürther gespielt, wurde aber nur einmal in einem Zweitligaspiel eingesetzt und sonst in der U 23. Nun ist er mit Regensburg zurück in der 2. Liga, hatte zuletzt aber mäßige bis schlechte Auftritte hingelegt und so seinen Platz in der Startelf verloren. Diese beiden Umstände pushten den 25-jährige Stürmer offenbar so sehr, dass er nach seiner Einwechslung zur zweiten Halbzeit wie aufgedreht über den Platz raste. Nach nur 2:57 Minuten auf dem Feld schoss er das Regensburger Führungstor und kurz vor Schluss das 0:2, er lief in 45 Minuten genauso viel wie Fürths Rechtsverteidiger Roberto Hilbert in 58 Minuten (6,12 Kilometer) und hätte in der 77. Minute sogar noch einen dritten Treffer erzielen können, traf aber freistehend den Ball nicht richtig.

Und dann ließ sich George im Übereifer auch noch zum Trash-Talk mit der Fürther Bank hinreißen. "Wir haben auf ihn eingewirkt, dass es im Rahmen blieb", berichtete Beierlorzer über die Versuche der Regensburger Betreuer, George zu beruhigen. So ganz wollte der Jahn-Trainer aber dann doch nicht in Regress genommen werden für seinen Schützling. Beierlorzer, selbst ein feiner Mensch mit tadellosen Manieren, stellte vielmehr klar, dass jeder Erwachsene für sein Verhalten selbst zuständig sei. "Wir sind hier aber auch nicht die Kindergärtner", sagte der Jahn-Coach, "irgendwo ist ja jeder für sich selbst verantwortlich."

George selbst hatte sich nach Schlusspfiff schnell wieder beruhigt und erzählte im besten Fußball-Sprech, dass so etwas eben zum Fußball dazu gehöre, dass die Emotionen eben hochkochten und dass nach dem Spiel alles wieder gut sei. Wortgewand, freundlich und bodenständig erzählte der Student der Theologie und der Bewegungswissenschaften nun, dass er sich "eigentlich vorgenommen hatte, bei einem Tor nicht zu sehr zu jubeln, dann aber doch die Emotionen siegten". Fürth sei für ihn, den gebürtigen Nürnberger, so etwas wie eine Herzenssache, "ich habe dem Klub viel zu verdanken". Seine Saisontreffer fünf und sechs im 26. Einsatz der Saison (20 von Anfang an), das vermutliche Ende des Wegs durch die Talsohle, fand er "schön", nicht viel mehr. Es war dem sensiblen Kicker aber deutlich anzumerken, wie sehr erleichtert er war.

Peter Nickel