2. Bundesliga

Schuster: "Mentalität schlägt Qualität"

Darmstadts Hinrunden-Fazit: Das Beste kommt zum Schluss

Schuster: "Mentalität schlägt Qualität"

Auswärtssieg: Fabian Hollands (li.) später Siegtreffer in Hamburg bringt den SVD auf Platz drei.

Auswärtssieg: Fabian Hollands (li.) später Siegtreffer in Hamburg bringt den SVD auf Platz drei. imago

Darmstadts Super-Serie im Zeitraffer: Fünf Spieltage in Folge zu Null. Seit acht Partien ungeschlagen. "Den großen 1. FC Kaiserslautern", so Trainer Dirk Schuster, in der Tabelle überholt. Gegen den Aufstiegsaspiranten RasenBallsport Leipzig gewonnen. Nur zwei Niederlagen: in Braunschweig (2:0) und gegen Düsseldorf (1:4). Zum Abschluss der Vorrunde nun noch der erste Sieg auf fremden Boden. Eine Serie, die im Sommer keiner erwarten konnte. Dirk Schuster sagt: "Damit hat wirklich niemand gerechnet."

D98 unter den Top 5 der effizientesten Teams

In dieser Englischen Woche reist Schuster mit seinem Team zum SV Sandhausen (Mi., 17.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de). Auch dort darf man den Darmstädtern ein Erfolgserlebnis zutrauen. "Auf dem Papier könnte der zweite Auswärtssieg klappen. Aber Sandhausen ist kampfkräftig, läuferisch stark und aggressiv in den Zweikämpfen", analysiert der 46-jährige Coach. Gegen die ebenfalls defensiv eingestellten Sandhäuser muss der Tabellendritte wieder mehr Offensivdrang an den Tag legen. "Wir haben uns beim Torschießen in letzter Zeit nicht mit Ruhm bekleckert", weiß Schuster.

79 Chancen erarbeitete sich der Aufsteiger in dieser Saison, nur drei Teams hatten weniger Einschussmöglichkeiten. Die Ausbeute von 21 Treffern ist dafür recht ordentlich, denn mit 26,6 Prozent gehören sie zu den fünf effektivsten Mannschaften der 2. Liga. Achtmal "netzte" allein der 1,97-Meter große Dominik Stroh-Engel ein, der vor allem bei Standards jederzeit Gefahr ausstrahlt. Gegen Sandhausen soll das Konto der Chancen und letztendlich auch der Treffer aufgestockt werden. Der Trainer fordert deshalb "einhundert Prozent Leistungsbereitschaft".

Gipfeltreffen am Böllenfalltor

Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss. Im letzten Spiel vor der Winterpause dieses Superjahres empfängt Darmstadt 98 Tabellenführer Ingolstadt (So., 13.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de). Am Böllenfalltor wird es noch einmal brennen, wenn der Herbstmeister gastiert. "Alles zu seiner Zeit", dämpft Schuster noch die Erwartungen. Zeit für eine Wiedergutmachung? Im Hinspiel beim 2:2 wurde der mögliche Sieg in der 93. Minute noch aus der Hand gegeben. Vor eigener Kulisse aber sind die Lilien immer für eine Überraschung gut – wie beispielsweise beim verdienten 3:0-Erfolg gegen den 1. FC Nürnberg, dem einzigen Ingolstadt-Besieger der Hinserie. Ab Donnerstag richtet sich der Fokus auf das Spitzenduell. Ob Schusters Raffinesse auch gegen die Oberbayern fruchtet?

Wir wollen die anderen Mannschaften ärgern.

Dirk Schuster, Trainer des SV Darmstadt 98

Darmstadts bisheriges Erfolgsrezept: die Abwehrleistung. Mit knüppelharter und gut organisierter Defensive brachten die "Lilien" spielerisch überlegene Mannschaften, wie Kaiserslautern und den Karlsruher SC, zur Verzweiflung. Die "Roten Teufel" kamen auf dem Betzenberg vor gut 30.000 Anhängern zu keiner hundertprozentigen Möglichkeit, der KSC hatte am Böllenfalltor nur eine nennenswerte Szene. Insgesamt ließen die Darmstädter lediglich 67 gegnerische Chancen zu (Rang 4). Ingolstadt als Bester 57, Aue schon 117. Hauptverantwortlich dafür ist das geschlossene Auftreten des Teams und die stabilen Aytac Sulu (29, kicker-Durchschnittsnote 2,83), der notentechnisch zu den Top-drei-Innenverteidigern zählt, und Romain Bregerie (28, 3,0). Sie bestachen mit konstant souveränen Leistungen.

Erfolgreicher Hinrunden-Abschluss: Gemeinsam mit ihren Fans freuen sich die Lilien über den ersten Auswärtssieg.

Erfolgreicher Hinrunden-Abschluss: Gemeinsam mit ihren Fans freuen sich die Lilien über den ersten Auswärtssieg. imago

Die taktischen Überlegungen und Anweisungen von Dirk Schuster gehen bislang meist auf. Bei zehn der siebzehn Partien stand die Null – das ist Ligaspitze, auf einer Stufe mit Ingolstadt. Schuster informiert: "Bei uns geht alles über den Teamgeist. Mentalität schlägt Qualität." Die Spieler folgen ihm. Seine Idee ist überzeugend, das Team kann sie umsetzen. Für den 46-Jährigen gehört aber auch Glück zu den Erfolgsfaktoren. "Wir wurden von schlimmeren Verletzungen verschont", weiß der Fußballlehrer und lobt die "gute medizinische Arbeit im Verein."

Das Team ist der Star

Dirk Schuster ist glücklich und stolz zugleich. Er gibt zu: "Andere Teams haben A- und U-Nationalspieler. Da kann man über die individuelle Qualität neidisch werden." Aber der entscheidende Punkt für ihn ist: "Wir funktionieren als Team." Avanciert Darmstadt vom Abstiegs- zum Aufstiegskandidaten? Davon will bei den "Lilien" niemand etwas wissen. Zuerst soll der Klassenerhalt mit den üblichen 40 Zählern "so schnell wie möglich" eingetütet werden. "Dazu brauchen wir noch elf Punkte, die können wir erst im neuen Jahr erreichen", rechnet der Trainer. Solange diese nicht eingefahren sind, wird in Darmstadt kein neues Ziel ausgerufen. Das würde nicht zur Mentalität des Vereins passen. Ganz bescheiden will Schuster in der zweiten Saisonhälfte vorerst weiterhin nur "die anderen Mannschaften ärgern." Das ist ihm bisweilen hervorragend gelungen, so sehr, dass es ihn selbst verblüfft: "Wir können mit jedem Gegner mithalten. Das hatten wir in dieser Größenordnung nicht erwartet."

Georg Holzner