Am Freitag allerdings hatten sich die Befürchtungen im Fall Jan Kirchhoff bewahrheitet. Für den Mainzer, der sich vor seinem Wechsel zum FC Bayern auf Anraten der Münchner noch an der Leiste hatte operieren lassen, kommt die EM zu früh. Damit bricht mit dem Vizekapitän nicht nur ein Führungsspieler weg, sondern auch ein Stabilisator der Innenverteidigung. "Jan Kirchhoff war ein Eckpfeiler unseres Teams in den vergangenen beiden Jahren", erklärte Adrion.
Die Defensive entwickelt sich zunehmend zur Problemzone. Denn nach dem Hamburger Tolgay Arslan (Kreuzbandzerrung) ereilte am Donnerstagabend überraschend auch Sebastian Jung das EM-Aus. Die muskulären Probleme des Frankfurter Rechtsverteidigers hatten sich als Muskelbündelriss entpuppt. Vorsorglich hatte Adrion 25 Kandidaten berufen, zwei mehr, als der am heutigen Montag bei der UEFA zu meldende offizielle EM-Kader vorsieht.
Rüdiger nachnominiert - TSG-Trio kommt nach
Nach dem dritten Ausfall nominierte der 59-Jährige an Kirchhoffs Stelle Innenverteidiger Antonio Rüdiger nach. Der Stuttgarter wird aber erst am kommenden Montag – drei Tage vor dem EM-Start gegen die Niederlande – zur Mannschaft stoßen, weil er mit dem VfB am Samstag im Pokalfinale steht. Auch die in der Relegation tätigen Hoffenheimer Stefan Thesker, Sebastian Rudy und Kevin Volland folgen erst übermorgen dem DFB-Tross, der heute, Montag, ins zweite Trainingslager Richtung Zypern aufbricht.
"Nützt alles nichts", will Adrion keinerlei Alibis akzeptieren und hat bei der ersten Maßnahme vergangene Woche am Chiemsee "erfreuliche Signale" seiner Truppe registriert: "Dass sie nicht rumjammern, sondern auch nach einer langen Saison heiß sind und intensiv gearbeitet haben." Auf Zypern soll sich die Truppe ans mediterrane Klima gewöhnen und an mannschaftstaktischen Abläufen arbeiten. Dazu dient ein letztes Trainingsspiel gegen die U 20 Australiens am Donnerstag.
Zudem sollen sich neue Leitfiguren finden. "Da müssen sich eben andere aufraffen", sagt Adrion, immer wieder habe sich in der Vergangenheit gezeigt, "dass ein solches Turnier für einen Spieler zur Sternstunde werden kann". Auch Jung sieht die hohen Ziele der DFB-Auswahl nicht in Gefahr: "Ich mach mir keine großen Sorgen. Wir werden trotzdem eine sehr gute Rolle spielen", ist sich der Frankfurter sicher, "unsere Mannschaft zeichnen Kampf und Leidenschaft aus. Dazu haben wir individuelle Qualität."
Michael Pfeifer