Bundesliga

Lahm geht vorzeitig: Hätte sich Bayern wehren können?

Vor dem Arbeitsgericht bekämen die Münchner Recht

Lahm geht vorzeitig: Hätte sich Bayern wehren können?

Kündigt zum Jahresende - doch geht das eigentlich so einfach? Bayern-Kapitän Philipp Lahm.

Kündigt zum Jahresende - doch geht das eigentlich so einfach? Bayern-Kapitän Philipp Lahm. imago

Ein Klubvertreter aus der Bundesliga, der fernab vom FC Bayern tätig ist, empört sich. "Wenn das Schule macht...", sagt er zu Philipp Lahms vorzeitigem Ausstieg ein Jahr vor Vertragsende 2018 und fügt resignierend an: "Aber als Verein sitzt du immer am kürzeren Hebel." Bekannt ist, dass Profis gerne einmal aus einem gültigen Vertragsverhältnis flüchten; nun kündigt ein Profi, Lahm, ein Jahr vor Vertragsende und hört mit dem aktiven Fußball auf. Sein Verein verliert einen überragenden Mitarbeiter - und muss es akzeptieren.

Zwar spart der Arbeitgeber, der FC Bayern, dadurch geschätzte sieben bis zehn Millionen Euro, die für ein Jahr Lahm fällig geworden wären. Aber der FC Bayern muss nun - innerhalb von fünf und eben nicht von 17 Monaten - einen adäquaten Ersatz suchen, den er in dieser Qualität ohnehin nicht finden wird. In jedem Fall wird ein solcher Spieler mindestens 30, eher noch mehr Millionen Euro Ablösesumme kosten. Diese Position hatten die Münchner nicht in ihrer Planung.

Ein Spieler bekäme bei vorzeitiger Kündigung eine Abfindung - und umgekehrt?

Und welche Folgen hätte es eigentlich, wenn der FC Bayern oder ein anderer Verein ein Jahr vor Ablauf einer vereinbarten Zusammenarbeit einem Spieler kündigen würde? Dann wäre mit Sicherheit eine dem Gehalt entsprechende Abfindung fällig.

Diese Möglichkeit bestünde theoretisch auch für den FC Bayern im Fall Lahm. Denn im Grunde sind beide Seiten zur Vertragserfüllung verpflichtet. Also könnte der Verein den Spieler wegen Vertragsbruchs verklagen und dazu verpflichten, seine Arbeit zu leisten. Vor dem Arbeitsgericht bekäme der Verein, wie kundige Juristen meinen, sicher Recht, wenn der Spieler keine gesundheitlichen Gründe für seinen Abschied anführen könnte.

"Aber es wird kein Gerichtsvollzieher kommen..."

Doch ein solches Urteil brächte dem Klub nichts. Denn der nächste Schritt wäre, den Spieler vom Gerichtsvollzieher abholen zu lassen, damit er seinem Job nachkommt. "Aber es wird kein Gerichtsvollzieher kommen und diese Arbeitsleistung einfordern", sagt Dr. Frank Rybak, der Verbandsjustitiar der Spielergewerkschaft VDV. "Der Arbeitgeber kann diese Arbeitsleistung also nicht vollstrecken." Es ist praktisch unmöglich, einen Arbeitnehmer zur Arbeit zu zwingen, obwohl der Arbeitgeber "rein arbeitsrechtlich einen Anspruch auf die Arbeitsleistung seines Angestellten" hat, solange der Vertrag läuft.

Auch eine Schadenersatzklage wäre eine rein theoretische Möglichkeit. Der Schaden ist allerdings in einem solchen Fall gerichtsfest nicht nachzuweisen. Der Verein müsste dann für jeden Euro nachweisen, warum er ihn für den Ersatz des Spielers Lahm ausgegeben hat: Musste es dieser Spieler in dieser Preiskategorie sein? Eine andere mögliche ökonomische Frage: Bleiben Zuschauer weg, weil Lahm nicht mehr mitspielt? Es muss einen kausalen Zusammenhang zum eingetretenen Schaden geben. "Diesen wirtschaftlichen Schaden kann man nicht quantifizieren", sagt Rechtsanwalt Rybak, betont aber: "Grundsätzlich gilt: Ein Vertrag ist ein Vertrag und von beiden Seiten zu erfüllen." Allerdings ist entscheidend: "Der FC Bayern hat den Wunsch Philipp Lahms nicht abgelehnt, scheint also einverstanden gewesen zu sein. Dann liegt kein Vertragsbruch vor."

Beim FC Bayern wissen sie allerdings genau: Sie hatten keine andere Wahl.

Karlheinz Wild

Philipp Lahm - eine Bilderbuchkarriere