Champions League

Zu viel für Pep: "Gott" Messi und "Ketzer" ter Stegen

ManCity verliert zum fünften Mal in Serie gegen Barcelona

Zu viel für Pep: "Gott" Messi und "Ketzer" ter Stegen

Da kann man nur staunen: ManCity-Trainer Pep Guardiola wurde von Barcelona bitter abgestraft.

Da kann man nur staunen: ManCity-Trainer Pep Guardiola wurde von Barcelona bitter abgestraft. imago

Der Größte hatte ja am Ende eines faszinierenden Mittwochabends nicht nur Größe gezeigt, sondern auch fast schon Großherzigkeit. Jedenfalls verzichtete Messi, nach der Auswechslung des formidablen Andres Iniesta da schon mit der Kapitänsbinde am Oberarm, auf die Chance, Treffer Nummer vier zu erzielen an diesem denkwürdigen Tag gegen Pep Guardiolas Manchester City. Der 29-Jährige überließ kurz vor Schluss die Elfmeterchance Neymar - und der scheiterte in der 87. Minute an Keeper Willy Caballero.

Neue Ausstiegsklausel bei Neymar: 220 Millionen Euro

Kurz darauf traf der Brasilianer dann doch noch zum 4:0, das machte sich gut, schließlich wird an diesem Freitag seine Vertragsverlängerung offiziell verkündet, bis 2021. Kolportiertes Nettogehalt für Neymar schon jetzt: 15 Millionen Euro. Das dürfte noch mehr werden. Wie auch die Ausstiegsklausel: fortan 220 Millionen Euro statt 190. Da machte sich der Treffer am Ende im Camp Nou dann doch noch ganz gut.

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Es war der fünfte Sieg im fünften Duell gegen City für Barça, aber doch war diesmal alles anders als in den Achtelfinal-Erfolgen 2013/14 und 2014/15. "Das City von Pep hat nichts mehr mit dem früheren zu tun. Sie spielen jetzt ähnlich wie wir. Ein Sieg wäre auch ein Prestige-Erfolg", hatte Verteidiger Gerard Piqué rund um das Spiel betont. Und: "Da City ähnlich spielt, wird die Qualität der Spieler entscheidend sein."

Entscheidend war vor allem Lionel Messi. Vergessen die jüngste Muskelverletzung, die ihn drei Wochen außer Gefecht gesetzt hatte. Am Mittwoch trat der 29-Jährige hie und da an wie einst mit 19, beim 1:0 etwa, als er die Situation förmlich roch und Fernandinhos Ausrutscher eiskalt ausnutzte.

Der Beste der Welt, egal ob er bei 100 oder auch nur bei 10 Prozent ist.

Gerard Piqué über Lionel Messi

"Er ist nun mal der Beste der Welt", so Piqué, "egal ob er bei 100 oder auch nur bei 10 Prozent ist". Demnach war Messi vermutlich sogar bei 110 Prozent, erzielte seine Treffer Nummer 87, 88, 89 und damit zum siebten Mal drei oder mehr Tore in einem Match der Champions League. Höhepunkt noch heute: Der Fünferpack 2012 beim 7:1 gegen Leverkusen im Achtelfinale.

Ketzerischer ter Stegen wird hochgelobt und gefeiert

Fast ein wenig ketzerisch hörte sich da an, was ein anderer Gewinner des Abends, Marc-André ter Stegen, nach der großartigen Show des Weltfußballers am Mittwoch sagte: "Messi ist sehr wichtig für uns, aber er ist nicht der Einzige." Womit der 24-Jährige faktisch richtig liegt, wie auch mit dem Zusatz: "Wir haben eine der besten Mannschaften der Welt." Und: "Wir müssen das immer wieder bestätigen." Aber ein bisschen mehr Grundemotion hätte man doch vermuten dürfen.

Doch ter Stegen gab sich eben nach dem Spiel so cool wie zuvor auf dem Platz. Da hatten ihn die Anhänger zwischenzeitlich anhaltend mit "ter Stegen"-Sprechchören gefeiert. Es war die Zeit, als der Ex-Gladbacher die da noch knappe 1:0-Führung rettete - großartig gegen Ilkay Gündogan in der 38. Minute. Im Wortsinne mit links. Nur Augenblicke zuvor hatte er gegen Nolito pariert, nonchalant fast schon. Nach dem Wechsel hielt ter Stegen dann gegen Kevin De Bruyne (64.) und bei einem Freistoß von Aleksandar Kolarov (72.) den Kasten sauber.

Es lag auch an dem Deutschen, dass Messi Heimkehrer Pep Guardiola "versenken" konnte, wie die Zeitung Periodico titelte. Und das katalanische Blatt Ara meinte gar: "Messi macht mit seinen Toren den Unterschied, aber ter Stegen ist hinten entscheidend." Auch Guardiola musste nach der Niederlage attestieren: "Wir hatten genügend Chancen kreiert", und betonte, nochmal, "klare Chancen". Aber Barça hatte eben ter Stegen. Auch aus der Pause sei sein Team hervorragend rausgekommen, womit der ehemalige Bayern-Coach erneut Recht hatte. Seine Elf hatte Barça nicht nur vor dem 0:1 mit extrem hohem Pressing gestört, die Katalanen waren lange "not amused" und nicht so ins Spiel gekommen, wie es das finale 4:0 vermuten lässt. Und wäre Fernandinho vor dem ersten Gegentor nicht ausgerutscht, wer weiß ...

Die Richtung hatte sich dann spätestens durch den anderen Heimkehrer geändert: Claudio Bravo. Der handelte sich gegen Luis Suarez Rot ein in der 53. Minute, Handspiel vor dem Strafraum nach einem misslungenen Pass. Es war fast sinnbildlich für das latente Torwart-Duell, dass sich da am Mittwoch - neben Guardiolas Rückkehr - zutrug. Bravo war ja auch deshalb im Sommer nach Manchester gewechselt, um, anders als zuvor bei Barça, endlich Champions League zu spielen.

Warmer Empfang für Claudio Bravo

Freundlich hatten die Barça-Anhänger den Chilenen aufgenommen, und der hatte zunächst auch großartig am Strafraumeck gegen den durchgebrochenen Neymar (31.) gerettet und dann nochmal unmittelbar vor der Pause gegen Suarez, der am heutigen Donnerstag in Barcelona den von der vom kicker präsidierten Vereinigung Europäischer Sportmedien (ESM) den Goldenen Schuh erhält als bester Liga-Torschütze der vergangenen Spielzeit in Europa.

Bis zu Bravos Feldverweis war es, wenn auch nicht das "beste Spiel der Welt", wie Sport zuvor fabuliert hatte. Zumindest aber hatten die 96.000 Zuschauer im ausverkauften Camp Nou ein technisch hochklassiges Spiel gesehen - trotz unnötiger Fouls wie etwa das von David Silva gegen Piqué, der kurze Zeit später und noch vor der Pause mit einer Knöchelverletzung vom Platz musste.

Kurz nach der Pause war es zunächst der Ex-Wolfsburger De Bruyne gewesen, der Barça mit Aktionen über rechts in Bedrängnis brachte, dabei spielte der Belgier zentral in der Spitze. "Messi ist ganz oben", hatte Guardiola gelobt, "aber dann kann auch schon De Bruyne folgen". Er hat das als falscher Neuner anstelle von Sergio Aguero am Mittwoch teils angedeutet, jedoch vor dem zweiten Gegentor einen Fehlpass gemacht, ähnlich wie ein anderer Ex-Bundesligaspieler: Ikay Gündogan vor dem 0:3. Dennoch gehörten beide zu den besten bei City. "Nach der Roten Karte konnten sie nicht mehr so pressen und litten mehr", diagnostizierte Gündogans Nationalelf-Kollege ter Stegen nach dem Match gedimmt, aber so ist er halt. Der Keeper hatte ja sogar selbst im Moment seines bis dahin größten sportlichen Erfolgs, den Final-Sieg 2015 in Berlin über Juventus Turin, bemerkenswert kühl reagiert - zumindest nach außen.

Cool gab sich auch Guardiola nach dem erneuten Heimweh. Und doch war es anders als im Frühjahr 2015 mit Bayern. 0:3 hieß damals das Ergebnis, aber doch war alles anders, damals musste sein Team nicht entscheidende 20 Minuten in Unterzahl agieren. Auch wenn AS am Donnerstag von einer "traurigen Nacht für Guardiola" und Marca gar von einem "Fluch" schrieb: Die schlimmste Niederlage sei die mit den Münchnern gegen Real Madrid gewesen, erklärte Guardiola im Bauch seines alten Stadions mit Blick auf das 0:4 im Halbfinal-Rückspiel zu Hause in München im Frühjahr 2014. Wegen der Gemengelage und der taktischen Fehler. "Bis zur Roten Karten war diesmal alles offen, dann war es ein anderes Spiel."

Was man von Messi erwarten kann? Das hier. Die totale Interpretation des Fußballs.

Barcelonas Trainer Luis Enrique

Seinen Keeper Bravo wolle er keine Vorwürfe machen. Der sei "seit zehn Jahren einer der besten Torhüter der Welt" und zum Fußball gehörten eben auch Fehler. Der Chilene werde daraus lernen. El Pais schrieb gar: "Bravo verliert mit Händen und Füßen." Schadenfreude in keiner Weise bei ter Stegen. Man habe keine Probleme miteinander, auch wenn das Wechselspiel zwischen beiden in den vergangenen zwei Jahren "schwierig" gewesen sei. Für die Zeitung Ara machte der Ex-Gladbacher just im entscheidenden Auftritt bei der Heimkehr von Guardiola und Bravo "eine seiner besten Partien" im Barça-Dress.

50 Heimtore in der Königsklasse für "La Pulga"

Zum fünften Mal in Folge hat City nun in der Königsklasse gegen Barça verloren, aber noch nie so hoch. Und doch trat City noch nie so stark auf gegen Barcelona wie an diesem Mittwoch. "So ist eben Fußball", sagte ein weiterer Rückkehrer: Nolito. "Uns fehlte das Glück. Und sie hatten ter Stegen." Alles richtig. Was Nolito in dem Moment vergaß. Barça hatte und hat auch: Lionel Messi. 50 Heimtore in der Champions League hat der Argentinier jetzt und damit den Rekord von Reals Raul überholt. Nach dem Dreierpack beim 7:0 gegen Celtic war es bereits der zweite im Wettbewerb, "La Pulga" traf 12-mal in seinen letzten acht Auftritten in der Königsklasse. Trainer Luis Enrique, nach dem Argentinier gefragt, war das einerlei. Er sagt nur: "Was man von Messi erwarten kann? Das hier. Die totale Interpretation des Fußballs."

Jörg Wolfrum

Tormaschinen der Königsklasse: CR7 vorn, Lewandowski holt weiter auf