Junioren

Wohlfarth: "Etwas Außerirdisches gegen Riesenbrocken"

Vor 35 Jahren wurden die DFB-Junioren Weltmeister

Wohlfarth: "Etwas Außerirdisches gegen Riesenbrocken"

Junioren-Weltmeister 1981: Roland Wohlfarth, in der hinteren Reihe Zweiter von rechts.

Junioren-Weltmeister 1981: Roland Wohlfarth, in der hinteren Reihe Zweiter von rechts. imago

kicker: Herr Wohlfarth, woran erinnern Sie sich spontan, wenn Sie an diese WM denken?

Roland Wohlfarth: Es war für einen jungen Mann wie mich damals etwas völlig Neues, ein anderer Kontinent, ich war rund drei Wochen lang sehr weit weg von Zuhause. Unsere Mannschaft war sehr jung, zum Teil zwei Jahre jünger als die gegnerischen Mannschaften. Und es war Regenzeit, es hat extrem geschüttet, auch im Endspiel.

kicker: Sie erzielten in sechs Spielen vier Tore. Was blieb Ihnen davon in Erinnerung?

Wohlfarth: Ich glaube, damit war ich Nummer 3 der Torjägerliste.

kicker: Nein. Vier Treffer waren die Bestmarke, die auch Ihr Mitspieler Ralf Loose erreichte sowie drei ausländische Spieler.

Wohlfarth: Schön. Ich erinnere mich vor allem an den letzten Treffer im Endspiel. Die ganze Szene war ein ziemliches Durcheinander, der gegnerische Torwart lief weit aus seinem Kasten, ich war vor ihm am Ball, der aus etwa 25 Metern ins Tor kullerte.

kicker: In der Gruppe C mussten die DFB-Jungs gegen Mexiko, Ägypten und Spanien antreten. Wissen Sie noch, dass es ganz knapp war, dass die Vorrunde überstanden wurde?

"Die Stärke der Gegner kannten wir nicht so genau. Meistens lief es für uns"

Wohlfarth: Wir hatten keine Zeit zu überlegen und haben einfach Gas gegeben. Die Stärke der Gegner kannten wir nicht so genau. Meistens lief es für uns. Wir haben nur eine Partie verloren, die zweite gegen Ägypten, 1:2. Das erste Spiel gegen Mexiko hatten wir 1:0 gewonnen, so dass wir im letzten Gruppenspiel gegen Spanien gewinnen mussten.

kicker: Sie trafen in dieser entscheidenden Begegnung zweimal.

Erfolgreiche Karriere: Roland Wohlfarth wurde fünfmal Deutscher Meister mit dem FC Bayern.

Erfolgreiche Karriere: Roland Wohlfarth wurde fünfmal Deutscher Meister mit dem FC Bayern. imago

Wohlfarth: Das hatte ich nicht mehr gewusst.

kicker: Das Finale fiel deutlich aus, 4:0. War die DFB-Auswahl gegen Katar klarer Favorit?

Wohlfarth: Vor dem Spiel war die Konstellation nicht so eindeutig. Bald aber merkten wir, dass dieser Gegner nicht so viel besser war, obwohl die Spieler aus Katar zum Teil um zwei Jahre älter aussahen als wir. Schon zur Pause führten wir mit 2:0, ich erzielte kurz vor dem Halbzeitpfiff das zweite Tor. Diese 90 Minuten waren bequemer für uns als andere Spiele.

kicker: War dieses Endspiel für Sie der Höhepunkt dieses Turniers?

"Die geschätzt 15000 Zuschauer veranstalteten einen Hexenkessel ohne Ende"

Wohlfarth: Vom Ablauf her war es ziemlich einfach. Zum Sieg waren keine extreme Rennerei und kein Kampf bis zum Abpfiff nötig, wir hatten früh die Entscheidung besorgt. Anders war das Viertelfinale gegen Australien: Uns gelang gegen den Gastgeber ein 1:0, ich habe nach etwa 70 Minuten das Siegtor gemacht. Auch da hatten wir es gegen eine Mannschaft zu tun, deren Spieler Riesenbrocken waren. Und die geschätzt 15000 Zuschauer veranstalteten einen Hexenkessel ohne Ende. Diese Paarung war etwas Besonderes, auch wegen der K.-o.-Konstellation: Entweder du gewinnst - oder du fährst nach Hause. Und eigentlich hatten wir es schon abgehakt und im Geiste die Koffer gepackt, weil wir uns sowieso keine Chance ausgerechnet hatten. Und dann gewannen wir auf einmal.

kicker: Fallen ihnen noch einige Namen der damaligen Mitspieler ein?

Wohlfarth: Ja, neben Loose zum Beispiel Michael Zorc, Rüdiger Vollborn im Tor, Thomas Herbst von den Bayern, Ralf Sievers aus Frankfurt. Wenn ich ein bisschen nachdenke, bekomme ich sie alle auf die Reihe.

kicker: Gibt es noch Kontakte zu einem dieser Weltmeister?

Wohlfarth: Nein. Ein Mal trafen wir uns noch in Frankfurt, es kamen sehr viele. Unser Trainer Dietrich Weise wies immer wieder darauf hin, dass wir anderthalb bis zwei Jahre jünger als alle anderen gewesen waren. Er hat fast geweint vor Glück und war stolz auf uns. Er sagte, wir hätten etwas Außerirdisches vollbracht. Wir Spieler hatten erst hinterher begriffen, dass unser Sieg wirklich etwas Besonderes gewesen war.

Nach schlechten Spielen konnten wir durch die Küche oder ein Fenster abhauen, wenn wir nicht mit der Presse sprechen wollten.

Roland Wohlfarth

kicker: War dieses Turnier für Ihre Karriere eine wichtige Station?

Wohlfarth: Eher nicht. Ein Jugendturnier zählte früher nicht so viel wie heute. 14 Tage stand es in der Zeitung, dass wir Weltmeister geworden waren, anschließend ging es unter.

kicker: Sie wurden mit dem FC Bayern fünfmal Deutscher Meister und gewannen einmal das Double, außerdem holten Sie sich zweimal die kicker-Torjägerkanone. Wo ordnen Sie diesen Weltmeister-Titel ein?

Wohlfarth: Es ist ein schöner Bestandteil dieser Bilanz, die sich sehen lassen kann. Früher war es vielleicht ein bisschen leichter, aber das wusste ich seinerzeit nicht. Ich musste mich genauso durchkämpfen. Okay, nach schlechten Spielen konnten wir durch die Küche oder ein Fenster abhauen, wenn wir nicht mit der Presse sprechen wollten.

kicker: Was machen Sie heute?

Wohlfarth: Ich bin in die Estrich-Firma, in der ich groß wurde, zurückgekehrt. Mir gefällt die Arbeit. Fußballspielen geht nicht mehr, ich habe zwei künstliche Hüften. Und auf Jugend- oder Amateuretrainer habe ich keine Lust.

Interview: Karlheinz Wild

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