EM

Pasquale - ein fußballverrückter Italiener in Frankreich

Die Kolumne der kicker-Reporter

Pasquale - ein fußballverrückter Italiener in Frankreich

Beim Spiel Italien gegen Spanien (oben, ganz links), vor der Allianz Arena und in Fortaleza: Pasquale Carpenito.

Beim Spiel Italien gegen Spanien (oben, ganz links), vor der Allianz Arena und in Fortaleza: Pasquale Carpenito. privat

Aus Paris berichtet Mounir Zitouni

Es war das dritte Spiel von Pasquale bei dieser EURO. In Lyon hatte er zuvor den 2:0-Sieg gegen Belgien bejubelt, danach das 1:0 der Squadra Azzurra in Toulouse gegen Schweden erlebt. Das Spiel gegen Deutschland wird er nun verpassen. Er muss nach Hause, nach Poulton-la-fylde, ein kleines Kaff bei Blackpool im Nordwesten Englands. Dort hat der Italiener seit neun Jahren - natürlich - eine Pizzeria. Pasquale ist verrückt nach Fußball. In England gilt seine große Liebe Manchester United. Er hat eine Dauerkarte für das Old Trafford, nur ein Spiel verpasst in der vergangenen Saison. Zwar sagt er, dass "Schweinsteiger lieber aufhören sollte, aber mit Mou als Trainer wird es aufwärts gehen, auch wenn der Busse vor dem Tor parkt".

1100 Euro für das WM-Endspiel in Berlin

Pasquale kann stundenlang über Fußball reden. Es ist seine große Leidenschaft, "die eine Menge Geld kostet", wie er sagt. Aber was tut man nicht alles für sein Hobby. Das erste große Turnier erlebt er im Alter von 16 Jahren. Damals nimmt ihn sein Onkel mit zur WM 1982 in Spanien. Zwei Spiele sieht er, das Halbfinale der Italiener gegen Polen (2:0) in Barcelona und wenige Tage später den Triumph in Madrid gegen Deutschland (3:1). Seitdem hat er nur eine einzige WM verpasst, die 1986 in Mexiko. Pasquale ist zu dieser Zeit beim Militär. 1994 heiratet er in Hawaii, zufälligerweise zum Zeitpunkt der WM in den USA. Beim Achtelfinalspiel gegen Nigeria und im Viertelfinale gegen Spanien sitzt er im Stadion, während seine Frau in Boston beim Shoppen ist. Auch das EM-Finale 2000 in Rotterdam erlebt er live, genauso wie das WM-Endspiel in Berlin. "Das war die teuerste Karte in meinem Leben. 1100 Euro habe ich bezahlt, aber es hat sich gelohnt."

Es sind immer die gleichen, die auftauchen.

Pasquale Carpenito

Pasquale fährt aber nicht nur zu Turnieren, auch wenn Italien irgendwo in Europa spielt, fliegt er aus England ein. So wie nach Sofia im März 2015, nach Baku oder München. Pasquale besucht nur Länderspiele, die außerhalb Italiens stattfinden. Dort trifft er mittlerweile auf echte Freunde. "Es sind immer die gleichen, die auftauchen. Sie kommen aus Italien, London, Deutschland. Um die 60 Leute. Wir genießen das und haben immer eine Menge Spaß."

Kennengelernt habe ich Pasquale bei der WM 2014 in Brasilien. Nach dem Spiel der Italiener gegen England in Manaus kommt der 50-Jährige nach Fortaleza, um sich Deutschland gegen Ghana anzuschauen. "Eines der schönsten Spiele, das ich je gesehen habe." Am FIFA-Medienbus in Fortaleza kommen wir ins Gespräch. Schließlich steigt der fußballverrückte Italiener mit dem Segen des FIFA-Offiziellen ein, nachdem ich ein gutes Wort eingelegt habe. Pasquale wird gratis zum Stadion gefahren. Kein Wunder, dass er die Geschichte immer wieder gern erzählt. Auch in Paris müssen seine Freunde erfahren, wie das vor zwei Jahren in Brasilien genau war.

"Hauptsache wir haben Spaß"

Und nun also Paris. Am Morgen nach dem Spanien-Sieg treffe ich einen müden Pasquale. Der Heimflug nach Manchester steht an. Das Restaurant wartet, doch Tickets für das Halbfinale am 7. Juli hat er schon. Die Flüge sind gebucht. Er wird da sein, doch auch seine Italiener? "Klar, Conte ist ein fantastischer Trainer. Die Deutschen haben Angst vor uns. Wir schaffen das." Und was, wenn nicht? "Ach, dann geht das Leben auch weiter. Hauptsache wir haben Spaß. Ich freue mich schon auf die Cote d'Azur." Und falls Italien ins Finale kommt? "Eigentlich kann ich da nicht weg vom Restaurant, doch falls es so kommen sollte, dann wird mir schon was einfallen." Wir verabschieden uns. Ob wir uns am 10. Juli in Paris wiedersehen? Antwort am Samstag in Bordeaux.

Zur EM gehört weitaus mehr als nur der Fußball an sich: Land und Leute, Fans und Stimmung, Kultur und Kurioses. 14 kicker-Reporter sind vor Ort in Frankreich, um auch von außerhalb der Stadien zu berichten.