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Löw lobt kritikfähigen Can

Neuling zeigt sich einsichtig und wittert die Chance aufs Debüt

Löw lobt kritikfähigen Can

Bei den Großen in der A-Nationalmannschaft angekommen: Emre Can (Mitte, hier mit Karim Bellarabi und Thomas Müller).

Bei den Großen in der A-Nationalmannschaft angekommen: Emre Can (Mitte, hier mit Karim Bellarabi und Thomas Müller). imago

Ausgebildet bei Eintracht Frankfurt und Bayern München, inklusive der ersten Profi-Einsätze im Trikot des FCB: vier Ligaspiele, ein Tor. Im Anschluss zog es Emre Can zu Bayer Leverkusen (29 Bundesliga-Einsätze, drei Tore und drei Assists), ehe der Allrounder den Schritt auf die Insel zum FC Liverpool wagte. In der Premier League gelang dem Deutschen mit türkischen Wurzeln endgültig der Durchbruch: An der Seite von Vereinslegende Steven Gerrard etablierte sich Can in der Saison 2014/15 in 27 Ligaspielen, ist inzwischen Stammkraft unter Coach Brendan Rodgers.

"Mir gefällt die Art und Weise, wie er spielt", sagte Löw jüngst gegenüber dem kicker. Der DFB-Trainer schätzt Cans fußballerische Fähigkeiten: "Er ist technisch versiert, spielt den sauberen, einfachen Pass, hat ein gutes Positionsgefühl."

EM-Qualifikation - Tabelle - Gruppe D
Pl. Verein Punkte
1
Deutschland Deutschland
16
2
Polen Polen
14
3
Irland Irland
12
Trainersteckbrief Löw
Löw

Löw Joachim

Spielersteckbrief Can
Can

Can Emre

Auf seiner geliebten Position im defensiven Mittelfeld als Aufbauspieler und Abräumer wird es im Kader der Adlerträger allerdings schwer, sich kurz- und langfristig zu behaupten. Dort sind Kapitän Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos, Ilkay Gündogan, Christoph Kramer oder der derzeit verletzte Sami Khedira einige Schritte voraus.

Es könnte sich jedoch die Position als Rechtsverteidiger anbieten. Das jedoch eher in einer Dreierreihe statt in einer Abwehr-Viererkette. Denn Löw legt Wert darauf, dass die defensiven Außenbahnspieler auch Druck nach vorne entwickeln können. Das geht besser aus einer Viererkette heraus - und in dieser Hinsicht hat der Hoffenheimer Sebastian Rudy gegenüber Can noch Vorteile.

Löw: "Sein größter Kritiker war er selbst"

Emre Can

Sieht sich selbst als reifer und erwachsen an: Emre Can. imago

Was Löw letztlich zur ersten A-Nominierung bewogen hat, hat vor allem etwas mit Cans Verhalten nach der schwachen U-21-EM in Polen zu tun, als die Elf von Trainer Horst Hrubesch mit 0:5 im Halbfinale Portugal komplett untergegangen war . Nach der höchsten Pflichtspielniederlage für Deutschlands Nachwuchs hatte sich der neben Kapitän Kevin Volland und Torwart Marc-André ter Stegen erfahrenste Leitwolf (kicker-Note 6 gegen Portugal) bemerkenswert verhalten: "Was wir da abgeliefert haben, war einfach eine Frechheit. Man kann verlieren, man kann von mir aus auch 0:5 oder 0:10 verlieren. Aber wenn man alles gibt, kann man danach in den Spiegel gucken. Bei mir persönlich war es so, dass ich heute nicht alles gegeben habe. Vielleicht habe ich vor dem Spiel gedacht, dass ich der Größte bin oder sonst was. Ich glaube, ich muss wieder auf den Boden kommen."

Löw äußerte sich im Rückblick angetan über diese klare Äußerung: "Sein größter Kritiker war er selbst, diese Art der Reflexion hat mir gefallen." Auch DFB-Sportdirektor Hans-Dieter "Hansi" Flick hob Can hervor: "Das zeigt seinen guten Charakter, seine Größe. Er ist ein Führungsspieler und ein Teamplayer. Das hat er schon in früheren U-Teams gezeigt."

Can reflektierte inzwischen auch noch einmal die peinliche Vorstellung bei der U-21-EM gegen Portugal und seine danach folgende Aussage: "Ich neige bestimmt nicht dazu abzuheben. Ich war nach dem Turnier einfach ehrlich, ich habe keinen Sinn darin gesehen, mich zu verstellen. Manchmal versteckt man sich ja hinter Floskeln, und das wollte ich nicht tun."

Can: "Damals war ich ein Kind, jetzt bin ich erwachsen"

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Mit reichlich Demut reiste der Neue unter den Weltmeistern und etablierten A-Nationalspieler nun in seiner Heimatstadt Frankfurt an und äußerte sich im Interview auf dfb.de hocherfreut über die Nominierung: "Ich war stolz. Ich hatte ganz viele Bilder im Kopf, habe mich an früher erinnert, auch an den Weg, den ich hinter mir habe." Er sei super aufgenommen worden, "alle sind freundlich und hilfsbereit. Viele kannte ich ja auch schon von früher, durch meine Zeit bei Bayern und Bayer." Aufgeräumt und klar erklärte der kräftige Mittelfeldspieler, der sich gerne in der Offensive mit einschaltet, darüber hinaus: "Ich kann sagen, dass ich viel reifer geworden bin. Ich habe viel erlebt, als Sportler und als Mensch. Wenn ich mir die Entwicklung von 2009 bis heute vor Augen führe - dann ist das schon phantastisch. Damals war ich ein Kind, jetzt bin ich erwachsen."

Jetzt hofft der ehemalige Bundesliga-Profi auf zwei erfolgreiche Spiele in der EM-Qualifikation gegen Polen und in Schottland: "Zwei Siege, sechs Punkte, einen großen Schritt Richtung Frankreich. Das ist es, was wir wollen. Und wir haben die Qualität dafür." Persönlich hofft er verständlicherweise, "dass ich wirklich mein Debüt für die deutsche A-Nationalmannschaft geben kann". Sollte es zu einem (Kurz-)Einsatz kommen, wäre Can übrigens auf die deutsche Nationalmannschaft festgelegt. Da es sich um ein Pflichtspiel handelt, wäre ein nachträglicher Wechsel zur türkischen A-Nationalmannschaft nicht mehr möglich.

mag

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