Nationalelf

Die Bilanz seit der WM bleibt bescheiden

Kommentar: Verdiente 2:3-Niederlage gegen England

Die Bilanz seit der WM bleibt bescheiden

Bislang hat "die Mannschaft" eine trübe Post-WM-Statistik abgeliefert.

Bislang hat "die Mannschaft" eine trübe Post-WM-Statistik abgeliefert. Getty Images

Eine Halbzeit lang war dieser Test eine harmlose Veranstaltung . Beide Mannschaften boten eine Trainingseinheit im Zeitlupentempo. Die 20 Darsteller auf dem Feld liefen wenig und bevorzugt langsam, sie wollten sich und dem Gegner nicht wehtun - kein Wunder in dieser Saisonphase, in der für ihre Klubs die nationalen und internationalen Entscheidungen anstehen. Da sind Länderspiele, auch wenn eine Europameisterschaft naht, zweitrangig.

Als dann noch Toni Kroos mit links den Ball kurz vor dem Halbzeitphase ins Netz schmetterte zum 1:0, schien sich diese zum Klassiker aufgemotzte Partie gegen England in die vom Weltmeister erwünschte Richtung zu wenden; umso mehr, als Mario Gomez mit seinem 26. Länderspieltreffer im 62. Einsatz Sami Khediras Flanke mit gezieltem Kopfstoß zum 2:0 ins Tor lenkte. Doch die ballsicheren und kombinationsstarken Briten wehrten sich und verwandelten die vermeintliche Niederlage gegen den Favoriten in einen 3:2-Auswärtssieg, den sie sich sehr wohl verdient hatten. Denn die deutsche Nationalmannschaft - heißt sie überhaupt noch so oder darf man, wie es der Stadionsprecher mit nervender Marketing-Penetranz ständig tat, nur noch "die Mannschaft" sagen/schreiben? - geriet in der unterhaltsamen zweiten Halbzeit nach Harry Kanes Anschlusstreffer komplett aus dem nur vorübergehenden und ohnehin nur kurzzeitigen Rhythmus. Der Bundestrainer kritisierte zu Recht Mängel im Aufbau. Vor allem aber in der Defensive wurden eklatante Schwächen deutlich.

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Spielbericht

Beim 1:2 wurde Torschütze Kane weder von Mesut Özil noch von Thomas Müller noch von Emre Can beherzt angegriffen und durfte flach einschießen. Es handelte sich eben um ein Freundschaftsspielchen. Bei Jamie Vardys Klassetreffer mit dem rechten Absatz war Rüdiger nicht eng genug am Mann, 2:2. Zuvor hatten schon Can und Khedira mit krassen Patzern englische Großchancen ermöglicht.

"Azubis" Can, Rüdiger und Tah

Die deutsche Defensive gestattete den flotten, flinken und feinfüßigen Three Lions zu viel Spielraum für feine Kombinationen und bekam keinen direkten Zugriff mehr. Es wurde deutlich: Can (22), Antonio Rüdiger (23) und selbstredend Debütant Jonathan Tah (20) sind auf internationalem Topniveau noch Azubis. In der Abwehr hat der Bundestrainer noch einige Probleme zu lösen, vor allem auf der rechten Außenseite, weil innen Jerome Boateng sowie der zur Pause wegen einer leichten Muskelverhärtung ausgetauschte Mats Hummels Stabilität versprechen. Auch links draußen muss der Kölner Jonas Hector Löws aktuelles Lob und die Beförderung zur Fixkraft noch bestätigen.

Immerhin hatte Gomez ein Erfolgserlebnis. Er traf erstmals wieder seit der EM 2012, damals erzielte er beide Tore zum 2:1-Sieg gegen die Niederlande. Der derzeit einzige deutsche echte Mittelstürmer hat in Berlin für sich geworben, am Dienstag darf sich in München Mario Götze, eher der Typus falsche Neun, versuchen. In der Offensive hat die deutsche Auswahl ohnehin keine Beschwerden, denn Müller, Mesut Özil und Marco Reus können es viel besser, als sie es in Berlin zeigten.

Deutliche Statistik

Die Zahlen seit dem WM-Triumph am 13. Juli 2014 lesen sich für den Weltmeister aus deutschen Landen nicht sonderlich prickelnd: In 16 Spielen gab es satte 22 Gegentreffer, also 1,375 pro Partie - und lediglich in vier Begegnungen ein Zu-Null, zweimal gegen die Fußball-Zwerge aus Gibraltar, einmal gegen Spanien und Georgien. 32 Tore erzielte die deutsche Nationalelf - pardon: "Die Mannschaft" -, also 2,0 pro Begegnung. Diese Tordifferenz von 32:22 führte zu acht Siegen, zwei Unentschieden und sechs Niederlagen (8/2/6). Schon am Dienstag gegen Italien (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker.de) hat Löws Delegation die Chance, diese trübe Post-WM-Statistik zu schönen, gegen einen weiteren renommierten Gegner. Und bei der EURO in Frankreich muss es ohnehin besser werden.

In aller Freundschaft. Aber auch im Ernst.

Aus Berlin: kicker-Chefreporter Karlheinz Wild.

Aus Berlin: kicker-Chefreporter Karlheinz Wild. kicker