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Das kann Dabrowski auch

Kolumne von Oliver Birkner

Das kann Dabrowski auch


Prinzessin Victoria kauft eine neue Handtasche, Posh will ein Interview verhindern, weil Journalistin Ilaria D’Amico zu sexy aussieht (sie wäre in der Tat drei, vier Sünden wert), Becks hat neue Schuhe mit italienischer Flagge, das Interimsdomizil des Pärchens in der Mailänder Präsidentensuite des "Principe di Savoia" mit integriertem Pool, Fitness-Studio und Sauna kostet 15 000 Euro pro Nacht, ein Privatjet steht für die Beckhams in Mailand je nach Laune zu jeder Sekunde bereit, Panini bringt kurzfristig ein Beckham-Sammelbild heraus, Victoria mag "die kleinen Läden der Stadt, wo es sooooo viele schöne Sachen zu kaufen gibt".

Der Hokuspokus wird noch bis zum 9. März dauern, wenn das kunterbunte Plastik-Paar wieder nach Hollywood entschwindet. Unter dem Aspekt Marketing hat Milan mit dem globalen Fußball-Popstar natürlich nicht viel falsch gemacht. Ohnehin schafft es kein anderer Klub in Italien so brillant, eine lächelnde Fassade für signifikante Substanz zu verkaufen. Aber dieses Kalkül hat Patron Silvio Berlusconi schließlich erfunden.

Victoria Beckham

Während er auf dem Platz nach hinten arbeitet, kauft sie vorn am Ladentisch fleißig ein: Victoria Beckham. imago

Das Opfer ist jedoch mal wieder Trainer Carlo Ancelotti, der sich nun mit einem hysterischen Hype herumplagen muss, und einem Spieler, den er gar nicht braucht. Beckham, beim Debüt in Rom von den heimischen Tifosi über seine 89 Minuten ausgepfiffen, verdiente sich die Note ausreichend, weil er nach blasser erster Hälfte später oft hinten aushalf. Mit Verlaub: Das kann Bochums Christoph Dabrowski auch. Vielleicht wird Beckham in seinen verbleibenden elf möglichen Spielen mal per Freistoß treffen. Doch das können Ronaldinho oder Pirlo auch.

Mit dem Marketing-Coup setzte Berlusconi seinem Coach unnötige Zwänge unter die Nase, denn will man Sponsoren- und Trikotgelder einheimsen, muss die neue Nummer 32 im Wettkampf schließlich auch ein paar Mal gegen den Ball treten. "Ich würde Beckham bei der Roma von Anfang an spielen lassen", orderte "Il Presidente".

Ancelotti erträgt derartige Selbstdarstellungen seit Jahren bewundernswert stoisch. Den Sieg in der Champions League 2003 verbuchte Berlusconi für sich: "Ich habe dem Trainer die siegreiche Aufstellung diktiert." Und überhaupt gelte für Milan der kategorische Imperativ, "immer mit zwei Stürmern zu spielen. Berlusconi könne mitreden, denn "schließlich kenne ich mich im Trainergeschäft bestens aus". Keine Frage, Berlusconi hat vor Urzeiten ja das unterklassige Amateurteam seiner Firma "Edilnord" gecoacht. Vor der dicken Haut und den Erfolgen Ancelottis muss man den Hut ziehen, denn andere trieb Berlusconi in den Wahnsinn. Nils Liedholm z. B. oder Meistertrainer Alberto Zaccheroni, den er in einer Liveschalte als pfuschenden Schneider abqualifizierte, der den exquisiten Stoff ruiniere. Dino Zoff verließ nach der Niederlage im EM-Finale 2000 empört die Nationalelf, weil der damalige Premier Berlusconi ihm vorwarf: "Zidane hätte man in den letzten 20 Minuten Manndecken müssen, das sah doch jeder Dilettant. Das war eines Profitrainers unwürdig. Entweder man besitzt Intelligenz oder eben nicht."

Als ehemaliger System-Tüftler bei den Kickern von "Edilnord" darf man so etwas sagen. Und als Milan-Missionar sowieso. Denn wie sagte Berlusconi schon 1994: "Der Papst ist eine herausragende Persönlichkeit. Er verfolgt wie mein AC Mailand das Ziel, das auch Gottes Gedanke ist: Der Sieg des Guten über das Böse." Amen.

Oliver Birkner lebte bereits von 1993 bis 1999 in Bologna. Nach seiner Zeit beim kicker in Deutschland (2004 - 2007) entschloss er sich aus Nostalgie wieder auf die Halbinsel zurückzukehren. Nun berichtet er als Korrespondent für kicker Print und Online aus seiner neuen Heimat Florenz.