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Napoli-Stadion "eine Toilette"? - Verteidiger Kalidou Koulibaly lobt den neuen SSC-Trainer Carlo Ancelotti

Verteidiger Koulibaly lobt den neuen Trainer Ancelotti

Napoli-Stadion "eine Toilette"?

Altehrwürdige Heimstätte der Società Sportiva Calcio Napoli: das San Paolo.

Altehrwürdige Heimstätte der Società Sportiva Calcio Napoli: das San Paolo. picture alliance

Das altehrwürdige San Paolo, das nach dem Apostel Paulus von Tarsus benannt ist, beherbergt seit 1959 die Società Sportiva Calcio Napoli. Seit beinahe stolzen 60 Jahren steigen dort also schon Fußballspiele - unter anderem vier Partien des olympischen Fußballturniers 1960, das Spiel um Platz 3 bei der EM 1980 zwischen der Tschechoslowakei und Italien (9:8 i.E.) oder auch das legendäre WM-Halbfinale 1990 zwischen Argentinien und Gastgeber Italien (4:3 i.E.) nach einer Modernisierung.

2018 nagt der Zahn der Zeit allerdings deutlich am San Paolo, das besonders bei Napoli-Heimspielen aufgrund der heißblütigen Süditaliener als Hexenkessel gilt - und von einigen Besuchern gerade wegen des maroden Zustands als Stadion mit romantischem Charme beschrieben wird. Unkraut sprießt unterhalb der Sitzreihen, Toiletten sind stark renovierungsbedürftig, eine Tartanbahn umgibt den Platz, Graffitis sowie Aufkleber der Ultras zieren die Wände.

Spielersteckbrief Koulibaly
Koulibaly

Koulibaly Kalidou

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Ancelotti

Ancelotti Carlo

Serie A - 2. Spieltag
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SSC Neapel - Vereinsdaten
SSC Neapel

Gründungsdatum

01.08.1926

Vereinsfarben

Blau-Weiß

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Gennaro Palummella, Capo der legendären Curva B und so alt wie das Stadion selbst, sagte einmal im Gespräch mit "11 Freunde": "Napoli hat hier im San Paolo alles gewonnen, die Meisterschaften 1987 und 1989, den UEFA-Cup 1989. Ich war nicht mal ein Jahr alt, als 1959 das San Paolo eingeweiht wurde." Er gibt aber auch zu: "Das San Paolo ist eine große Bühne, aber baufällig. Das Geld beim Umbau 1989 floss in den Norden oder in die eigenen Taschen der Politiker und Unternehmer. Wie immer."

Streitpunkt Stadion

Denn es gibt ein Problem, das Palummella kennt: "Napoli ist eine großartige Stadt, hat aber einen Defekt. Wenn wir etwas zusammen anpacken wollen, schaffen wir's nicht. Alleine schaffen wir's bis zum Mond, zusammen nicht. Deshalb gibt es auch zwei rivalisierende Kurven." Die Curva A und B.

Und hier kommt SSC-Präsident Aurelio De Laurentiis ins Spiel. Der 69-Jährige forciert seit Jahren einen Stadionneubau mit nur noch 40.000 Plätzen statt der über 60.000 aktuell. "Ich kann mich mit der Idee nicht recht anfreunden", so Palummella. "Wenn ja, dann müssten zumindest die Tribünen folgenden Personen gewidmet werden: die Geraden dem Apostel Paulus und San Gennaro, dem Stadtheiligen Neapels. Die Kurven der Spielerlegende aus den Dreißigern, Attila Sallustro, und natürlich Maradona."

San Paolo

Lautstark: Vollbesetzt macht das San Paolo immer noch etwas her. imago

Streitpunkt Politik

Es geht sogar noch weiter: Es war sogar zu befürchten, dass das San Paolo für das kommende Heimspiel gegen das bislang noch spielfreie Milan am Samstag (20.30 Uhr) gar nicht genutzt werden könne. Schließlich steigen aktuell im Rund, das von Napoli-Präsident De Laurentiis als "Toilette" bezeichnet wird, notdürftige Reparaturen. Laut "La Repubblica" hat der Klub aber das notwendige Sicherheitszertifikat erhalten.

Probleme gibt es aber auch darüber hinaus: Der Mietvertrag mit der Stadt wurde bislang noch nicht verlängert - und so muss der Klub die fällige Gebühr pro Heimspiel entrichten. Außerdem sollen Präsident De Laurentiis und Bürgermeister Luigi De Magistris nicht mehr miteinander reden - und Napoli obendrein laut "Il Mattino" die obligatorischen 160 Freikarten für den Stadtrat zurückgezogen haben.

Streitpunkt De Laurentiis

Der Zündstoff wird sogar noch größer, da De Laurentiis inzwischen Serie-D-Verein Bari übernommen hat und den Klub wie einst eben Neapel (2004 als Napoli Soccer neu gegründet) vor dem Bankrott retten und in die Serie A führen will. Sein Sohn Luigi soll die Geschicke lenken.

Curva Napoli

Heißblütig: die Curva Napoli A, gegenüber liegt die Curva Napoli B. Getty Images

Einige SSC-Fans sprechen sich seither mit Plakaten gegen den Präsidenten aus. Sein Kommentar dazu: "Es gibt 40 Millionen Napoli-Fans - will jemand eine Umfrage starten, wie viele auf meiner Seite sind? Ich bin mir sicher, dass die meisten mich unterstützen. Ich habe vielleicht mal die Leute in den Kurven kritisiert, das sind dann zwei- bis dreihundert auf der einen und zwei- bis dreihundert auf der anderen Seite." Abschließend untermauert De Laurentiis auch noch seinen Vorstoß bezüglich San Paolo - gewohnt in seiner ganz eigenen Art und bezogen aufs Stadion in Bari: "Das San Nicola ist 100-mal mehr wert als das San Paolo. Es war richtig schön, hier in den Presseraum zu kommen, der weitaus besser ist als der, den wir haben." Und: "Ich wünschte, wir hätten einen Bürgermeister wie Antonio Decaro." Dieser leitet - natürlich - die Geschicke in Bari.

Ancelotti und die schwere Aufgabe

Eines lässt sich hierbei erkennen: Sich rein aufs Sportliche konzentrieren fällt in Neapel derzeit schwer - doch genau dieses Kunststück muss der neue Coach Carlo Ancelotti, der von De Laurentiis selbstredend mit dem Ziel des Scudetto-Gewinns installiert worden ist, schaffen. Dass er das kann, davon ist zum Beispiel Top-Innenverteidiger Kalidou Koulibaly nach dem jüngsten 2:1 bei Lazio Rom überzeugt: "Ancelotti hat eine eigene Art, Fußball spielen zu lassen. Und Ancelotti ist extrem bescheiden, vielleicht mehr als jeder Spieler hier. Ich habe noch nie zuvor einen so bescheidenen Menschen gesehen." Ob diese Eigenschaft auch auf De Laurentiis zutrifft?

mag

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