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Bestätigen die Spurs Uli Hoeneß? Tottenham im kicker-Check

Premier-League-Check, Teil 5

Bestätigen die Spurs Hoeneß? Tottenham im Check

Mit ihm wollte sich Alvaro Morata nicht messen - verständlich: Tottenham-Torjäger Harry Kane.

Mit ihm wollte sich Alvaro Morata nicht messen - verständlich: Tottenham-Torjäger Harry Kane. imago

Die Transferausgaben von Manchester City oder Paris St. Germain sind spektakulär, die von Tottenham Hotspur aber auch: Es sind umgerechnet genau null Euro. Hat das im Vorjahr wohl spielstärkste Team der Liga, der amtierende Vizemeister, wirklich keine namhafte Verstärkung nötig?

Nun, drei Wochen läuft die Wechselperiode noch, und Klubboss Daniel Levy ist längst als Last-Minute-Zocker berüchtigt. Doch so langsam werden alle anderen ein wenig nervös: der Trainer, der unbedingt den Druck auf seine eingespielte Elf hochhalten will, und die Spieler ebenso. "Zwei oder drei Neue, und zwar keine, die man googlen muss", fordert Linksverteidiger Rose in der "Sun" und kokettiert sogar mit seinem Abschied.

Tottenham Hotspur - Vereinsdaten
Tottenham Hotspur

Gründungsdatum

05.09.1882

Vereinsfarben

Blau-Weiß

mehr Infos
Spielersteckbrief D. Rose
D. Rose

Rose Danny

Kann man sich ein Transferplus von 80 Millionen Euro wirklich leisten?

Frustriert hat den Nationalspieler auch, dass Levy Walker, "den besten Rechtsverteidiger der Liga", zu Rivale ManCity hat ziehen lassen. "Das Problem ist völlig klar", weiß Pochettino. "Wir sind derzeit kein Klub, der im Werben um einen Spieler mit Manchester United oder City mithalten kann." Darf man sich bei der aufrüstenden Konkurrenz ein Transferplus von aktuell rund 80 Millionen Euro wirklich leisten? Vielleicht schon: Denn es gibt auch ein paar "Abers" bei dieser besonderen Sommertransferpolitik.

"Manche glauben, dass ein Verein dann gut gearbeitet hat, wenn er möglichst viel Geld in der Transferperiode ausgegeben hat. Es ist eher ein Zeichen von Schwäche, wenn ich viel Geld ausgeben muss": Diese Zeilen, ausgesprochen von Bayern-Präsident Uli Hoeneß in China , passen genau zu den Spurs. Wo sind denn deren große Schwachpunkte?

Woran Pep und "Mou" verzweifelt arbeiten, hat Pochettino längst geschafft

Morata beispielweise, verriet Pochettino nach seiner erfolglosen Kontaktaufnahme, habe sich dem Konkurrenzkampf mit Kane schlichtweg nicht stellen wollen. Verständlich: Einen besseren Stürmer als den amtierenden Torschützenkönig (29 Treffer) hat kein anderer Premier-League-Klub. Und bis auf Walker, den Trippier am Ende der Vorsaison schon überragend vertrat, sind alle Leistungsträger geblieben, auch Alli (21), den sein Trainer "den wichtigsten Spieler" nennt, "den der englische Fußball in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat".

Woran Pep Guardiola und José Mourinho in Manchester mit vielen Millionen verzweifelt arbeiten, hat Pochettino längst geschafft: Er hat eine Mannschaft geformt, die zu seinen Vorstellungen passt, zum aggressiven Pressen, der taktischen Flexibilität, dem perfekten Mix aus Robust- und Leichtigkeit. Und im Gegensatz zu vielen seiner Trainerkollegen in England baut der Argentinier die hauseigenen Talente, die andere lieber verleihen oder verkaufen, konsequent ein. Auch das muss man bei der Diskussion um Tottenhams fehlende Kadertiefe berücksichtigen.

Der Umzug nach Wembley könnte sogar Tottenhams Fußball verändern

Ein Anzeichen für eine schwierige Saison gibt es aber sehr wohl, es ist 7245 Quadratmeter groß: Weil die stimmungsvolle White Hart Lane abgerissen und bis Sommer 2018 für knapp 900 Millionen Euro neu gebaut wird, müssen die Spurs all ihre Heimspiele 2017/18 in Wembley austragen . Das kann sogar Folgen für ihren Fußball haben.

Denn: Während das Spielfeld der White Hart Lane stets zu den kleinsten der Liga gehörte, ist das in Wembley mit besagten 7245 Quadratmetern nun das größte. Das Pressing wird anstrengender, die Abstände größer: In der Vorsaison blieb Tottenham an der White Hart Lane erstmals seit 52 Jahren in der Liga zuhause ungeschlagen (17 Siege, zwei Remis!), gewann von fünf Partien in Wembley - im Europapokal und FA Cup - aber nur eins (1/1/3). Große Wiese, große Wirkung?

Mal abwarten, würde wohl Klubboss Levy sagen. Weder die womöglich zähe Eingewöhnungsphase im Übergangsstadion noch die fehlenden Transfers dürften Tottenham aus den Top Vier kegeln. Niemand war vorige Saison trotz Champions-League-Belastung und Verletzungsmiseren näher dran an Meister Chelsea, niemand spielerisch besser. Pochettino hat eine hochtalentierte Mannschaft, und er wird schon dafür sorgen, dass sie sich weiterentwickelt. Soll es aber nach den Plätzen sechs, fünf, drei und zwei eine weitere Steigerung geben, sollten Trippier (ungewisse Ausfallzeit nach Knöchelblessur) und Rose (Knie-OP) in dieser Saison besser die letzten Verletzten geblieben sein.

Jörn Petersen

Spieler, Trainer, Boss: Die Deutschen in der Premier League