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"Wiedergeburt" oder Wahnsinn? Chinas Milliardenangriff

Zahlreiche Stars folgen den Lockrufen aus dem Reich der Mitte

"Wiedergeburt" oder Wahnsinn? Chinas Milliardenangriff

Verlockung China: Mehrere Stars kehrten Europa den Rücken und schnüren die Schuhe nun in Asien.

Verlockung China: Mehrere Stars kehrten Europa den Rücken und schnüren die Schuhe nun in Asien. picture alliance

Arsene Wenger hat die Zeichen der Zeit schon erkannt: Nachdem die Chinese Super League (CLS) im vergangen Winter zum Großangriff ausgeholt hatte, reagierte der Trainer des FC Arsenal schockiert: "Ich weiß nicht, wie groß das Verlangen in China ist, aber wenn es ein starkes politisches Verlangen gibt, sollten wir uns sorgen."

Das politische Verlangen ist zweifellos da, denn es war überhaupt erst Staatspräsident Xi Jinping, der den Segen zur Milliardenoffensive gegeben hat. Der 63-Jährige zeigte sich bereits als großer Fußballfan und verfolgt einen fußballorientierten Plan für die Volksrepublik: China soll sich nach 2002 endlich wieder für eine WM qualifizieren, das Riesen-Event möglichst bald ausrichten und in nicht allzu ferner Zukunft sogar den Titel holen.

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D. Ba

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Es sind Zielsetzungen wie diese, die zeigen, dass die Regierung, die Liga und die Vereine den chinesischen Fußballmarkt schnellstmöglich nach oben bringen wollen. Das Potenzial der Sportindustrie wird von Chinas Regierung auf 636 Milliarden Euro geschätzt. Als "Wiederbelebung des chinesischen Fußballs" bezeichnte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua daher auch die Maßnahmen, nach denen Fußball etwa Teil der Zulassungsprüfungen an der Uni wurde und das Erziehungsministerium bis 2017 20.000 Fußballschulen gründen soll.

Pelle und Co. steigen zu Bestverdienern auf

Stellt sich nur die Frage, ob sich etwas wiederbeleben lässt, was eigentlich noch nie so recht gelebt hat. Einmal überhaupt konnte sich die Nationalmannschaft erst für eine WM-Endrunde qualifizieren und noch nie die Asien-Meisterschaft gewinnen. Der amtierende Titelträger der asiatischen Champions League jedoch ist Guangzhou Evergrande - eine chinesische Mannschaft, aufgefüllt mit internationalen Stars. Wie zum Beispiel Jackson Martinez, im Januar für rund 40 Millionen von Atletico Madrid gekommen.

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Graziano Pelle, der erst am Montag vom FC Southampton zu Magath-Klub Shandong Luneng wechselte, soll in zweieinhalb Jahren unglaubliche 40 Millionen Euro verdienen – das entspräche einem Stundensalär von fast 2.000 Euro. Damit zieht der Italiener unter anderem mit einem gewissen Zlatan Ibrahimovic gleich.

Mit zum Teil astronomischen Ablösesummen und wahnwitzigen Gehältern locken die Vereine aus Fernost die Stars aus Europa. Die Attraktivität der Liga hält sich da noch eher in Grenzen. Jackson war dabei nicht der erste Spieler, der den Lockrufen aus dem Reich der Mitte erlag – und das ist auch nicht verwunderlich. Glaubt man dem italienischen Sportjournalisten Tancredi Palmeri, dann spielen bald vier der zehn bestbezahlten Fußballer der Welt in China (Hulk, Pelle, Jackson, Lavezzi).

Auch Bremens Ujah kann nicht widerstehen

Auch die Bundesliga hat inzwischen Erfahrung mit der Verlockung des Geldes aus dem Land der Mitte gemacht. Werder Bremen ließ Anthony Ujah für 13 Millionen Euro zu Liaoning FC ziehen, für die Norddeutschen ein lukratives Geschäft, denn diese Summe hätten sonst wohl nur wenige Vereine gezahlt. Ujah ist indes nicht der erste Profi, der den Weg von der Weser nach Liaoning ging: Im Januar dieses Jahres war schon Assani Lukimya in die Millionenmetropole im Nordosten der Volksrepublik gewechselt.

Trainer haben das "Abenteuer China" ebenfalls angetreten. Beim Top-Klub aus Guangzhou sind seit 2012 nur international angesehene Coaches angestellt: Weltfußballer Fabio Cannavaro, Weltmeistertrainer Marcelo Lippi und mittlerweile Luiz Felipe Scolari sind da prominente Namen. Inzwischen agiert auch Felix Magath in der CSL bei Shandong Luneng. "Ich bin sehr interessiert am großen Aufbruch im chinesischen Fußball und werde mich und mein Team dabei intensiv und mit ganzer Kraft einbringen", erklärte der einstige Meistertrainer des VfL Wolfsburg und der Bayern auf seiner Facebook-Seite.

"Investitionen werden anhalten"

Felix Magath

Freut sich auf den neuen Job in China: Felix Magath. picture alliance

Magath galt schon in seiner Zeit in der Bundesliga als nicht gerade zurückhaltend, was Transfers betraf. Beim FC Schalke investierte er innerhalb eines Tages etwa 27 Millionen Euro in die Dienste von Klaas-Jan Huntelaar und José Manuel Jurado. Zudem konnte er einen Weltstar wie Raul für Königsblau gewinnen. Gepaart mit dem chinesischen Geld hat sich bereits binnen kürzester Zeit angedeutet, was Magath anstrebt. Mit Pelle und Papiss Demba Cissé hat er den Sturm schon jetzt namhaft aufgerüstet.

Dem stehen die Ligakonkurrenten jedoch in Nichts nach: Stars wie Gervinho, Ezequil Lavezzi, Alex Teixeira, Ramires, Demba Ba oder Jackson kosteten zusammen über 150 Millionen Euro und verteilen sich über das ganze Land. Hulk alleine war Shanghai IPG 55 Millionen Euro wert. "All diese Deals sind Teil einer riesigen Finanz-Blase, die in naher Zukunft wohl nicht platzen wird", sagt David Hornby, Sportwirtschafts-Direktor der in Shanghai ansässigen Mailman Group: "Die ausufernden Investitionen werden noch mindestens zwei Jahre lang anhalten."

Schalke und Bayern sammeln positive Erfahrungen

Weil Geschäftsleute und Firmen den Fußball zudem als sichere Anlage deuten, investieren sie auch immer häufiger in europäische Klubs. So wird der Elektronik-Riese Suning für rund 270 Millionen Euro 70 Prozent der Anteile des 18-maligen italienischen Meisters Inter Mailand erwerben, auch Teile von Atletico Madrid oder Manchester City befinden sich dank Millionen-Investitionen bereits in chinesischer Hand.

Der Fußball-Boom bietet aber vor allem für die international vertretenen deutschen Teams auch große Chancen. Rekordmeister Bayern München oder der FC Schalke sind bereits zu Marketingzwecken nach Asien gereist und konnten ihre Bekanntheit so steigern. S04 strich durch die jüngste PR-Tour rund eine Million Euro an Reingewinn ein.

Was am Ende des Tages jedoch bleibt, sind die Bedenken, dass Ablösen und Gehälter nicht mehr nur durch die Premier League ins Utopische getrieben werden.

kon