Aus Kiew berichtet: Martin Gruener
Auf den Tag genau 13 Jahre nach seinem größten Triumph, geriet Steven Gerrard beim FC Liverpool zur Randfigur. Als Jürgen Klopp am späten Freitagnachmittag sein Team zum Training in Kiew auf den Rasen des Olimpijski-Stadions schickte, stand Gerrard im marineblauen Sommersakko im Innenbereich der Arena und schaute zu. Handshake mit den Spielern, ein Plausch mit Klopp, dann widmete sich Gerrard seinem Job als Experte eines TV-Senders, gemeinsam mit Landsmann Steve McManaman, der einst für Real Madrid spielte.
Trainersteckbrief Klopp
FC Liverpool - Die letzten Spiele
Real Madrid - Die letzten Spiele
FC Liverpool - Vereinsdaten
Gründungsdatum
15.03.1892
Vereinsfarben
Rot-Weiß
Real Madrid - Vereinsdaten
Gründungsdatum
06.03.1902
Vereinsfarben
Weiß-Blau
Das Jubiläum der magischen Nacht von Istanbul war auch so schon allgegenwärtig. Schließlich wurde tags zuvor das Endspiel 2020 wieder in die türkische Metropole vergeben. Klopp und seine Mannschaft aber treten in Kiew an, eine eigene Geschichte zu schreiben. Kapitän Jordan Henderson zum Beispiel, der aktuelle Mittelfeldchef, denkt weniger ans Erbe von Gerrard. "Es geht nicht um mich. Uns fehlt nur noch ein Schritt, um die Champions League zu gewinnen." Und Verteidiger Virgil van Dijk schiebt hinterher: "Wir brauchen keine Extra-Motivation. Nicht viele Spieler können in einem solchen Finale antreten." Der Niederländer ist erst seit Januar bei den Reds, stabilisierte die Abwehr erstaunlich schnell und tritt schon auf wie ein eingeborener Scouser. "Liverpool ist mein Team. Anfield ist meine Heimat", sagt van Dijk mit klarem Blick.
Klopp: entspannt und zuversichtlich
Klopp und Liverpool wirken ohnehin längst wie zwei, die sich gesucht und gefunden haben. Natürlich denkt er vor dem Endspiel am Samstag auch an das Wembley-Finale 2013 zurück, das er mit dem BVB damals knapp 1:2 gegen Bayern verlor. "Damals fühlte es sich als einmalige Chance im Leben an", womöglich sei er damals so angespannt gewesen wie noch nie. "Aber jetzt bin ich hier, weil mir meine Spieler diese Chance wieder gegeben haben." Klopp wirkt entspannt wie zuversichtlich auf dem Podium der internationalen Pressekonferenz.
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Und das, obwohl der Gegner Real Madrid heißt, in den vergangenen beiden Jahren der Triumphator in Europa. Gespickt mit Weltklasse und finaler Erfahrung. "Womöglich werden sie in der Sekunde vor dem Spiel etwas selbstsicherer sein. Aber das Spiel ist ja nicht nach einer Sekunde vorbei", sagt Klopp. Bei aller Größe eines solchen Finals, gehe es darum, sich etwas Alltag zu bewahren. "Schießen, Flanken, Kopfball, von mir aus auch ein Fallrückzieher". Ist ja nur Fußball. Auch wenn die ganze Welt zusehen wird.
Real "hat noch nicht gegen uns gespielt"
Den Druck zu nehmen, das sei nun eine seiner wichtigsten Aufgaben. Schon vor langer Zeit habe Klopp mit dem Team einen Deal geschlossen: "Ich bin verantwortlich für Niederlagen, sie für Siege. Also haben sie nichts zu verlieren." Lieber erinnert er an den außergewöhnlichen Lauf, der sein Team über Manchester und Rom ins Finale von Kiew brachte. "Die vielen Tore, die teils herausragenden Ergebnisse daheim wie auswärts." Sein Team habe sich stets an das nächst höhere Level angepasst. Und auch Real sei gewarnt: "Sie haben noch nicht gegen uns gespielt."
Im Finale aber freilich soll sein Team bei aller mutmaßlichen Nervosität auch gegen den Titelverteidiger den aktiven Part übernehmen. Den Gegner mit den eigenen Stärken schlagen, will Klopp, der kurzfristig keine Ausfälle mehr zu beklagen hat. Auch, dass Mohamed Salah durch das Fasten im Ramadan womöglich leicht geschwächt ins Finale gehe, glaubt er nicht. "Alles okay. Mo ist voller Power." Genau wie Emre Can. Der von Juventus umworbene Mittelfeldspieler stand bei der abschließenden Einheit in Kiew nicht wie Gerrard am Rand, sondern mitten auf dem Platz.
