EM

O'Neill: "Wir glauben, dass wir ihnen weh tun können"

Ärgert Zwerg Nordirland den Giganten Deutschland?

O'Neill: "Wir glauben, dass wir ihnen weh tun können"

Hat seinen Plan für das Deutschland-Spiel bereits im Kopf: Nordirlands Coach Michael O'Neill.

Hat seinen Plan für das Deutschland-Spiel bereits im Kopf: Nordirlands Coach Michael O'Neill. picture alliance

"Die Bühne ist bereit, Paris eine tolle Stadt, das Stadion fantastisch und der Gegner der Weltmeister in einem großen Turnier. Geht es besser?", fragt Kapitän Steven Davis vor der Partie im Pariser Prinzenpark (18 Uhr, LIVE! bei kicker.de) in seiner Kolumne im "Belfast Telegraph". Freilich ist die Antwort überflüssig. Die Fans in der Heimat, die Fans in der Stadt, die Fans im Stadion, das Trainerteam, die Betreuer und die Mannschaft - allesamt sind sie heiß aufs Duell mit der DFB-Elf.

Kaum zu glauben: Noch vor drei Jahren blamierte sich Nordirland in der WM-Qualifikation gegen Luxemburg mit 2:3. Jetzt spielt die "Green and White Army" erstmals bei einer EM, hat mit dem 2:0 gegen die Ukraine bereits Geschichte geschrieben und will nun noch mehr. Das Achtelfinale ist zum Greifen nahe.

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"Wir haben 30 Jahre auf einen solchen Erfolg gewartet", sagt Gerry Armstrong. Der heute 62-Jährige schoss bei der WM 1982 das Tor zum legendären 1:0-Sieg gegen Gastgeber Spanien, vier Jahre später war Nordirland letztmals bei einem großen Turnier dabei. "Die EM-Qualifikation war schon das Wunder. Alles, was noch kommt, ist eine fantastische Zugabe", so Armstrong im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung", in dem er einen Einblick in das mit 1,8 Millionen Einwohnern kleine Land gibt. "Wir sind ein Dorf im Grunde, in dem jeder jeden kennt."

O'Neill hegt Hoffnung auf die Sensation

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Vor allem aber kennt sich das Team: Der gesamte Kader zieht an einem Strang, alle geben alles für den Erfolg. Deswegen rechnen sich die Nordiren nun auch gegen Deutschland einiges aus - sich geschlagen geben passt nicht zur Mentalität. "Klar, sie sind Weltmeister. Aber wir haben die letzten Spiele der Deutschen gesehen und kennen ihre Schwächen", sagte Coach O'Neill am Montagabend in Paris. "Wir glauben, dass wir ihnen weh tun können."

Gerade weil die DFB-Elf zuletzt beim 2:0 gegen die Ukraine und beim 0:0 gegen Polen nicht vollends überzeugen konnte, ist die Hoffnung sogar noch einen Tick größer. "Seit der WM hatten sie einige Veränderungen in der Mannschaft. Wir müssen diese Schwäche ausnutzen. Keine Mannschaft ist perfekt."

Michael O'Neill (links)

Hat seinen "Laden" im Griff: Nordirlands Coach Michael O'Neill. picture alliance

Einen besonderen Dank richtete O'Neill an die Fans aus der benachbarten Republik Irland. "Wir haben zuletzt tolle Szenen gesehen, von der ganzen Insel. Es ist schön, dass wir Fans von beiden Seiten der Grenze vereinigen konnten", sagte der 46-Jährige. Dabei geholfen habe wohl auch der Kult-Song "Will Grigg's on fire!" von Stürmer Will Grigg, der inzwischen auch von vielen anderen Fangruppen gesungen wird.

Auch Mittelfeldspieler Davis wurde am Rande noch auf den Song angesprochen und lobte den Hit als "gelungen", gab aber auch zu: "Wir haben das Lied jetzt schon sehr oft gesungen. Jetzt hängt er uns doch bald zu den Ohren raus."

"Das ist kein Glück. Das ist genial."

Trainer O'Neill hängt den Nordiren jedenfalls nicht zu den Ohren raus. Ein Abgang scheint trotzdem denkbar - trotz Vertrag bis 2020. "Wir wollen, dass Michael sehr lange bei uns bleibt. Aber klar ist auch: Je mehr gute Entscheidungen er trifft, desto größer wird das Interesse an ihm", sagte Präsident Jim Shaw über den Sympathieträger des ganzen Landes. Auslöser der Euphorie war das 2:0 gegen die Ukraine am vergangenen Donnerstag. Mit dem ersten Sieg einer nordirischen Nationalmannschaft bei einer EM wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass das Achtelfinale vor der Partie gegen den Weltmeister in Reichweite ist.

Wenn uns im Oktober jemand gesagt hätte, wir spielen gegen den Weltmeister in Paris und können mit einem Sieg sogar Gruppenerster werden - das hätten wir sofort unterschrieben.

Nordirlands Trainer Michael O'Neill

Ein Erfolgserlebnis gegen Deutschlands Weltmeister Jerome Boateng, Mats Hummels, Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos, Thomas Müller & Co. würde die gesamte Euphorie auf ein ungeahntes Niveau hieven - und O'Neill (seit 2012 im Amt) noch weiter attraktiv machen. Und das alles nach seinem schwachen Start: In den ersten 25 Monaten absolvierte Nordirland 18 Spiele unter seiner Führung. Die Zahl der gewonnenen Spiele in dieser Zeit: eins. Tiefpunkt war das eingangs beschriebene 2:3 gegen Luxemburg in der Qualifikation zur WM 2014. Was seitdem passierte, fasste Davis kurz und knapp zusammen: "Er lässt keinen Stein auf dem anderen. Wir kennen den Gegner sehr gut, die Schwächen und Stärken." Der "Belfast Telegraph" ergänzte: "Das ist kein Glück. Das ist genial."

mag/sid