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Klopp schockt Mourinho - "Natürlich fühle ich mit ihm"

Liverpool bringt Chelseas Trainer in Bedrängnis

Klopp schockt Mourinho - "Natürlich fühle ich mit ihm"

In luftiger Höhe: Jürgen Klopp jubelt ausgelassen an der Stamford Bridge - ein Ordner schaut entgeistert.

In luftiger Höhe: Jürgen Klopp jubelt ausgelassen an der Stamford Bridge - ein Ordner schaut entgeistert. imago

Erster Coup für Jürgen Klopp! Am Samstagmittag nahm er mit dem FC Liverpool alle drei Punkte beim kriselnden Meister FC Chelsea mit - 3:1 hieß es nach 0:1-Rückstand für "The Normal One" gegen "The Special One". Sein erster Sieg in der Premier League, sein fünftes Pflichtspiel ohne Niederlage, zeigte, dass er schon etwas bewirkt hat: Seine Reds drehten mit Leidenschaft und spielerischen Akzenten ein Spiel gegen den Gegner, gegen den sie zuvor acht Partien hintereinander nicht gewonnen hatten.

Coutinho mit links, Coutinho mit rechts

"Haben Chelseas Spieler vergessen, wie man Fußball spielt? Nein, natürlich nicht!", hatte Klopp vor dem Spiel gewarnt - die Bestätigung folgte prompt: Mit ihrem ersten Angriff gingen die Blues in Führung, weil Azpilicueta völlig unbedrängt flanken und Ramires in der Mitte ohne Druck köpfen durfte (4.). Liverpool, zunächst mit der "falschen Neun" Firmino als einzigem Angreifer, schüttelte sich kurz und fand dann rasch ins Spiel. Bei über 60 Prozent Ballbesitz suchten die Reds den Weg nach vorne, doch selbst der vielversprechendste Abschluss (Lallana, 26.) war keine Herausforderung für Keeper Begovic. Chelsea verteidigte aufmerksam - mit einer Ausnahme: Als die zweiminütige Nachspielzeit bereits um 30 Sekunden überschritten war, durfte Firmino ohne Druck Landsmann Coutinho am Strafraumrand an. Eine Körpertäuschung und einen Schlenzer später stand es 1:1 (45.+3)!

Das Protokoll

Nach der Pause wurde die Partie zunehmend ruppiger: Costa hatte Glück, dass er nach einem Foul von Skrtel an ihm für seinen Tritt im Fallen nicht runter musste (65.), Lucas ebenfalls, als sein Foul gegen Ramires nicht die fällige zweite Gelbe Karte nach sich zog (68.). Mourinho, schon zuvor von der grundlos verlängerten Nachspielzeit genervt, lachte sich an der Seitenauslinie darüber kaputt. Oscar richtete mit einer tollen Aktion den Fokus wieder aufs Spiel selbst, als er Mignolet mit seinem Schuss nur wenige Meter jenseits der Mittelline fast überlupfte (72.).

Chelsea-Fans feiern Mourinho bis zum Schluss

Zwei Minuten später wackelte das Netz - auf der Gegenseite! Benteke, inzwischen genau dafür eingewechselt worden, brachte mit einem gewonnenen Kopfballduell Coutinho in Position, der erneut mit einer Körpertäuschung und einem Schlenzer erfolgreich war, diesmal mit rechts, diesmal noch leicht abgefälscht von Terry (74.). Chelsea reagierte geschockt, Klopps Elf blieb am Drücker. Die Folge: der 3:1-Endstand durch Benteke, den Terry und Cahill im Strafraum einfach nicht attackieren wollten (83.). Klopp jubelte ausgelassen, Mourinho schaute perplex drein: Für den Portugiesen wird es nach nur elf Punkten aus elf Spielen nun richtig eng, auch wenn ihn die Fans bis zum Schluss mit Sprechchören feierten.

Ich habe nichts zu sagen. Ich habe nichts zu sagen.

José Mourinho

Wie tief hat Mourinho die sechste Saisonniederlage getroffen? So sehr: "Ich habe nichts zu sagen", antwortete er genervt direkt nach dem Spiel auf jede Frage des TV-Reporters. Als dieser wissen wollte, ob die Fans nicht einer Erklärung verdient hätten, sagte der angezählte Coach nur: "Die Fans sind nicht dumm." Später gab er sich etwas auskunftsfreudiger, sprach davon, ab Sonntag das Champions-League-Spiel gegen Dynamo Kiew am Mittwoch vorbereiten zu wollen. Und "nein", er glaube nicht, dass es sein letzter Monat als Chelsea-Trainer war. "Natürlich geht der Kampf weiter", sagte er und fügte mit indirektem Bezug zur Referee-Entscheidung bei Lucas' zweitem Foul hinzu: "Doch es gibt Kämpfe, die kann man nicht gewinnen." Weit nach Schlusspfiff kehrte er mit seinem Trainerteam überraschend noch einmal auf den Rasen zurück und diskutierte dort wort- und gestenreich - Thema unklar.

Klopp: "Ich hatte letztes Jahr in Dortmund eine ähnliche Situation"

Klopp, der von einem "verdienten" Sieg sprach, sprang seinem geschätzten Kollegen zur Seite: "Natürlich fühle ich mit ihm. Ich glaube, niemand in diesem Raum bezweifelt, dass er einer der besten der Welt ist. So was passiert, ich hatte letztes Jahr in Dortmund eine ähnliche Situation. Das Gute war, dass niemand im Klub an mir gezweifelt hat." Doch gilt das nach diesem Samstag auch für Mourinho noch?

jpe