Champions League

Heimatlos: Bei Schachtar ist nichts wie früher

An Fußball denkt in Donezk derzeit kaum noch jemand

Heimatlos: Bei Schachtar ist nichts wie früher

Müssen sich in schwierigen Zeiten irgendwie auf das Sportliche konzentrieren: Luiz Adriano (l.) und Kollegen.

Müssen sich in schwierigen Zeiten irgendwie auf das Sportliche konzentrieren: Luiz Adriano (l.) und Kollegen. imago

An Fußball denkt in Donezk kaum noch jemand. Auch Schachtar ist vor dem Krieg längst geflohen und derzeit heimatlos. Vor der hochmodernen Donbass-Arena (2012 noch EM-Spielort), die inzwischen als Lebensmittel-Nachschubbasis dient, stehen Panzer, das Trainingszentrum Krisha wurde teilweise zerstört. Im Alltag des Ausnahmezustands erledigt der Serienmeister seine Geschäfte von einer provisorischen Zentrale in Kiew aus, wo auch trainiert wird.

Von Heimvorteil kann man nicht wirklich sprechen, wenn Schachtar am Dienstag Bayern empfängt. Die Partie findet in Lwiw statt, ganz im Westen des Landes - knapp 1200 Kilometer von Donezk entfernt. Die Sympathien, die Schachtar beim örtlichen Publikum genießt, sind vorsichtig gesagt überschaubar. Die Daumen drückt den Ost-Ukrainern kaum jemand.

Champions League - Achtelfinale
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Schachtar Donezk - Vereinsdaten
Schachtar Donezk

Gründungsdatum

12.05.1936

Vereinsfarben

Orange-Schwarz

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Bayern München - Vereinsdaten
Bayern München

Gründungsdatum

27.02.1900

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Auch die Bayern machen sich Gedanken

Auch bei Achtelfinalgegner Bayern drehen sich die Gedanken vor dem Trip in die Ukraine natürlich nicht nur ums Sportliche. "Diese Situation ist irgendwie surreal. Man weiß, dass dort dieser schreckliche Krieg ist, realisiert es aber nicht so, weil man so eine schlimme Situation nicht kennt - Gott sei Dank nicht kennt. Es ist ein ganz komisches Gefühl", sagte Thomas Müller im großen kicker-Interview : "Es ist schwer zu begreifen und ein eigenartiges Empfinden, gegen eine Mannschaft zu spielen, die in einem Kriegsgebiet beheimatet ist." Teamkollege Arjen Robben erklärte am Montag: "Wir sind zwar Fußballspieler, aber wir sind erst Menschen. Das geht jedem ans Herz." Man könne in so einer Situation "da nicht hinfahren und blendet das alles aus".

Reisestrapazen in der Vorbereitung - Luiz Adriano optimistisch

Schachtar steht vor der Zerreißprobe, seine Zukunft ist derzeit völlig offen. Fast alle Spieler wurden in der Winterpause mit einem Wechsel in Verbindung gebracht. Auch die Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte, die für den Klub mit den Duellen gegen Bayern beginnt (die Liga startet erst am 28. Februar wieder), verlief für Trainer Mircea Lucescu nicht nach Wunsch. Zu Beginn des Jahres war der Klub auf PR-Reise in Brasilien unterwegs - das brachte vor allem Reise- und Klimastrapazen mit sich. "Die Distanzen zwischen den Spielorten waren zu groß. So blieb uns kaum Zeit für ein ordentliches Training", meckerte Lucescu: "Insgesamt war der Brasilien-Trip eher ein schlechter Witz."

Immerhin verlief der zweite Teil der Vorbereitung in Spanien besser. Drei Siege und ein Unentschieden gab es in den vier Testspielen. Seit vergangenem Mittwoch bereitet sich das Team wieder auf den Anlagen des ukrainischen Verbandes in Kiew auf das Achtelfinale vor.

Schachtar kann die Bayern durchaus gefährden. Die Mannschaft zeichnet schon seit langem vor allem eine offensive Spielphilosophie aus.

Henrikh Mkhitaryan, 2013 von Schachtar nach Dortmund gewechselt

Trotz der schwierigen Umstände geben sich die Schachtar-Profis optimistisch. "Wir sind bereit für Bayern!", verkündete Luiz Adriano, der im Januar mit einem Wechsel zum AS Rom in Verbindung gebracht worden war. Mit neun Treffern ist der Brasilianer, einer von 13 im Kader, derzeit bester Torschütze im laufenden Wettbewerb. Landsmann Taison meint: "Keine Angst, wir verfügen über ein starkes Team und vor allem über einen sehr guten und erfahrenen Trainer." Auch Robben warnt: "Ich weiß, dass wir diese Mannschaft nicht einfach im Vorbeigehen schlagen werden."

ski/sid