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Plötzlich Schlabberlook? Meister FC Chelsea im kicker-Check

Premier-League-Check, Teil 2

Plötzlich Schlabberlook? Meister Chelsea im Check

Will eine "Mourinho-Saison" vermeiden, doch erste Parallelen gibt es schon: Chelsea-Trainer Antonio Conte.

Will eine "Mourinho-Saison" vermeiden, doch erste Parallelen gibt es schon: Chelsea-Trainer Antonio Conte. picture alliance

Im Community Shield trug Antonio Conte, einer der bestgekleideten Trainer der Premier League, plötzlich einen Trainingsanzug, sein weißes Shirt lugte unordentlich unter der Jacke hervor. Das reicht gerade, um die Sorgen beim FC Chelsea auf den Punkt zu bringen.

"Wir wollen eine Mourinho-Saison vermeiden" - so lautete beim Titelverteidiger der Satz schlechthin in der Sommerpause, ausgesprochen von Trainer Conte: Nach den letzten Meisterschaften, 2010 unter Carlo Ancelotti und 2015 unter José Mourinho, folgten schleichend (2010) oder sofort (2015) Einbrüche, 2016 wurde Chelsea Zehnter. Und 2018?

FC Chelsea - Vereinsdaten
FC Chelsea

Gründungsdatum

01.09.1905

Vereinsfarben

Blau-Weiß

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Plötzlich muss sich Conte mit Verletzungen auseinandersetzen

Mit sieben Punkten Vorsprung gewann Chelsea in der letzten Saison den Titel, weil kein Team so ausbalanciert, so taktisch perfekt eingestellt war; aber auch weil Verletzungspech weitgehend, die Dreifachbelastung gänzlich fehlte. Und Chelsea scheint jetzt, da es sich mit diesen beiden Bereichen auseinandersetzen muss, nicht gerüstet zu sein.

Hazard, der offensive Titelgarant, fehlt mit einer Knöchelverletzung noch wochenlang, Bakayoko, der den Platz von Matic (zu Manchester United) einnehmen soll, ebenfalls. Die Abwehr wurde mit Rüdiger (AS Rom) und Rückkehrer Christensen (Gladbach) zwar aufgewertet, sonst ging auf dem Transfermarkt aber so ziemlich alles schief für Conte: Lukaku gab plötzlich ManUnited den Vorzug , Bonucci dem AC Mailand. Und Torjäger Costa, dem Conte per später veröffentlichter SMS mitteilte, dass er keine Rolle mehr spielt, ist immer noch da.

Costa könnte Chelsea noch vermissen, nicht nur seine Tore

Für 80 Millionen Euro kam zwar statt Lukaku Morata (Madrid), er ist Costas jüngerer (24 statt 28) und beweglicherer Nachfolger. Doch bis sich der Spanier, der als Profi noch nie eine Saison als Stammspieler erlebte, an die Premier League gewöhnt hat, kann es dauern. Costas 20 Ligatore sind eine Hypothek. Doch vor allem seinen unangenehmen, aber stets mitreißenden Siegeswillen, die Fähigkeiten, halbe Abwehrreihen zu binden, dürfte Chelsea noch vermissen.

Überhaupt: Schon in der Vorsaison verfügte Conte, der nicht als Freund der Rotation gilt, vielleicht über 13, 14 Top-Leute, das ist jetzt trotz bevorstehender Champions-League-Strapazen kaum anders. "Wir müssen einfach hoffen, dass sich nicht viele verletzen", räumte der neue Kapitän Cahill nach dem 1:4 i.E. gegen Arsenal ein, bei dem kein Neuzugang in der Startelf stand. Auch nach dem Titel 2015 startete Chelsea mit einer Community-Shield-Niederlage gegen Arsenal (0:1), auch damals wirkten die Blues seltsam lethargisch, auch damals trug Trainer Mourinho, Achtung, auf einmal Schlabberlook. Genau wie die Saison, die darauf folgte.

Die neue Saison droht unausgereift zu werden wie Contes neuer Vertrag

Taktikfuchs Conte ist zuzutrauen, die Lethargie (nur ein Sieg in der Vorbereitung) getilgt und seinen Anzug gebügelt zu haben, wenn es um die wirklichen Trophäen geht; weitere Neuzugänge sind ebenfalls zu erwarten. Dass seine Familie jetzt bei ihm in London wohnt - so hatte er das jedenfalls im Mai angekündigt -, dürfte dem Italiener die Arbeit erleichtern. Dafür ist das Verhältnis zur Klubführung nach diesem turbulenten Sommer offenbar nicht mehr unbelastet, sein sonderbarer neuer Vertrag mit mehr Salär, jedoch ohne Verlängerung dafür der beste Beweis.

Genauso unausgereift droht, Stand jetzt, auch Chelseas neue Spielzeit zu werden: In der Mannschaft steckt noch mehr Geld, sonst aber hat sich kaum etwas verändert, obwohl jeder etwas anderes erwartet hatte. Auch der Saisonauftakt mit Spielen gegen Tottenham (auswärts, 2. Spieltag), Everton (H, 3.), Arsenal (H, 5.) und ManCity (H, 7.) spricht für ein schwieriges zweites Jahr. Eine "Mourinho-Saison" muss es deswegen aber noch lange nicht werden.

Jörn Petersen

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