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Özils neue Klasse - Klopps erzwungener United-Konter

9. Spieltag: Mourinho kehrt an die Stamford Bridge zurück

Özils neue Klasse - Klopps erzwungener United-Konter

Mögen und fördern attraktiven Fußball: Spurs-Coach Mauricio Pochettino (l.) und Bournemouths Eddie Howe (r.).

Mögen und fördern attraktiven Fußball: Spurs-Coach Mauricio Pochettino (l.) und Bournemouths Eddie Howe (r.). imago

Howe gegen Pochettino - das heimliche Topspiel

Ja, am Sonntag trifft Chelsea auf Manchester United, ein alter Klassiker. Weniger staubig jedoch klingt das Spiel, das am Samstagmittag (13.30 Uhr) den neunten Premier-League-Spieltag eröffnet: Titelaspirant Tottenham Hotspur gastiert beim elftplatzierten Underdog Bournemouth, es ist das Duell zweier aufregender Trainertalente. Hier Mauricio Pochettino (44), der die Spurs zu einer wuchtigen Umschaltmaschine mit felsenfester Defensive geformt hat; dort Eddie Howe (38), der den finanzkräftigeren Konkurrenten mit attraktivem, technisch starkem Fußball trotzt und längst als Englands Nationaltrainer der Zukunft gilt.

Gegen Tottenham muss Howe, der Bournemouth erstmals 2009 als 31-Jähriger trainiert hatte und nach einem Intermezzo in Burnley (Januar 2011 bis Oktober 2012) wieder zurückgekehrt war, womöglich auf seinen wohl wichtigsten Mittelfeldspieler verzichten, den irischen Irrwisch Arter. Auch Tottenham hat in dieser Saison immer wieder Ausfälle zu verkraften (Kane, Lloris, Walker, aktuell Alderweireld), verfügt aber inzwischen über einen meisterhaft tiefen Kader ( siehe Son - siehe Wimmer ). "Wir können fast jeden Ausfall auffangen. Kein Kader in der Liga ist besser", befand Abwehrmann Vertonghen nach dem 0:0 in Leverkusen, das er gleich als Zeichen der neuen "Reife" wertete: "Früher hätten wir solch ein Spiel verloren."

Sanchez hilft Özil: Was Arsenal alles stark macht

Mesut Özil jubelt in der Champions League

Ist auf den Geschmack gekommen: Mesut Özil ist jetzt auch Torjäger bei Arsenal - das hat Gründe. picture alliance

Daran erinnerte er am Freitag gerne noch mal: Nach drei Spieltagen hätten alle gedacht, ManUnited und ManCity würden dem Rest in der Tabelle davonlaufen, sagte Arsene Wenger da mit Genugtuung; wohlwissend, dass sein FC Arsenal am Samstag (16 Uhr) - ohne den gesperrten Xhaka - gegen den 17. Middlesbrough wahlweise den siebten Liga- oder den neunten Pflichtsieg in Folge feiern könnte. Primus ManCity ist nur noch um ein Tor besser, United schon um fünf Zähler abgehängt.

Erfolgsfaktoren gibt es viele. Die vielleicht wichtigsten drei: Verletzte gibt es kaum, Mustafi hat sich gleich als Stabilisator erwiesen - und vorne stürmt nicht mehr der kantige Giroud, sondern der wuselige Sanchez. Das Offensivspiel wirkt seitdem flüssiger, die Arbeit nach hinten kompakter, und Walcott und Özil kommen noch besser zur Geltung. Beide sind in Topform: "Özil trainiert eifrig seine Abschlüsse. Er hat sein Spiel als Vorbereiter wahrgenommen, jetzt kommt er langsam auch auf den Geschmack des Toreschießens", sagte Wenger zwei Tage nach dessen Tor-Gala in der Königsklasse . Und Walcott hat jetzt schon mehr Tore geschossen als in der ganzen Vorsaison (8:7 Tore bei 10:35 Pflichtspielen). Doch Wenger weiß nur allzu gut: "Wir müssen diese Qualitäten, diese Energie zehn Monate lang zeigen. Das hängt von den Spielern ab, von mir und von Verletzungen."

Klopp: ManUnited wie West Brom

Es war mal wieder eine dieser Fragen, an denen Jürgen Klopp "nicht mal zu einem Prozent interessiert" ist. José Mourinho hatte Liverpool nach dem 0:0 im Duell mit ManUnited spöttisch als "letztes Weltwunder im Fußball" bezeichnet , die Ballbesitznachteile seiner Elf (35:65) für seine Zwecke genutzt. Klopps Reaktion: "Man kann das Spiel nach dem Spiel nicht mehr gewinnen, das habe ich schon früh in meiner Karriere gelernt." Und doch fuhr Liverpools Trainer einen hübschen Konter - indem er schlicht die Wahrheit aussprach.

"Wir sind eine fußballspielende Mannschaft, Manchester United war physischer", habe viele lange Bälle gespielt. "Diese Bälle zu verteidigen, war sehr wichtig gegen United und wird im nächsten Spiel sehr wichtig sein. Man kann immer ein paar Dinge vom letzten Spiel nutzen", sagte Klopp. ManUnited war also die perfekte Vorbereitung aufs Heimspiel am Samstag (18.30 Uhr) gegen West Bromwich und Trainer Tony Pulis, der für seinen Fußball der einfachen Mittel - lange Bälle, Körperlichkeit, Kompaktheit, Standards - berüchtigt ist. Eine Feststellung, die jedem United-Fan wehtun muss, zu der Mourinho Klopp aber mit seinem destruktiven Ansatz in Anfield schon beinahe gezwungen hatte . Gut möglich, dass Klopp auch in der Sturmbesetzung seine Lehren aus dem United-Spiel gezogen hat: Sturridge droht die Rückkehr auf die Bank.

Wirre Aguero-Spekulation - Guardiolas spannender Kniff verpufft

Manchester City ist ohne Bankdrücker Aguero mit 0:4 in Barcelona untergegangen - also ist er wohl der Nächste, der bald vor Pep Guardiola fliehen wird: So lauteten die einfachen Schlussfolgerungen der englischen Boulevardpresse nach dem Champions-League-Duell am Dienstag. Dabei verkannte sie völlig, dass City lange mindestens gleichwertig war, Guardiola hatte seinen Ex-Klub mit seinem taktischen Kniff - Aguero raus, De Bruyne als falsche Neun - sichtlich überrascht.

Folgenschwere Patzer hinten und schludrige Abschlüsse vorne verhinderten letztlich einen Punktgewinn, es war doppelte Ironie: Aguero, dessen Fehlen der Gesamtbalance gegen diesen Gegner womöglich zuträglich war, hätte einige der Chancen sicher mühelos genutzt; und Torwart Bravo, geholt wegen seines Könnens mit dem Fuß, patzte mit dem Fuß. Am Sonntag (14.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de) gegen das formstarke Southampton werden beide in der Startelf erwartet.

Heißkalter Empfang für Mourinho - Rooneys zweifelhafte Zurückhaltung

Chelsea-Fans

Viele Chelsea-Fans verehren ihn noch immer: Am Sonntag kehrt José Mourinho an die Stamford Bridge zurück. picture alliance

Wenn José Mourinho am Sonntag (17 Uhr, LIVE! bei kicker.de) erstmals seit seiner unrühmlichen Entlassung an die Stamford Bridge zurückkehrt, darf er mit einem heißkalten Empfang rechnen. Während viele Fans ihren "Special One" immer noch lieben, wird ihn Chelsea diesmal wie jeden anderen Auswärtstrainer behandeln. Man munkelt, dass Mourinho anders als bei seiner ersten Amtszeit diesmal vor allem hinter den Kulissen ein gewisses Chaos hinterlassen habe.

Beim Duell Fünfter gegen Siebter (ManUnited gewann nur eines der letzten fünf Ligaspiele) haben beide Seiten wahrlich nichts zu verschenken - das war bei Rooney am Donnerstag offenbar noch anders: Binnen drei Minuten gab es zweimal Elfmeter für United, doch warum schoss Chefschütze Rooney keinen davon? "Als er jünger war, wollte er immer treffen, war zum Äußersten entschlossen", kritisierte TV-Experte Michael Owen den Kapitän, der sich beim ersten Pfiff den Ball geschnappt, ihn nach kurzer Diskussion aber Pogba überlassen und beim zweiten Pfiff sofort für Martial das Feld geräumt hatte. Dabei fehlen ihm nur noch drei Tore, um den Allzeit-United-Rekord von Bobby Charlton (249 Treffer) einzustellen.

"Ich habe großen Respekt, dass ein Spieler wie er, unser Kapitän, mich den Elfmeter hat schießen lassen", sagte Pogba. Einerseits ehrt es Rooney wohl, dass er dem zuletzt arg kritisierten 105-Millionen-Euro-Mann ein wenig Ruhe verschaffte; andererseits passt die ungewohnte Zurückhaltung in das Bild, das Rooney gerade abgibt: Er ist nicht mehr der, der er mal war. Gegen Chelsea wird er ohnehin höchstwahrscheinlich wieder auf der Bank beginnen.

jpe