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Benitez-Beben: Anruf bei Ramos und Benzema-Debatte

Real-Coach hat nach Stadtderby etliche Brandherde zu löschen

Benitez-Beben: Anruf bei Ramos und Benzema-Debatte

Eingefrorene Miene: Karim Benzema (#9) ist über seine Auswechslung not amused.

Eingefrorene Miene: Karim Benzema (#9) ist über seine Auswechslung not amused. imago

Biederes Real spielt "mit der Fernbedienung"

Die Defensive von Real Madrid steht in dieser Saison sattelfest, erst zwei Gegentreffer mussten die Blancos in der Primera Division schlucken. Der Beton, den Raphael Varane & Co. regelmäßig anrühren, geht aber zu Lasten der großen Offensivpower. 15 eigene Treffer täuschen über diesen Eindruck hinweg, bis auf die zwei krachenden Siege über Real Betis (5:0) und Espanyol Barcelona (6:0) lief vorne nicht viel zusammen. Zwei ungewohnte Nullnummern gegen Gijon und Malaga waren der erste, das zähe 1:1 gegen Atleti der jüngste Eindruck des biederen Reals.

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Im Kreuzfeuer der Kritik: Coach Benitez. Die spanische Zeitung "El Pais" lästerte zuletzt, der gebürtige Madrilene bevorzuge das "Spiel mit der Fernbedienung". Damit ist speziell die konservative, biedere Spielweise von Real gemeint, die nicht mehr wie in den letzten Jahren den großen Offensivgeist versprüht. Zusätzlich spricht die stabile Defensive nicht nur für die verbesserte Abwehrarbeit, mehrere Male durften sich die Königlichen bei Keeper Keylor Navas bedanken, dass man den Platz ohne Gegentor verließ. Nachweis dafür: Bis zum Derby am Sonntag hatte der Costa Ricaner 94,7 Prozent der Schüsse auf sein Tor abgewehrt, dazu einige Großchancen vereitelt. Auch zwei gehaltene Elfmeter gehen auf das Konto des Real-Schlussmanns, der kurz vor der Wechselfrist eigentlich zu Manchester United hätte transferiert werden sollen.

Casillas: "Hoffe, Keylor begeistert Real so sehr, wie ich es einst tat"

Ließ sich nach dem gehaltenen Elfmeter von den Kollegen zurecht feiern: Real-Schlussmann Keylor Navas (grünes Trikot).

Ließ sich nach dem gehaltenen Elfmeter von den Kollegen zurecht feiern: Real-Schlussmann Keylor Navas (grünes Trikot). imago

Einen davon hielt er gegen Real Betis, den zweiten am Sonntag gegen Rivale Atletico. Navas rettete in der 22. Minute gegen Antoine Griezmann und damit Real die Führung, die bis sieben Minuten vor dem Ende Bestand hatte. Es war auch nur dem 28-Jährigen zu verdanken, dass die Blancos am Ende nicht als Verlierer vom Feld schleichen mussten. Seine großartige Parade beim Strafstoß spielte er hinterher herunter: "Man studiert und trainiert das. Gott half mir, die Entscheidung zu treffen und den Elfmeter zu halten." Der gläubige WM-Held von 2014 übte sich derweil viel lieber in Demut. "Ich will viele Jahre bei Real bleiben, denn wenn man nach Madrid kommt, ist es das Ziel, sich dort zu halten. Du bist bereits dort angekommen, wo du in deiner Arbeit ankommen kannst: ganz oben."

Anfang der Woche rief Navas' Leistung auch Ex-Keeper Iker Casillas auf den Plan. "Keylor befindet sich in einer fantastischen Form, er spielt eine sehr gute Saison", so "San Iker", der selbst von 1999 bis zum vergangenen Sommer das Real-Tor hütete. Die an ihm aufkeimende Kritik in der spanischen Hauptstadt ließ Casillas an sich abprallen: "Ich habe nicht gehört, dass gesagt wird, dass Madrid nun einen Torhüter hat. Diese Kommentare stören mich nicht. Es sind jetzt andere Leute, die den Madridismo begeistern sollen. Ich hoffe, Keylor begeistert Real so sehr, wie ich es einst tat."

Ramos: "Das war ein schülerhafter Fehler"

Speziell Kapitän Sergio Ramos war Navas nach dem Derby, in dem er trotz vier anberaumter Wochen Zwangspause nach nur 14 Tagen wieder aufgelaufen war, zu Dank verpflichtet. Der 29-Jährige hatte in der 21. Minute erst einen kapitalen Fehlpass gespielt, ehe er auch den Strafstoß mit einer Grätsche verschuldete. "Das war ein schülerhafter Fehler", erklärte Ramos selbstkritisch: "Wir alle begehen Fehler und niemand tut das gewollt. Daraus lernen wir."

Wer nicht bereit ist, sollte daran denken, den Klub oder den Beruf zu wechseln.

Kapitän Sergio Ramos über die einprasselnde Kritik

Trainer Benitez sah das ein Stück weit anders, er watschte Ramos nach dem Spiel öffentlich ab. "Was mich am meisten aufgebracht hat, war der Fehler von Ramos, er darf nicht einen solch unnötigen Pass riskieren", polterte Benitez. Er selbst wollte am Ende aber gar nicht mehr drei Zähler mitnehmen, sondern war mit dem Remis einverstanden. Für Angreifer Karim Benzema brachte er den zentralen Mittelfeldspieler Mateo Kovacic. Die Negativschlagzeilen der Presse quittierte Kapitän Ramos hinterher mit den Worten: "Real ist so. Man spricht über meinen Fehler, über die Wechsel des Trainers. Das ist Madrid. Man muss für das Gute und das Schlechte bereit sein und wer nicht bereit ist, sollte daran denken, den Klub oder den Beruf zu wechseln."

Daraufhin soll nach Informationen der "Marca" Benitez direkt zum Hörer gegriffen haben, um etwaige Missverständnisse mit Ramos aus der Welt zu räumen - und ihm seine Meinung zu sagen. Weil beim Innenverteidiger nach den 90 Derbyminuten am Dienstag die Schulterverletzung wieder aufgebrochen war und er folglich von der Nationalmannschaft abreisen musste , trafen sich Benitez und Ramos am Mittwochmorgen zum Vier-Augen-Gespräch. Die beiden sollen sich dabei wieder angenähert haben und versprachen, ähnliche öffentliche Fehden zu vermeiden.

Wollen künftig öffentliche Fehden vermeiden: Real-Kapitän Sergio Ramos und Coach Rafa Benitez.

Wollen künftig öffentliche Fehden vermeiden: Real-Kapitän Sergio Ramos und Coach Rafa Benitez. imago

Die spanische Presse wird aber auch in Zukunft kein Blatt vor den Mund nehmen. Das zurückhaltende Auftreten beim Madrid-Duell führte dazu, dass Benitez als "Defensivtrainer" abgestempelt wurde. Daraufhin meldete sich ausgerechnet Atleti-Angreifer Fernando Torres, der sowohl beim FC Liverpool als auch beim FC Chelsea unter Benitez trainierte, zu Wort: "Ich kenne Rafa verdammt gut, wir arbeiteten fast vier Jahre lang bei zwei verschiedenen Vereinen zusammen. Ich kann behaupten, dass er keineswegs defensiv ist. Wenn sie ihn bei Real arbeiten lassen und ihm Zeit geben, wird er es mit sehr guten Resultaten zurückzahlen."

Cristiano hängt in der Luft - Benzema angefressen

Nicht mit seiner Ausbeute zufrieden: Real-Torjäger Cristiano Ronaldo.

Nicht mit seiner Ausbeute zufrieden: Real-Torjäger Cristiano Ronaldo. imago

Klare Worte von Torres, die Reals Abteilung Attacke aktuell aber kaum trösten werden. Ein sonst so erfolgsverwöhnter Cristiano Ronaldo scheint in der Liga am meisten zu leiden, bis auf die furiosen fünf Treffer bei Espanyol blieb er sechsmal (!) ohne eigenes Tor. Deutlich regelmäßiger netzt Sturmkollege Benzema ein (traf in sechs seiner sieben Pflichtspiele mindestens einmal), allerdings genießt er nicht das uneingeschränkte Vertrauen von Benitez. Trotz eigener Treffer wird der Franzose regelmäßig ausgewechselt, so auch am Sonntag, wo ihm sein Unmut am deutlichsten anzusehen war.

Hinterher wirkte Benzema mächtig bedient: "Das ist eine Sache des Trainers, ich bin auf dem Feld, um meinen Mitspielern zu helfen. Ich bin ruhig. Ich werde noch mehr arbeiten, dass er mich nicht mehr vom Feld nimmt, aber heute ärgere ich mich über das Resultat." Gegenüber der AS wurde er deutlicher: "Ich habe es satt, ausgewechselt zu werden." Daraufhin brachte die englische Zeitung Independent direkt wieder den FC Arsenal ins Spiel, die Londoner sollen bereits im Sommer intensiv ihre Fühler nach Benzema ausgestreckt haben. Benitez betonte indes am Dienstag, dass er kein Problem mit dem französischen Angreifer habe: "Ich habe eine ziemlich gute Beziehung zu ihm. Ich habe ihm das Ziel von 20 bis 25 Toren gegeben und bin zufrieden mit seiner Leistung. Ich wäre ebenfalls stocksauer, wenn mich der Trainer auswechseln würde. Doch ich würde reagieren und versuchen, zwei Treffer zu erzielen, damit man mich nicht rausnimmt." Trotz des ganzen Lobes scheut Benitez auch vor künftigen Maßnahmen nicht zurück. "Wenn es nötig ist, würde ich ihn wieder auswechseln."

Für ihn ist es nicht alles, Tore zu erzielen. Ich werde ihn nicht auswechseln.

Frankreich-Coach Didier Deschamps zu Karim Benzema

Aktuell bereitet sich Benzema mit der Nationalmannschaft auf die beiden Länderspiele gegen Armenien am Freitag und Dänemark am Sonntag vor, eine Auswechslung blüht ihm dort nicht. Frankreich-Coach Didier Deschamps ergriff Partei für seinen Leistungsträger: "Er will für uns immer Tore schießen. Doch für ihn ist es nicht alles, Tore zu erzielen. Ich werde ihn nicht auswechseln. Ihm gefällt es, am Spiel der Mannschaft teilzunehmen. Karim ist wichtig für uns", erklärte der Welt- und Europameister im Kreise der Nationalmannschaft. Deschamps hat aber auch nicht derart viele Probleme, die Benitez aktuell plagen. Die Länderspielpause dürfte ihm recht kommen, um durchzuatmen, ehe es am 17. Oktober gegen Levante weitergeht.

msc