Champions League

Bayern-Frust nach dem 3:0 gegen Anderlecht - Ancelottis seltsame Sätze

Vier Beobachtungen von Bayerns 3:0-Sieg, die dagegen sprechen

"Die Stimmung ist überragend"

Drei Frustrierte nach dem 3:0-Sieg: Arjen Robben, Robert Lewandowski, Franck Ribery (v.l.).

Drei Frustrierte nach dem 3:0-Sieg: Arjen Robben, Robert Lewandowski, Franck Ribery (v.l.). imago/Getty Images

Robert Lewandowski wird umgerissen, verwandelt den fälligen Foulelfmeter und bringt so Bayerns souveränen Champions-League-Auftaktsieg auf den Weg: So war es vor einem Jahr beim 5:0 gegen Rostow, so war es am Dienstagabend beim 3:0 gegen Anderlecht . Und doch sind es Welten, die zwischen den beiden Spielen liegen und der Stimmung drumherum.

Damals hatte Carlo Ancelotti gerade seine ersten vier Pflichtspiele als Bayern-Trainer mit 18:0 Toren gewonnen, die brisanteste Frage war, wie ihm wohl die Lederhose beim nahenden Oktoberfest stehen würde. Heute gibt es andere Themen. Allerorten brodelt es, heißt es allerorten. Und wer das Spiel gegen Anderlecht beobachtete, konnte bei allem Wohlwollen tatsächlich nur zu einem Schluss kommen: dass Niklas Süle irrt. Der konstatierte hinterher: "Die Stimmung ist überragend."

Champions League - Vorrunde, 1. Spieltag
mehr Infos
Champions League - Tabelle - Gruppe B
Pl. Verein Punkte
1
Paris St. Germain Paris St. Germain
3
2
Bayern München Bayern München
3
3
RSC Anderlecht RSC Anderlecht
0

Die Leistung: Nicht alle hatten Lust auf bissig vorgetragene Angriffe

Die Bayern hatten bärenstarke Werte in Sachen Torschüsse (28), Pässe (738), Passquote (91 Prozent) und Ballbesitz (76 Prozent); Belege für Überlegenheit, aber auch dafür, dass Statistik manchmal eben nur Statistik ist. "Das Publikum verdient mehr", schimpfte Arjen Robben nach der 80-minütigen Überzahl, während der Anderlecht beinahe zum zwischenzeitlichen Ausgleich gekommen wäre. "Ich will Spaß haben auf dem Platz, das hatte ich nicht."

Ein paar Einzelaktionen reichten am Ende für den 14. Champions-League-Auftaktsieg in Folge, wer Ancelottis Spielidee suchte, fand sie aber auch diesmal nicht. Manchmal blieben Spieler bei gegnerischem Ballbesitz einfach stehen, auf schnell und bissig vorgetragene Angriffe hatten offenbar nicht alle Lust. "Du musst geil sein, Tore zu schießen", sagte Robben. "Und was machen wir?"

Riberys Trikotwurf: Diesmal lachte keiner

"Bock" hatte definitiv Franck Ribery, so sehr, dass er bei seiner Auswechslung sein Trikot auf die Bank feuerte und jetzt zum Rapport muss . Eine Staatsaffäre sieht anders aus, man kennt Riberys Emotionen ja. Und doch hätte der immerhin 34-jährige Franzose ahnen können, was sein Verhalten in der derzeitigen Gemengelage für einen Eindruck hinterlässt. Als Robben im März beim 1:0-Sieg in Gladbach ähnlich frustriert bei seiner Herausnahme reagiert hatte, lachte die ganze Bayern-Bank, inklusive Ribery . Diesmal lachte keiner.

Lewandowskis Alleingänge sorgen für Verstimmung

Damals hatte sich Robben vor allem darüber aufgeregt, dass Robert Lewandowski in einer Szene nicht abgespielt hatte. Ähnliches geschah auch gegen Anderlecht: Als Lewandowski in der 72. Minute lieber ein riskantes Dribbling versuchte, als Robben einfach in der Mitte zu bedienen, schäumte dieser förmlich, winkte ab. Lewandowski reagierte nicht mal. Schon vorher hatte der Pole manchmal lieber auf Alleingänge gesetzt. Und als Joshua Kimmich dann kurz vor Schluss selbst das Tor machte, anstatt ihn anzuspielen? Da drehte Lewandowski verärgert ab, jubelte nicht und hetzte später wortlos durch die Katakomben. Kleine Scharmützel zwischen Superstars? Vielleicht. "Überragende Stimmung"? Eher nicht.

Ancelottis seltsame Sätze: Wirklich die richtige Herangehensweise?

"Wir müssen auf dem Platz reden!", forderte Robben und meinte Lewandowskis aufsehenerregendes Interview unlängst . Und: "Wir müssen uns alle hinterfragen, alle." Auch der Trainer? Ancelotti jedenfalls behielt seine bekannte Das-wird-schon-alles-Rhetorik auch diesmal bei, formulierte ganz gelassen ein paar ganz bemerkenswerte Sätze: "Es war keine Topleistung, aber eine Leistung, die uns in dieser Phase reicht." Oder: "Sicherlich hätten wir mit mehr Intensität spielen können, aber es war nicht notwendig."

Vielleicht hat Ancelotti Recht, vielleicht spielen sich die Bayern bald ein, viel ist ja noch nicht passiert in dieser Saison abgesehen von dem 0:2 in Hoffenheim. Und ein 3:0-Sieg ist ein 3:0-Sieg. Aber ob derlei Analysen die richtige Herangehensweise sind, wenn schon die Spieler merken, dass nicht alle "Bock" haben?

Auch Manchester United gewann am Dienstag gegen Basel mit 3:0. Und José Mourinho bekam sich fast nicht mehr ein: "Schlechte Entscheidungen, Playstation-Fußball, Hacke, Spitze, eins-zwei-drei - das mag ich nicht", bemängelte der Trainer das Verhalten seiner Spieler, nach dem 2:0 wohlgemerkt: "Ich mag es nicht, wenn man plötzlich nicht mehr seriös spielt."

jpe