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Löw: "Ich muss dieses Spiel erstmal verarbeiten"

Deutschland unterliegt in Dublin mit 0:1 - Ein Punkt fehlt

Löw: "Ich muss dieses Spiel erstmal verarbeiten"

Überraschende Niederlage in Dublin: Bundestrainer Joachim Löw.

Überraschende Niederlage in Dublin: Bundestrainer Joachim Löw. imago

Aus Dublin berichtet kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

"Die Ausgangsituation ist klar. Wir wollen das Spiel gegen Georgien gewinnen und uns qualifizieren", sagte Löw, der im gleichen Atemzug durchblicken ließ, dass ihn die Pleite recht unvermittelt getroffen hatte: "Ich muss dieses Spiel erstmal verarbeiten, mir einige Dinge durch den Kopf gehen lassen."

Klar ist, dass Löw in seinem Team nun die in dieser Woche ohnehin spät mit dem Abschlusstraining am Mittwoch aufgebaute Spannung nun erst recht hochhalten und Freizeitaktivitäten in Leipzig auf ein Minimum begrenzen sollte. Erste Konsequenz: Der freie Abend am Freitag wurde gestrichen, die Mannschaft wird im Hotel bleiben. Klar ist auch, dass Löws ursprüngliche Überlegungen, in Leipzig vornehmlich Spielern aus der zweiten Reihe Bewährungschancen zu verschaffen, nicht mehr aufrechtzuerhalten sind. Klar ist aber ebenfalls, dass sich die deutsche Elf trotz der Niederlage im Ausscheidungsrennen weiterhin in einer komfortablen Lage befindet. "Wir sind enttäuscht über die Niederlage, aber wir haben es selber in der Hand", brachte es Löw auf den Punkt.

Erinnerungen an 2001

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Der zur sicheren Qualifikation noch nötige Punkt sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Doch der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Selbstverständlichkeiten in der Praxis oft genug verfehlt wurden. Wie beispielsweise vor 14 Jahren, als sich eine deutsche Mannschaft letztmals über die die Play-offs für ein Turnier qualifizieren musste. Im letzten Gruppenspiel gegen den skandinavischen Underdog Finnland hätte am 6. Oktober 2001 ein Sieg die Teilnahme an der WM 2002 in Japan und Südkorea bedeutet. Doch das Team von Rudi Völler kam in Gelsenkirchen nicht über ein gruseliges 0:0 hinaus, schaffte danach erst in zwei nervenaufreibenden K.o.-Spielen gegen die Ukraine WM-Teilnahme und damit die Basis zur späteren Vize-Weltmeisterschaft.

So weit soll und dürfte es diesmal kaum kommen. Dafür spricht allein schon die Tatsache, dass die deutsche Elf bislang jedes ihrer vier Spiele gegen Georgien gewann und dabei nur ein Gegentor kassierte. Doch der Auftritt in Dublin machte auch deutlich, dass der Weltmeister nach der durchwachsenen Saison 2004/15 keinesfalls schon wieder so gefestigt ist, wie man das nach den beiden Siegen gegen Polen und in Schottland annehmen durfte. Mangelhafte Chancenverwertung machte Löw in allererster Linie für die Niederlage verantwortlich. "Das darf auf keinen Fall passieren in so einem Spiel, in dem man so viel Ballbesitz hat, sich auch gute Chancen herausarbeitet. Da muss man einfach vor dem Tor effektiver sein und darf kein Tor kriegen", bemängelte auch Jerome Boateng. "Das Ergebnis passt natürlich überhaupt nicht. Es ist sehr ärgerlich, dass wir aus der sehr großen Überlegenheit nichts in Zählbares ummünzen konnten", monierte auch Mats Hummels, "und auch noch das eine Tor zugelassen haben".

Hummels: "Eine halbe Sekunde zu spät reagiert"

Daran hatte der Dortmunder Verteidiger maßgeblichen Anteil, der sich beim langen Ball auf Shane Long ähnlich düpieren ließ wie am Sonntag beim Lewandowski-Gegentor in München. "Wir haben eine halbe Sekunde zu spät auf diesen langen Ball reagiert. Ich weiß, dass ich einer von denen war, der das hätte machen müssen", räumte er selbstkritisch ein: "Wir hätten schneller reagieren müssen."

Ein Rätsel waren nicht nur schlechte Chancenverwertung und ein Abwehr-Blackout, sondern auch Löws anfängliche Taktik mit Thomas Müller als zweiter Spitze und Mesut Özil auf der rechten Seite. "Es war so gedacht, dass Mesut Özil und Marco Reus im Halbraum die Positionen tauschen und Thomas Müller aus dem Zentrum heraus in die Spitze geht", erläuterte Löw seine Strategie, die er zur Halbzeit - allerdings ohne den erwünschten Effekt – wieder korrigierte. Gegen Georgien wird er auch zumindest einen personellen Wechsel vornehmen müssen. Die Adduktorenverletzung von Mario Götze lässt einen Einsatz am Sonntag nicht zur. Vielmehr muss der Münchner eine mehrwöchige Pause befürchten. Das machte den Dubliner Abend doppelt bitter.