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Nawalka: "Wir haben auch Weltklassespieler"

Polen: Interview mit dem Nationaltrainer

Nawalka: "Wir haben auch Weltklassespieler"

"Deutschland ist eine Mannschaft fast ohne Schwächen": Polens Trainer Adam Nawalka.

"Deutschland ist eine Mannschaft fast ohne Schwächen": Polens Trainer Adam Nawalka. imago

Polen steht im FIFA-Ranking nur auf Platz 70 - trotz sehr guter Spieler in großen Klubs. Wie stark sind die Polen vor dem Spiel gegen Deutschland? Nationalcoach Adam Nawalka spielte als Profi einmal gegen Deutschland: bei der WM 1978 (0:0 im Eröffnungsspiel). Im Mai folgte der Test in Hamburg (erneut 0:0). Jetzt geht's um Punkte.

kicker: Herr Nawalka, Deutschland ist Weltmeister, hat aber jetzt Personalprobleme. Wie schätzen Sie den Gegner ein?

EM-Qualifikation - 2. Spieltag
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EM-Qualifikation - Tabelle - Gruppe D
Pl. Verein Punkte
1
Polen Polen
6
2
Irland Irland
6
3
Schottland Schottland
3
Trainersteckbrief Nawalka
Nawalka

Nawalka Adam

Polen - Vereinsdaten
Polen

Gründungsdatum

01.01.1919

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Nawalka: Sehr stark, das war die stärkste Mannschaft bei der WM. Joachim Löw verbesserte permanent das System. Das Team funktioniert in der Strategie schon über Jahre - das ist auch ein Vorteil. Pressing, sehr schnelles Umschalten, das haben wir in Brasilien gesehen. Deutschland ist eine Mannschaft fast ohne Schwächen.

kicker: Drei Spieler sind nach dem Triumph in Rio zurückgetreten, andere Leistungsträger sind verletzt. Eine Schwächung?

Nawalka: Das Wichtigste ist das System. Ich glaube, das wird die Strategie in Warschau nicht verändern. Trotz der Rotation in der Aufstellung. Ich sage aber auch: Ich respektiere Deutschland, habe aber auch keine Angst. Wir werden am Samstag unsere Trümpfe zeigen.

kicker: Viele polnische Spieler wie Lewandowski, Piszczek oder der verletzte Blaszczykowski sind in Deutschland bekannt. Auch Torhüter Szczesny von Arsenal. Krychowiak spielt jetzt in Sevilla, Glik ist Kapitän beim FC Turin. Warum aber sind die Ergebnisse des Nationalteams so schlecht?

Nawalka: Ich bin optimistisch! Wir haben auch Weltklassespieler. Aber wir müssen die Mannschaft noch formen. Das muss ein Team werden. Ich hoffe und glaube, dass das schon am Samstag passiert. Wir müssen positiv denken. Die Spieler sind auch weiter als noch vor zwei oder drei Jahren. Auch ein Lewandowski hat sich entwickelt, die anderen auch. Über die vergangenen Jahre kann man sicher diskutieren. Viele Faktoren spielen eine Rolle, warum der polnische Fußball da steht, wo er ist. Für mich zählt aber nur die Gegenwart.

kicker: Kann Polen schon am Samstag ein großes Spiel zeigen?

Nawalka: Das hoffe ich. Ich habe fast ein Jahr auf dieses Spiel gewartet. Die Arbeit ist nicht leicht. Es gibt nicht so viele Termine. Erst zwei im November 2013. Dann kam Schottland im März. Ich wollte schon damals die bestmögliche Aufstellung probieren, aber Blaszczykowski und Lewandowski waren verletzt.

kicker: Und dann der Test in Hamburg.

Nawalka: Im Mai gegen Deutschland schickten wir viele Reservisten auf den Platz, wie die Deutschen auch. Darum war das Spiel gegen Litauen im Juni so wichtig. Die Auslandsprofis waren schon im Urlaub. Aber alle sind gern nach Danzig gekommen. Ich brauchte die Zeit, um die Taktik zu verbessern. Wir brauchen das gemeinsame Training.

kicker: In den letzten beiden Spielen gegen Litauen und Gibraltar schickten Sie jeweils zwei Stürmer auf den Platz. Wird es gegen Deutschland auch so sein?

Nawalka: Ich mag das 4-4-2-System. Wir haben auch schon im 4-2-3-1 gespielt. Es gibt auch noch eine andere Möglichkeit mit drei Abwehrspielern im Zentrum.

kicker: Das haben Sie vor dem Spiel gegen Gibraltar probiert. Die Journalisten meinten damals, dass Sie vielleicht so auch gegen Deutschland spielen könnten.

Nawalka: Ein 3-4-3-System ist auch interessant. Ich möchte, dass meine Mannschaft auch dieses System beherrscht. Aber es ist sehr defensiv. Wir haben noch Zeit, um eine Entscheidung zu treffen.

kicker: In der Geschichte siegte Polen dreimal gegen den amtierenden Weltmeister, aber das ist lange her, und damals war Polen noch in der Weltspitze.

Nawalka: Wir haben alles in der Hand. Geschichte ist Geschichte. Für mich ist das Wichtigste, eine funktionierende Mannschaft zu bauen. Wenn das am Samstag so ist, dann haben wir die Chance, auch gegen einen Gegner wie Deutschland zu bestehen. Ich sehe, dass meine Spieler sehr motiviert und konzentriert sind.

kicker: Sie haben in Ihrer Amtszeit bisher fast 70 Spieler berufen. Zu viele, um tatsächlich eingespielt zu sein?

Nawalka: Ja, aber für die zwei Länderspiele im Januar kamen nur Spieler aus der polnischen Liga. Die Partie im Mai in Deutschland war auch ein Test, aber kein Pflichtspiel. Ich wollte vielen Spielern die Chance geben. Ich suche immer interessante Spieler, wie Linetty von Lech Posen oder Maslowski von Zawisza Bydgoszcz. Beide sind jetzt nach Verletzungen nicht dabei, aber sie werden uns in der Qualifikation noch helfen.

kicker: Piszczek sagte: "Unentschieden gegen Deutschland? Ich gehe auf den Platz, um zu gewinnen". Sehen Sie es genauso?

Nawalka: Unsere Mannschaft wird immer besser spielen, davon bin ich überzeugt. Die Organisation des Spiels werden die Fans schon gegen Deutschland sehen.

Interview: Roman Kolton