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Diese EM 2008 zählt zu den besten Turnieren aller Zeiten

30. Juni: Zerstörungs-Spezialisten haben abgedankt

Diese EM 2008 zählt zu den besten Turnieren aller Zeiten

Und das bei einem Turnier, das fachlich zu den besten aller Zeiten zählt. Dank überdurchschnittlicher Leistungen, wenngleich das Finale lange Zeit von gegenseitigem Respekt und Taktik geprägt war. Die EM 2008 hat einen fußballerischen Werte-Wandel offenbart. Mit der frühzeitigen Ablösung von Titelverteidiger Griechenland verabschiedete sich auch eine Philosophie des destruktiven Denkens hin zu konstruktivem Erfolgsaufbau: Eigene Stärken zu demonstrieren zeugt von gewachsenem Selbstbewusstsein. Vorwärtsbewegung ist der Machtfaktor. Schneller, schnörkelloser Spielaufbau zielt auf Erfolg. Nicht Quer- und Rückwärtsgeschiebe und Warten, bis der Gegner eine Lücke offenbart, sondern mit blitzschnellen Attacken diese Lücken selber aufzureißen gilt als Maxime. Mit Fußball zum Verlieben, wie ihn durchweg Spanier, aber auch Holländer, Portugiesen und Russen präsentierten, bis sie von einem an diesem Tage besseren Team desillusioniert wurden. Mit Laufwegen, die Räume schufen und den Gegner verwirrten.

Eine Attraktivität, denen die Abwehrreihen Tribut zollen mussten. Die Zerstörungs-Spezialisten haben abgedankt. Entsprechend aufgewertet wird das Mittelfeld, mit dem Trend zur Doppelsechs und Spielertypen, die ebenso absichern wie auch nahtlos umschalten können, als Triebfedern für den schnellen Weg zum gegnerischen Tor. Mal direkt vertikal, mal über die Flügel diagonal.

Nicht die großen Strategen beherrschten das Turnier, eher die mannschaftsdienlichen Alleskönner, die mit Laufbereitschaft und Klugheit beeindruckten, sich aber letztendlich dem System unterordneten. Deco oder Sneijder, Zhirkov oder Schweinsteiger, Pirlo oder das gesamte spanische Mittelfeld mit Iniesta, Xavi, Silva oder Fabregas zeichnen für diese ansehnliche Entwicklung.

Enttäuschend verlief die EM dagegen für die meisten Torhüter. Nur wenige strahlten Souveränität aus, selbst ein Weltklassemann wie Cech, erst recht die gealterten Rüstü, Nikopolidis, Ricardo und auch Jens Lehmann patzten.

Im Vergleich der Generationen haben sich - bis auf Jogi Löw - die älteren Trainer mit ihrer langjährigen Erfahrung, aber auch mit moderner Philosophie durchgesetzt. Aragones, mit fast 70 Jahren der älteste, gewann das Finale; weitere acht könnten als Fußball-Rentner längst im Ruhestand stehen.

Zwei wichtige Fakten imponierten: Die wohltuende Fairness, derer sich die Akteure befleißigten und damit manch schwache Schiedsrichter-Leistung kaschierten. Und schließlich das begeisterungsfähige Verhalten aller europäischen Fans. In Deutschland das "Sommermärchen 2006" nochmals zu steigern hätte sich wohl niemand ausmalen können ...