DFB-Pokal

Eberls Flucht vor dem Elfmeterschießen

Gladbachs Sportdirektor über das Pokal-Aus, Perspektiven und Ziele

Eberls Flucht vor dem Elfmeterschießen

Verweigerte sich dem Elfmeterschießen: Sportdirektor Max Eberl.

Verweigerte sich dem Elfmeterschießen: Sportdirektor Max Eberl. imago

Frage: Herr Eberl, Ihre Mannschaft ist im Pokal-Halbfinale ausgeschieden. Wie haben Sie das Spiel gesehen?
Max Eberl: In der ersten Halbzeit war Frankfurt besser und ist verdient in Führung gegangen. Wir haben wie gegen Dortmund relativ spät den Ausgleich gemacht. Man hat gemerkt, dass die Mannschaft angespannt war, dass es auch nicht so leicht von der Hand gegangen ist und sie sehr unsicher war. Ich fand es aber äußerst bemerkenswert, wie die Mannschaft zurückgekommen ist, sich in das Spiel gekämpft hat und mit der zweiten Halbzeit auch besser war. Ich hatte in der Verlängerung die ganze Zeit das Gefühl, dass wir körperlich viel frischer sind, wir sind viel aktiver. Im letzten Moment hatten wir aber nicht die Konzentration. Wir hatten auch nicht die großen Torchancen, immer nur gewisse Momente.

Frage: Wie enttäuscht sind Sie über das knappe Aus im Pokal, das dem unglücklichen K.o. in der Europa League folgt?
Eberl: Erst das Europokal-Aus gegen Schalke, jetzt wieder so ein knappes Aus gegen Frankfurt. Das hat die Mannschaft nicht verdient. Wenn man beide Pokalwettbewerbe nimmt, ist es schon bitter, wie du da ausscheidest. Das tut schon weh.

Frage: Als Yann Sommer im Elfmeterschießen gegen Frankfurt gegen Guillermo Varela gehalten hat, haben Sie Ihre Mannschaft da schon auf der Siegerstraße gesehen?
Eberl: Ich habe es nicht gesehen.

Frage: Sie haben nicht hingeguckt?
Eberl: Ich war drinnen. Ich habe so viele Elfmeterschießen gesehen, die wir verloren haben. Ich wollte nicht dabei sein. Das hat aber auch nicht geholfen.

Frage: Inwieweit fehlt der Mannschaft gerade in solchen Spielen ein Führungsspieler?
Eberl: Ein Führungsspieler kann auch nicht alle sechs Elfmeter schießen. Ich glaube nicht, dass es an einer Führungspersönlichkeit gelegen hat. Wir haben eine Mannschaft, die ohne Raffael, ohne Thorgan Hazard, ohne Christoph Kramer, ohne Fabian Johnson, ohne Tony Jantschke gespielt hat. Das sind Führungsspieler. Wenn die fehlen, müssen junge Spieler in die Bresche springen. Das haben sie getan – mit allen Stärken und Schwächen, die ein junger Spieler hat in einem Halbfinalspiel. Ich glaube nicht, dass so viele junge Spieler vor so einer Kulisse unter den Bedingungen schon einmal so ein Spiel bestritten haben. Im Elfmeterschießen zu verlieren hat nichts mit Führungsspielern zu tun. Das ist mir zu einfach.

Frage: Wie schwer ist es für Djibril Sow, der den letzten Gladbacher Elfmeter verschoss?
Eberl: Das ist die Tragik des Fußballs. Da werden Helden geboren oder es gibt den Deppen. Djibril ist diesmal derjenige, der leider verschossen hat. Aber daran lag es nicht.

Frage: Wie schwer ist nach solch einer Niederlage nun, sich für die restlichen Ligaspiele aufzurappeln, in denen es für den Verein noch um einiges geht?
Eberl: Die Mannschaft hat in dieser Saison schon einiges geschafft. Sie hat das Europa-League-Aus gegen Schalke und personelle Rückschläge verkraften müssen. Sie ist immer wieder aufgestanden und hat alles in die Waagschale geworfen, was sie hat. Wir werden jetzt einmal schlafen, morgen früh wird uns allen das Aus sehr wehtun. Und dann heißt es ab Donnerstag wieder: aufstehen. Wir müssen einmal mehr aufstehen, als wir hingefallen sind. In dieser Saison erleben wir wirklich ein Auf und Ab der Gefühle. In den letzten vier Spielen der Saison gilt es jetzt, einen Abschluss zu finden, bei dem wir sagen können, dass wir noch einmal alles versucht haben.

Frage: Nach Josip Drmic fällt nun auch Oscar Wendt für den Rest der Saison aus. Wie schwierig machen es die Personalprobleme, die Ziele noch zu erreichen?
Eberl: Wie gesagt, wir wollen die Saison bestmöglich beenden. Wenn alles optimal läuft, hat Borussia Mönchengladbach die berechtigte Chance, etwas Großes erreichen zu können. Wenn du aber eine Saison erlebst, wie wir das dieses Jahr tun mit all den Nackenschlägen, besteht die Gefahr, dass Borussia Mönchengladbach auch mal nicht international dabei sein kann. Das kann durchaus passieren.

Frage: Gibt es den bei dem einen oder anderen Verletzten die Hoffnung auf ein zeitnahes Comeback?
Eberl: Für das kommende Wochenende nicht, aber für das Heimspiel gegen Augsburg müsste der eine oder andere vielleicht zurückkommen, wenn alles gutgeht. Aber wenn man fünf, sechs, sieben Wochen verletzt war, ist die Saison auch zu Ende, bevor man wieder richtig fit ist. Aber wenn sie allein als Persönlichkeiten dabei wären – Spieler wie Christoph Kramer, der ein WM-Finale erlebt hat, oder Raffael, der schon einige Endspiele in der Schweiz erlebt hat – dann hast du mehr Erfahrung auf dem Platz. Die hat uns gegen Frankfurt ein Stück weit gefehlt.

Frage: Mahmoud Dahoud wirkt seit den Pfiffen gegen ihn völlig verunsichert. Wie kann man ihn aufbauen?
Eberl: Die Zuschauer haben applaudiert (wohlwollend, Anm. d. Red.), als er ausgewechselt worden ist. Natürlich verliert man ungern einen Lieblingsspieler, natürlich hat sich das im Spiel gegen Dortmund etwas auf ihn konzentriert, weil er einen schlechten Rückpass gespielt und den Elfmeter verursacht hat. Aber das war nicht explizit gegen Mo gerichtet, weil er nach Dortmund wechselt, sondern wir waren in dem Spiel nicht gut. Mo spürt jetzt auch, dass er nur noch vier Spiele für den Verein absolviert und dann geht. Da wird der Junge auch nachdenken. Er ist erst 20 Jahre alt und auch noch nicht so stabil im Kopf, dass er das alles so wegstecken kann.

Frage: Auf junge Spieler zu setzen, wird das Gladbachs Weg bleiben? Oder denken Sie auch aufgrund der personellen Probleme in diesem Jahr darüber nach, den Kader breiter aufzustellen?
Eberl: Der Weg, für den wir uns entschieden haben, ist für Borussia Mönchengladbach alternativlos. Wir werden weiter junge Spieler fördern müssen, wir wollen sie auch fördern. Das ist unser Weg. Der bietet große Chancen, wie wir in der Vergangenheit mit Platz 3 oder 4 gesehen haben. Aber er ist auch mit Risiko verbunden, dass man eben im Halbfinale im Elfmeterschießen nicht die Nerven hat.

Aufgezeichnet in der Mixed Zone von Jan Lustig und Jan Reinold

Bilder zur Partie Bor. Mönchengladbach - Eintracht Frankfurt