Dieses Gefühl hat Suchtpotenzial. 2007 und 2017 mit dem VfB, dazwischen 2009 mit dem VfL Wolfsburg - Gentner weiß, wie es sich anfühlt, eine Meisterschaft zu gewinnen. Wenn tausende Fans in Extase geraten, Stadien fluten und alles mitnehmen, das zum Souvenir taugt. Trotzdem sei es "schwer zu sagen", welcher dieser drei Titelgewinne größeren Eindruck in seiner Karriere hinterlassen wird. "Ich hatte dieses Glück in Wolfsburg und jetzt zweimal in Stuttgart", sagt Gentner, für den der einzig echte Unterschied nur darin liegt, dass er "in Wolfsburg und diesmal alle Spiele bestritten habe. Dadurch hat das eine etwas andere Wertigkeit als 2007". Als er nur zu 15 Bundesligaspielen kam, davon aber nur drei von Beginn an.
Gentner, der als einer der ersten Profis nach dem Abstieg 2016 sein Bleiben für die 2. Liga zugesagt hat und dadurch eine Art Vorreiter- und Vorbildrolle einnahm, blickt mit Erleichterung auf die vergangene Saison zurück. "Das war keine einfache Situation. Es war eine Menge Druck vorhanden. Die Erwartung war, dass wir einfach durchmarschieren." Was sich als Trugschluss herausstellen sollte. Stuttgart kam zwar als Spitzenreiter ins Ziel, musste im Verlauf der 34 Spieltage allerdings reichlich Nackenschläge einstecken. "Wir sind nicht durchspaziert, wir mussten uns alles brutal erarbeiten."
Nach vier Spieltagen hatte der Favorit gerade mal zwei Siege, aber auch zwei Niederlagen auf dem Konto, stand auf Rang 9. Es folgte der Trainerwechsel von Jos Luhukay zu Hannes Wolf, der ebenfalls nicht von Rückschlägen verschont blieb. Man hätte "qualitativ eine sehr gute Mannschaft. Aber wir hatten auch Unruhe, es ist nicht alles rundgelaufen", sagt der VfB-Kapitän und meint u.a. die blamablen Niederlagen in Dresden (0:5) und Würzburg (0:3). Oder die Sieglosserie von fünf Spielen in der Rückrunde. "Wir haben eine Menge Widerstände angenommen und bekämpft. Wir sind Woche für Woche auf Gegner getroffen, die zeigen wollten, dass sie genauso gut sind wie wir - oder besser." Was einigen auch gelang. Trotzdem sagt der 31-Jährige: "Nüchtern betrachtet ist die beste Mannschaft aufgestiegen."
Die Atmosphäre, das Wir-Gefühl, das wir geschaffen haben, ist außergewöhnlich.
Christian Gentner
Die mit der größten Konkurrenz und gleichzeitig der größten Harmonie im Kader. "Ein Riesenkompliment an die Mannschaft", sagt Gentner, "besonders an die Jungs, die von den Einsatzzeiten her nicht so viel bekamen, wie sie erhofft und erwartet hatten. Sie haben sich immer voll eingebracht. Da waren auch gestandene Profis und Persönlichkeiten dabei, die sich immer dem Ziel Aufstieg untergeordnet haben. Ohne das, wäre es nicht gegangen." Und wird es künftig nicht, zumal die Klubführung in Person von Sportvorstand Jan Schindelmeiser schon erklärt hat, Verstärkungen holen zu wollen. "Die Atmosphäre, das Wir-Gefühl, das wir geschaffen haben, ist außergewöhnlich", meint Gentner und hofft, dass ungeachtet der verschärften Konkurrenz auch in der nächsten Spielzeit "wieder so ein Gefühl entsteht". Es bestehe kein Zweifel, dass die Mannschaft, will sie nicht sofort wieder in den Abstiegskampf verwickelt werden, frische Qualität braucht. "Es wird aber entscheidend sein, wieder eine gute Mischung zu finden."