Bundesliga

Dundee: "Deutscher? Das habe ich aus dem TV erfahren"

Wie der südafrikanische Torjäger fast für den DFB spielte

Dundee: "Deutscher? Das habe ich aus dem TV erfahren"

Blickt im kicker-Interview auf seine aktive Zeit zurück: Sean Dundee.

Blickt im kicker-Interview auf seine aktive Zeit zurück: Sean Dundee. imago

kicker: Herr Dundee, grübeln Sie mal: Was war an diesem Dienstag vor genau 20 Jahren?

Sean Dundee: Oh je. Bestimmt irgendwas mit dem Karlsruher SC.

kicker: Weit daneben. Es geht um ein Länderspiel in Johannesburg.

Dundee: Stimmt! Südafrika gegen Deutschland, klar, eine unglaublich turbulente Woche. Es war damals meine beste Zeit beim KSC, ich war erstmals zu Südafrikas Nationalelf eingeladen, habe am Ende aber zum Glück nicht gespielt.

kicker: Kurz vor dem Match waren Sie verletzt.

Dundee: Es ging damals alles zu schnell, ich wollte doch erst gut überlegen, weil ja noch die Chance mit Deutschland bestand. Außerdem hat mich Südafrikas Team sehr schlecht aufgenommen, ich war völliger Außenseiter. Also hatte ich eben Wadenprobleme.

Ich mochte als Kind schon Klinsmann, Matthäus, Brehme oder Häßler. Icke war der beste Mitspieler, den ich jemals hatte.

Sean Dundee über die deutschen Nationalspieler

kicker: Selbst Ihr Klub-Coach Winnie Schäfer soll Ihnen damals abgeraten haben, für Südafrika zu spielen.

Dundee: Nicht nur er. Letztlich bin ich ohne Einsatz aus Südafrika abgereist. Nationaltrainer Clive Barker war nicht gerade begeistert.

kicker: Es heißt, Sie waren immer schon ein Fan der DFB-Elf?

Dundee: In Südafrika schaute man früher fast nur englischen Fußball. Ich aber mochte als Kind schon Klinsmann, Matthäus, Brehme oder Häßler. Wie die ein Spiel drehen konnten, das hat mich fasziniert.

kicker: Und dann kamen Sie 1995 nach Karlsruhe in die Bundesliga, spielten gegen Ihre Idole, und sogar mit Häßler zusammen.

Dundee: Das war wie ein Traum für mich. Icke war der beste Mitspieler, den ich jemals hatte. Solch blindes Verständnis hatte ich später nie mehr mit einem Teamkollegen.

kicker: Mit Ihrer Einbürgerung ging es sehr schnell, wohl auch, weil der damalige Außenminister Klaus Kinkel großer KSC-Fan war.

Dundee: Gut möglich, dass er ein wenig mitgeholfen hat. Ich habe jedenfalls aus dem TV erfahren, dass ich jetzt Deutscher bin.

kicker: Wie bitte?

Dundee: Ich war damals Anfang Januar 1997 im Urlaub bei meinen Eltern in Südafrika. Sie hatten deutsches Fernsehen, und dann habe ich einen Bericht auf Sat.1 gesehen, dass mein Verfahren durch ist. Zwei Tage später habe ich im Rathaus in Karlsruhe den Pass abgeholt. Ich war unfassbar stolz.

kicker: Dreimal lud Sie Bundestrainer Berti Vogts später ein, aber gespielt haben Sie nie für Deutschland. Traurig?

Dundee: Das ist vorbei und abgehakt. Aber nur ein paar Minuten auf dem Platz, das hätte ich nie vergessen. Im Frühjahr 1997 sollte ich gegen Israel spielen, bin aber verletzt ausgefallen.

Sean Dundee und Felix Magath

Arbeiteten in Stuttgart zusammen: Sean Dundee und Felix Magath. imago

kicker: Diesmal aber wirklich.

Dundee: Ja, leider. Aber trotz all dem Hin und Her: Ich würde mich heute wieder genauso entscheiden, keine Frage.

kicker: Statt für Deutschland zu spielen, mussten Sie zum Wehrdienst, zum Abwehrbataillon nach Bruchsal.

Dundee: Das war kein Problem, von der Kaserne zu Training oder Spiel, dann wieder zurück und dort übernachten. Es ging ja nur gut ein Monat, verkürzte Grundausbildung.

kicker: Aber dennoch: Seit Sie den deutschen Pass haben, lief es als Stürmer nicht mehr so wie vorher. Warum ging es so bergab?

Dundee: Nach Karlsruhes Abstieg ging ich 1998 zum FC Liverpool. Aber dort wollte mich der neue Trainer Gerard Houllier irgendwie nicht. Beim VfB habe ich trotzdem später durchaus meine Tore geschossen. Leider war ich immer und immer wieder verletzt. Nie etwas wirklich Ernstes, aber ständig vier Wochen raus - das ist Gift für eine Karriere.

kicker: Und wie geht es Ihnen heute?

Dundee: Alles okay, die Knie und Knöchel schmerzen ein wenig, und der Rücken zwickt manchmal sehr.

Da sieht's aktuell wieder richtig schlimm aus.

Sean Dundee über den VfB Stuttgart

kicker: Aber beim FV Grünwinkel spielen Sie noch ab und zu?

Dundee: Zu selten. Die Jungs sind Tabellenführer in der Kreisklasse, brauchen mich also gar nicht. Nur beim letzten Heimspiel vor der Winterpause war ich dabei, ein 5:2-Sieg.

kicker: Und das Torkrokodil hat wie früher zugebissen?

Dundee: Die Zähne waren stumpf... Aber ich habe zwei Tore aufgelegt. War auch schön.

kicker: Gehen Sie noch ab und zu ins Stadion?

Dundee: Beim KSC schaue ich hin und wieder vorbei. Beim VfB war ich lange nicht. Da sieht's aktuell mal wieder richtig schlimm aus. Mal schauen, ob sie sich wie der HSV in den letzten Jahren am Ende doch noch retten können. Ich hoffe es.

Sean Dundee

Kümmert sich nun vor allem um die Familie: Sean Dundee. imago

kicker: Vor einem Jahr pendelten Sie noch viel zwischen Karlsruhe und Südafrika. Haben Sie sich inzwischen festgelegt, wo Sie künftig leben werden?

Dundee: Wir bleiben in Deutschland. Seit einem Monat wohnen wir hier sehr ruhig etwas außerhalb der Stadt.

kicker: Und was machen Sie aktuell?

Dundee: Ich kümmere mich um meine Familie, im Januar kommt das fünfte Kind. Und dazu gebe ich hier in Grünwinkel auf dem Fußballplatz Spezialunterricht.

kicker: Spezialunterricht?

Dundee: Ja, ich trainiere ganz individuell mit Kindern im Alter zwischen 6 und 14 Jahren. Ab nächstes Jahr beginne ich meine Trainerscheine. Aber Ambitionen auf die Bundesliga habe ich sicher nicht.

kicker: Und Ihre Fußballschule in Durban?

Dundee: Die läuft noch, aber ich gebe sie bald ab. Das wird künftig jemand anderes betreuen. Volle Konzentration auf Deutschland. Wie früher.

Interview: Martin Gruener