2. Bundesliga

Darum kündigte Poschner wirklich

1860 München: Aygün übernimmt interimsweise

Darum kündigte Poschner wirklich

Enttäuschter Abgang: Sportdirektor Gerhard Poschner kündigte beim TSV 1860 München.

Enttäuschter Abgang: Sportdirektor Gerhard Poschner kündigte beim TSV 1860 München. Imago

Gerhard Poschner will nicht viel reden. Der Mann, der im April 2014 als neuer Geschäftsführer Sport angetreten war, um "1860 in eine neue Zukunft zu führen", wie er damals sagte, wirkt am Telefon enttäuscht. Die letzten Wochen haben auch den sonst so dickhäutigen und standhaften Manager zermürbt. Am Donnerstagmorgen zog er nach wochenlangen internen Scharmützel den letztlich notwendigen Schlussstrich. Poschner kündigte fristlos und außerordentlich seinen Vertrag, verabschiedete sich von Mannschaft, Trainerteam und Geschäftsstellenmitarbeitern und informierte die Presse von seinem Schritt.

Am Wochenende wird er die letzten persönlichen Dinge erledigen, um danach in Südspanien, wo seine Familie weiterhin gelebt hatte, zur Ruhe zu kommen. "Ich habe aufgrund der Vorkommnisse in den letzten Wochen und der belasteten Beziehung zu der Vereinsführung, die nicht von mir zu vertreten ist, endgültig die Gewissheit erlangt, dass meine Bemühungen letztlich ohne jede Chance auf Erfolg sein werden", hatte Poschner seinen Schritt in einem Schreiben begründet.

TSV 1860 München - Vereinsdaten
TSV 1860 München

Gründungsdatum

17.05.1860

Vereinsfarben

Grün-Gold. Abteilungsfarben: Weiß-Blau

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Politik des "Kastrierens"

Der Rücktritt war zuletzt nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Der Verein unter Interimspräsident Siegfried Schneider, der schon recht früh nach dem geglückten Klassenerhalt den Rücktritt Poschners gefordert hatte, schien nur noch darauf hinzuarbeiten. Zu einem Rauswurf konnten sich Verein und Investor Hasan Ismaik aber nicht durchringen, wohl auch aus finanziellen Gründen. Es begann eine Politik des "Kastrierens". Zunächst wurde ein sportlicher Beirat ins Leben gerufen, der in Abstimmung mit Schneider die Entscheidungen Poschners zu überprüfen hatte, dann wurde Poschner schließlich als Geschäftsführer Sport abgesetzt und ihm eine dreimonatige Bewährungszeit als "Sportdirektor" zugestanden.

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Die fortan für diesen Geschäftsführerbereich zuständigen Leute: die im aktuellen Tagesgeschäft erfahrungslosen Noor Basha und Markus Rejek. Eine Farce. Ein klarer Schnitt Anfang Juni hätte Sinn gemacht: Entweder nach der verkorksten Saison mit drei Trainern, einer Mannschaft ohne Homogenität und der Last-Minute-Rettung Poschner vor die Tür setzen oder ihm ernsthaft eine zweite Chance geben. Doch die wochenlange widersprüchliche Haltung der Verantwortlichen zu Poschner führte den Klub ins Chaos.

Zunächst einmal hat Necat Aygün, Ex-Profi und zuletzt Leiter des Scoutingbereichs, die Aufgaben Poschners übernommen

Zunächst einmal hat Necat Aygün, Ex-Profi und zuletzt Leiter des Scoutingbereichs, die Aufgaben Poschners übernommen Imago

Und so überraschend wie nun der Anschein erwirkt wurde, kam der Rücktritt nicht. Nach kicker-Informationen teilte Poschner bereits am Montagabend dem Verein schriftlich seinen Schritt mit. Exakt zwei Wochen nach seiner Absetzung vom Geschäftsführerposten. Nicht ohne Grund. Denn eine Kündigung in diesem Fall muss innerhalb von 14 Tagen erklärt werden, nachdem der Kündigungsgrund bekannt ist. Es ging also um Fristen. Denn die Degradierung Poschners steht – hinsichtlich der juristischen Legitimation – auf mehr als wackligen Füßen. Den Geschäftsführer-Vertrag von einer Seite hinsichtlich der Befugnisse derart abzuändern bedarf im Normalfall der Zustimmung der Gegenpartei. Poschner wies 1860 darauf hin und kündigte, um seine Rechte zu wahren. Er erklärte sich aber gleichzeitig bereit, bis zu einer Einigung weiter seiner Arbeit nachzugehen. Die Anwälte übernahmen das Feld, doch nachdem sich keine Annäherung abzeichnete, entschloss sich Poschner zum Rückzug.

Damit ist eine weitere Episode beendet. Eine, die unter keinem guten Stern stand. Die Juristerei dürfte sich wahrscheinlich noch eine Weile mit ihr beschäftigen. Zunächst einmal hat Necat Aygün, Ex-Profi und zuletzt Leiter des Scoutingbereichs, die Aufgaben Poschners übernommen. Doch die Suche nach einem neuen starken Mann hat längst begonnen. Poschner selbst wollte sich zu den Vorgängen nicht äußern. 2004 war er als Spieler mit 1860 in die 2. Liga abgestiegen. Als Sportchef ist seine Zeit nun ebenfalls ruhmlos zu Ende gegangen.

Mounir Zitouni