Es gab Zeiten, da hätte Guardiola oder auch sein Vorgänger Jupp Heynckes in den Bundesligapausen zwecks Länderspiele den Betrieb komplett einstellen können. Regelmäßig blieben nur drei, vier Profis an der Säbener Straße, der Rest reiste im Dienste des Vaterlandes um die Welt. Dafür durften U-23-Akteure oder A-Jugendliche mit dem versprengten Rest daheim trainieren.
Auch aktuell stellt der FC Bayern die meisten Akteure aller Bundesligisten für die diversen Auswahlteams ab, ein Dutzend kämpft um Qualifikationspunkte oder in Freundschaftsspielen um die Ehre. Und es wären wesentlich mehr, würden nicht Thiago und Javi Martinez (beide Spanien), Claudio Pizarro (Peru), David Alaba (Österreich) sowie Holger Badstuber das Lazarett füllen.
Guardiolas Luxus-Trainingsgruppe
Geändert hat sich dennoch etwas. In dieser Woche kann Guardiola im Training auf die Erfahrung von über 400 Länderspielen zurückgreifen! Philipp Lahm und Xabi Alonso (jeweils 113 Einsätze für ihr Land) beendeten nach der WM ihre Nationalmannschaftskarriere, können regenerieren und sich auf die englischen Wochen vor Weihachten vorbereiten. Das gilt auch für Franck Ribery (81 Länderspiele), der nicht mehr für Frankreich auflaufen will. Dante (13) und Rafinha (2) finden keine Berücksichtigung mehr in der Selecao, während Bastian Schweinsteiger (108-mal für den DFB) am Dienstag nach dreimonatiger Verletzungspause erstmals wieder mit dem Team trainierte.
Für Guardiola bedeutet dies, dass er am nächsten Samstag gegen Hoffenheim mit Lahm, Xabi Alonso und Ribery drei Schlüsselspieler ausgeruht zur Verfügung hat. Die reisenden Nationalspieler kommen alle spätestens am Mittwoch zurück, auch da bleibt - anders als früher, als manche Nationalspieler erst am Freitag zurückkehrten - genügend Zeit zur Vorbereitung.
Benatia hatte zuletzt die Nase vorne
Dante hat diesen Reisestress seit der WM nicht mehr, auch er dürfte ausgeruht gute Chancen haben, gegen Hoffenheim zu spielen. Seine Einsatzzahl in der Liga sollte Dante zufriedenstellen, in zehn der elf Partien setzte Guardiola auf den 31-Jährigen. Das Aber: Zuletzt saß Dante in den wichtigen Partien draußen, Guardiola vertraute in der Liga gegen Dortmund (2:1) und in den Champions-League-Partien gegen Manchester City (1:0) und AS Rom (7:1 und 2:0) auf den unumstrittenen Jerome Boateng und Neuzugang Medhi Benatia.
An Boateng führt kein Weg vorbei
Dante stand international nur im Spiel bei ZSKA Moskau in der Startelf. Dabei hat er seine Leistungen aus der Vorsaison konserviert. Die Durchschnittsnote steht bei 3,30 (Vorjahr 3,28), statt 63 Prozent gewinnt er aktuell sogar 65 Prozent seiner Zweikämpfe. Boateng fällt hier mit 56 Prozent etwas ab, dafür kommt der Weltmeister in der Liga (2,50) und in Europas Königsklasse (1,83) auf einen sensationellen Notenschnitt. An ihm führt in den schwierigen und wichtigen Partien zurecht kein Weg vorbei. Für Benatia (Notenschnitt 3,25) spricht vor allem die starke Zweikampfquote (72 Prozent gewonnen) sowie seine Kopfballstärke.
Spricht der Trend also gegen Dante? Abwarten. Richtig spannend wird es vor allem, wenn in der Rückrunde Martinez und Badstuber zurückkehren. Guardiola hat dann die Qual der Wahl.
Frank Linkesch