Große Fußstapfen
"Lehmanns Nachfolger in der Nationalelf wird auf jeden Fall Michael Rensing und sonst keiner. Da können sich die anderen auf den Kopf stellen", hatte Uli Hoeneß 2006 prophezeit. Der junge Keeper galt damals als Auserwählter für das Kahn-Erbe beim FC Bayern. 2008 war es dann soweit, das Warten hatte für Rensing ein Ende. "Nach dem Olli die Karriere zu starten ist nun mal alles andere als einfach", hatte FCB-Coach Jürgen Klinsmann bereits angedeutet. Damit hatte der junge Keeper sichtlich zu kämpfen: 26 Bundesligaspiele lang, dann setzte Klinsmann nach einem 1:5-Debakel auf Routinier Jörg Butt.
Dieser überzeugte auch Klinsmann-Nachfolger Louis van Gaal. Talentiert sei Rensing, aber zu unbeständig, stark zwar auf der Linie, aber eben auch mit eklatanten Fehlern in der Strafraumbeherrschung. Insgesamt reichte es einfach nicht für die Ansprüche des Rekordmeisters.
Nach dem Vertragsende bei den Bayern fand der Keeper keinen Anschluss und erlebte die wohl schwierigste Zeit seiner Karriere. "Das", erinnert sich Rensing, "war eine schwierige Phase". Unter der Regie seines Jugendtrainers Daniel Weber, Coach des damaligen Bezirksoberligisten VfR Garching, hielt sich der Schlussmann fit. Eifrig arbeitete er am Comeback, buchte ein Privat-Trainingslager in Dubai und schloss sich der Trainingsgruppe um Stabhochspringer Tim Lobinger an, wodurch er neue Trainingsformen kennenlernte.
Rensing: Neuer und Weidenfeller in den Schatten gestellt
Zu Rensings Glück bot ihm der Bundesligist 1. FC Köln die Chance auf einen Neuanfang. Dort spürte er sofort Vertrauen, wie er selbst sagte, und zahlte es zurück: Mit einem kicker-Notenschnitt von 2,74 sicherte sich der Schlussmann die Auszeichnung zum besten Torhüter der Rückrunde - vor den heutigen Nationaltorhütern Manuel Neuer und Roman Weidenfeller. Rensings Vertrag beim FC wurde verlängert, er schien sein Glück endlich gefunden zu haben.
Erlebte zahlreiche Höhen und Tiefen in seiner Karriere: Fortunas Keeper Michael Rensing. imago
Dann stiegen die Geißböcke 2012 ab, trotz überzeugender Leistungen von Publikumsliebling Rensing setzte der FC fortan auf Eigengewächs Timo Horn. Die Geschichte ging praktisch von vorne los. Offenbar hatte sich Rensing mittlerweile mit dem Status als ewige Nummer zwei abgefunden, bei Bayer Leverkusen reihte er sich 2013 hinter Bernd Leno ein.
Vielleicht hatte es nicht mehr für die Bundesliga gereicht, dachte sich auch Rensing und schloss sich dem Zweitligisten Fortuna Düsseldorf an. Der Abschied der Nummer eins Fabian Giefer schien geklärt, als er unterschrieb. Dann blieb Giefer doch. Sowohl bei der Fortuna, als auch im Tor der Düsseldorf. Rensings Wartezeit war um noch ein weiteres Jahr verlängert worden.
Doch er bewahrte Geduld, nutzte seine wenigen Bewährungschancen und avancierte unter Oliver Reck zum Stammkeeper. Zur neuen Saison nahm mit Lars Unnerstall ein neuer Torwart den Konkurrenzkampf mit Rensing auf, fand am Ex-Münchner letztlich aber kein Vorbeikommen. Eine neue Situation für Rensing, hatte er sich zuvor doch immer mit dem Status als Nummer zwei zufriedengeben müssen. Der einstige Kahn-Nachfolger, der in seiner Karriere eine riesige Bandbreite zwischen Anerkennung und Zweifel kennengelernt hatte, steht wieder auf einem Höhepunkt seiner ständigen Berg- und Talfahrt.