Bundesliga

"Die Binde zu verlieren war ein Tiefschlag"

Hertha: Peter Niemeyer im Interview

"Die Binde zu verlieren war ein Tiefschlag"

Wäre gerne Kapitän geblieben und will sich zurück in die Mannschaft kämpfen: Herthas Peter Niemeyer.

Wäre gerne Kapitän geblieben und will sich zurück in die Mannschaft kämpfen: Herthas Peter Niemeyer. imago

kicker: Sie haben in dieser Saison bislang nicht ein Mal von Anfang an gespielt, sind lediglich viermal eingewechselt worden mit einer Gesamtspielzeit von 122 Minuten: Reicht es bei Ihnen nicht mehr für die Bundesliga, Herr Niemeyer?

Peter Niemeyer: Doch, das tut es. Ich habe in Bremen meinen Mann gestanden und bin in drei Jahren Berlin immer vorne-
weg marschiert. Und bei meinen Einwechslungen zuletzt habe ich der Mannschaft helfen können.

Spielersteckbrief Niemeyer
Niemeyer

Niemeyer Peter

Bundesliga - 13. Spieltag
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Trainersteckbrief Luhukay
Luhukay

Luhukay Jos

Hertha BSC - Vereinsdaten
Hertha BSC

Gründungsdatum

25.07.1892

Vereinsfarben

Blau-Weiß

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kicker: Sieht das der Trainer genauso?

Niemeyer: Er sieht mich jeden Tag im Training, von daher kann er sich ein sehr genaues Bild machen. Er weiß, was ich kann und was nicht.

kicker: Als Jos Luhukay Ihnen vor der Saison die Kapitänsbinde wegnahm und sie Fabian Lustenberger gab, sagte er: "Peter war ein vorbildlicher Kapitän, aber das war letzte Saison. Es gibt sportlich einige Zweifel, er ist nicht mehr gesetzt." War das ein unerwarteter Tiefschlag?

Niemeyer: Ja. Dass ich die Binde verlor, war ein Tiefschlag. Wir hatten in der 2. Liga eine Rekord-Saison hingelegt und uns als Team nach dem Abstieg schnell gefunden. Das geht im Erfolg schneller, aber es war trotzdem kein Selbstläufer. Daran hatte ich meinen Anteil - und ich wäre natürlich gern Kapitän geblieben.

kicker: Hätte Luhukay diesen Wechsel im Kapitänsamt aus Ihrer Sicht nach außen und innen anders moderieren müssen?

Niemeyer: So eine Entscheidung ist weder leicht zu treffen noch zu kommunizieren, das ist mir klar. Natürlich war ich enttäuscht, aber ich habe gelernt, damit umzugehen.

kicker: Wie groß ist Ihr Frust aktuell?

Niemeyer: Ich bin unzufrieden mit der Situation, das ist klar. Ich bin tief gefallen. Mit den Spielanteilen kann ich nicht zufrieden sein, mit der Punktausbeute bei meinen bisherigen Einsätzen schon. Meine Familie fängt mich auf, mein kleiner Sohn erlebt mich am Wochenende derzeit selten ausgepowert. Für ihn ist das natürlich schön, für mich nicht so sehr.

kicker: Hajime Hosogai ist als Sechser gesetzt, neben ihm durften im Zentrum auch Skjelbred, Cigerci und Kobiashvili schon beginnen. Fühlen Sie sich verkannt?

Niemeyer: Nein, unser Spielsystem hat sich geändert. Der Trainer setzt oft auf einen Schalterspieler, oft auf eine Doppel-Acht. Dass es auch mit Hajime und mir funktioniert, haben die Spiele gegen den HSV, Gladbach und zuletzt Hoffenheim gezeigt.

kicker: Vize-Kapitän Peer Kluge und Maik Franz spielen im Moment sportlich gar keine Rolle, Sie stehen im zweiten Glied: Ist der große Knall nur eine Frage der Zeit?

Ich habe mir hier in den drei Jahren so viel aufgebaut, das schmeiße ich jetzt nach einer für mich schwierigen Hinrunde nicht weg.

Peter Niemeyer

Niemeyer: Warum sollte hier eine Revolution ausbrechen? Erstens: Die Mannschaft hat Erfolg. Sie funktioniert, sie harmoniert. Zweitens: Als ich Kapitän war, habe ich von denen, die hinten dran standen, Loyalität eingefordert. Jetzt bin ich selbst in dieser Rolle und kann damit umgehen.

kicker: Kluge ist fast 33, Franz ist 32, Sie werden am Freitag 30 Jahre alt: Ist Erfahrung heutzutage nicht mehr gefragt?

Niemeyer: Es wird in einer Saison immer wieder Phasen geben, in denen die älteren Spieler gebraucht werden.

kicker: Wollen Sie Hertha im Winter verlassen?

Niemeyer: Zu null Prozent. Ich habe mir hier in den drei Jahren so viel aufgebaut, das schmeiße ich jetzt nach einer für mich schwierigen Hinrunde nicht weg. Ich habe nichts verbrochen. Ich bin der, der ich immer war. Und ich weiß, dass ich der Mannschaft noch helfen werde mit meinen Qualitäten.

kicker: Ihr Vertrag ist bis 2016 datiert. Angesichts der momentan eingetrübten sportlichen Perspektive: Wollen Sie den wirklich absitzen?

Niemeyer: Ich will hier gar nichts absitzen. Ich will zurück in die Mannschaft - und bin davon überzeugt, dass sich die Situation für mich persönlich wieder zum Guten wenden wird.

kicker: Hertha spielt als Aufsteiger bislang eine imponierende Saison. Ganz ehrlich: Können Sie das überhaupt genießen?

Niemeyer: Ich freue mich - und zwar aufrichtig. Wir hatten hier drei unruhige Jahre mit dem Abstieg 2012 und seinen Umständen als Tiefpunkt. Jetzt kommt der Klub in ruhigeres Fahrwasser, das tut uns allen gut.