Confederations Cup

Streitfall Anschlusstreffer beim 3:1-Sieg der DFB-Elf gegen Kamerun: Torwartfehler von ter Stegen oder nicht?

Nach dem Halbfinaleinzug im Confed Cup

Streitfall Anschlusstreffer: Torwartfehler oder nicht?

Geschlagen: Marc-André ter Stegen (Mitte) wird von Vincent Aboubakar (l.) überwunden.

Geschlagen: Marc-André ter Stegen (Mitte) wird von Vincent Aboubakar (l.) überwunden. picture alliance

Aus Sotschi berichten Oliver Hartmann und Sebastian Wolff

Hätte Marc-André ter Stegen den Kopfballtreffer des Stürmers von Besiktas Istanbul nach der Flanke von Nicolas Ngamaleu verhindern können oder gar müssen? Nein, sagt ter Stegen. Nein, sagt auch Torwarttrainer Andreas Köpke: "Ich sehe nicht, dass er ihn unbedingt halten muss, dass es ein Torwartfehler ist." Nach Köpkes Ansicht hätte ter Stegen nicht vor dem Schützen die Flanke abfangen können. "Der Ball kommt auf den kurzen Pfosten. Normalerweise ist der Abwehrspieler da und kommt mit dem Kopf hin. Diesmal war der Gegenspieler dran, und dann ist es aus Nahdistanz sehr schwer, den Ball noch zu parieren", so die Darstellung des einstigen Weltklasse-Keepers.

Spielersteckbrief ter Stegen
ter Stegen

ter Stegen Marc-André

Ter Stegen beurteilt die Situation ähnlich. Von Vornherein auf den kurzen Pfosten zu spekulieren, wäre in zweierlei Hinsicht eine Harakiri-Entscheidung gewesen, so der Keeper des FC Barcelona. "Wenn die Flanke lang kommt, stehst du vorn im Nirgendwo", gibt er zu bedenken. Und außerdem sei schließlich auch Niklas Süle in der Nähe des Geschehens gewesen: "Ich kann nicht vorher zum Ball. Man hat einen Mitspieler, der in den Raum reinläuft." Aufgabe des Torhüters in solch einer Situation sei es, "immer mit der Richtung des Balles zu gehen". Da Aboubacar dem Ball aus der Nahinstanz noch zu einer leicht veränderten Flugbahn verholfen habe, "ist es schwer, dann noch zu reagieren."

Wie auch immer: Eine glückliche Figur machte ter Stegen in der Szene nicht, spielentscheidend war es auch nicht. Richtungsweisend hingegen war, dass der Schlussmann in der 45. Minute die Volleyabnahme von Andre-Frank Zambo Anguissa mit einer tollen Parade entschärfte. "Es war ein wichtiger Ball für die Spielsituation. Es war wichtig, mit der Null in die Pause zu gehen", so ter Stegen.

Neue Nummer zwei hinter Manuel Neuer

Richtungsweisend war auch die Personalentscheidung von Köpke und Bundestrainer Joachim Löw. Das Ende der Rotation und die Festlegung auf ter Stegen beförderte den 25-Jährigen in den Status der Nummer zwei hinter Manuel Neuer. Ter Stegen wollte diese Entscheidung "nicht beurteilen. Ich muss versuchen, das Beste zu tun für die Mannschaft. Wenn ich das schaffe, habe ich gute Argumente. Ich denke, ich habe in den letzten zwei Spielen gezeigt, dass ich absolut verlässlich bin".

Das bescheinigte ihm auch Köpke. Mehr noch: Der Torwarttrainer kündigte an, dass ter Stegen auch im Halbfinale gegen Mexiko zwischen den Pfosten stehen wird und auch im Siegesfall das Endspiel bestreiten darf. "Irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich festlegt", so Köpke: "Marc ist nochmal gewachsen bei Barcelona."

Für Bernd Leno und Kevin Trapp bedeutet dies, dass sie allenfalls noch in einem Spiel um Platz drei die Chance auf einen Einsatz haben. "Bei drei Torhütern kann man es nie allen recht machen und auch nie allen gerecht werden. Irgendeiner wird immer weniger spielen", so Köpke, der aus eigener Erfahrung weiß, wovon er spricht. Bei der siegreichen WM 1990, der EURO 1992 und der WM 1994 stand er jeweils im Kader, kam aber nie zu Einsatz. Erst bei der triumphalen EM 1996 schlug seine Turnierstunde.

ter Stegen: Das rabenschwarze Ländespiel-Debüt ist vergessen

Zurück zu ter Stegen: Fünf Jahre nach seinem denkwürdigen Länderspiel-Debüt, als er beim 3:5 gegen die Schweiz einen rabenschwarzen Tag erwischte, ist ter Stegen nun quasi offiziell in die Rolle des ersten Neuer-Vertreters geschlüpft. Es ist bei objektiver Betrachtungsweise die logische Konsequenz der vergangenen Monate. Ter Stegen hat sich in Barcelona als unumstrittene Nummer eins etabliert, und auch seine Auftritte in der Nationalmannschaft haben anders als in den vorangegangenen Spielzeiten nichts Flatter- und Fehlerhaftes an sich. Für Leno und Trapp geht es in der kommenden Spielzeit um den dritten WM-Platz. Lenos Plus ist die Tatsache, dass er schon bei der EM 2016 in Frankreich im Kader stand. Anders als der Leverkusener kann sich Trapp indes in der nächsten Saison mit Paris St. Germain auch in der Champions League beweisen.