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Buhrufe für van Gaal - Klopps Brillen-Gag

12. Spieltag: Leicesters Höhenflug, Arsenals Sorgen

Buhrufe für van Gaal - Klopps Brillen-Gag

Seine Philosophie kommt bei vielen ManUnited-Fans gar nicht gut an: Louis van Gaal.

Seine Philosophie kommt bei vielen ManUnited-Fans gar nicht gut an: Louis van Gaal. Getty Images

Die meisten Rückpässe, die zweitmeisten Querpässe: Kritik an van Gaal wächst

Bei Manchester United werden die Fans immer ungeduldiger - das konnte auch der 1:0-Erfolg gegen ZSKA Moskau nicht übertünchen. Als Louis van Gaal in der 66. Minute Fellaini für Rekord-Youngster Martial brachte, hagelte es Buhrufe. "Ich bin nicht taub", sagte der Niederländer nach der Partie: "Das ist die Meinung der Fans, aber danach waren sie sicher nicht enttäuscht." Dass Rooney die torlose Zeit der Red Devils nach 404 Pflichtspiel-Minuten beendete, dürfte beim Anhang aber nur kurzfristig für bessere Laune sorgen. Offensiv-Fußball - das ist es, wofür United jahrzehntelang stand. Das ist es, was die Fans sehen wollen.

Da spielt es kaum eine Rolle, dass van Gaal es geschafft hat, das einstige Sorgenkind Abwehr zur besten der Liga zu machen (wie Arsenal acht Gegentore); dass Innenverteidiger Smalling einen kaum für möglich gehaltenen Leistungssprung hingelegt hat. Denn es gibt auch diese Statistiken: die meisten Rückpässe der Liga, die zweitmeisten Querpässe der Liga und am zweitwenigsten Torschüsse (77, Lokalrivale City gab schon 148 ab). Mit van Gaals defensiver Philosophie werden sich die United-Fans nie anfreunden. Das dürfte ein Problem werden, denn für Flexibilität - in welcher Hinsicht auch immer - ist van Gaal nicht bekannt.

Und auch die Diskussionen um Rooney sind noch lange nicht beendet. Der Kapitän blieb zuletzt ein Hemmschuh bei den ohnehin schon nicht sehr durchschlagenden Offensivbemühungen des Tabellenvierten. Selbst die Polizei von Manchester hatte sich nach dem 0:0 bei Crystal Palace einen Twitter-Scherz erlaubt: "Vermisste Person. Wayne Rooney zuletzt gesehen in der Trafford-Gegend mit einem roten Trikot. Bei Sichtungen bitte die Kollegen informieren." Taucht Rooney am Samstag (16 Uhr) wieder auf? Dann gastiert das defensivstarke West Bromwich Albion im Old Trafford, das die letzten beiden Gastspiele dort gewann.

Vardy, Mahrez, Ranieri: Wie Leicester die Liga überrascht

Sollte jemand die ersten elf Premier-League-Spieltage verpasst haben, dürfte er mit offenem Mund vor der Tabelle stehen: Leicester City ist Dritter! Wirft er dann noch einen Blick auf die aktuelle Torjägerliste, renkt er sich wahrscheinlich den Kiefer aus: Erster Vardy (elf Tore), Zweiter Mahrez (sieben), ihr Klub jeweils - Leicester City. Was ist da los in den East Midlands?

Der Höhenflug der Füchse hat viel mit Claudio Ranieri zu tun, der in England sportlich bislang nicht den besten Ruf genoss, bis ihn Leicester im Sommer vermeintlich aus der Not als Nachfolger des skandalumwitterten Nigel Pearson installierte. Seitdem glänzt seine Elf, zu der auch Stammspieler Huth und Joker Okazaki gehören, gleichermaßen mit Offensiv- und Teamgeist; nach dem ersten Zu-Null-Spiel vor zwei Wochen ließ Ranieri wie versprochen Pizza für alle springen. Vardy, ein bereits 28-jähriger Stürmer, der erst mit 25 den Sprung in den Profifußball schaffte und inzwischen sogar englischer Nationalspieler ist, hat an den letzten acht Spieltagen jeweils getroffen und geht am Samstag gegen den unangenehmen Aufsteiger Watford weiter auf Van-Nistelrooy-Jagd (zehn Tore in Folge). Auch bei dieser sensationellen Entwicklung hat Ranieri seine Finger im Spiel: Er hat Vardy erfolgreich vom Flügel- zum Mittelstürmer umfunktioniert.

Aston Villa heißt "falschen" Trainer willkommen

Remi Garde heißt seit Beginn dieser Woche der neue Trainer von Aston Villa. Das Liga-Schlusslicht hieß in den sozialen Netzwerken allerdings groß und breit einen gewissen "Remy" willkommen - der Rechtschreibfehler passt zur trüben sportlichen Situation. Und am Sonntag (14.30 Uhr) empfängt Villa auch noch Spitzenreiter Manchester City, der sogar in der Champions League (3:1 in Sevilla ohne den geschonten De Bruyne) ein souveränes Bild abgibt. Garde, der zwischen 2011 und 2014 Olympique Lyon betreut hatte, stellte sich sicherheitshalber mit den Worten "Ich bin kein Magier" vor.

Arsenal im Titelrennen, doch Wenger macht sich "große Sorgen"

Früher als Spieler, so heißt es, soll Arsene Wenger zur Motivation vor jedem Spiel in der Bibel gelesen haben. "Heute funktioniert das leider nicht mehr so gut", räumt der Arsenal-Trainer nun in einem "L'Equipe"-Interview ein. "Gleichzeitig bedeutet das zum Glück, dass meine Mannschaft nicht unbedingt auf Gott angewiesen ist, um zu gewinnen." Auf eine gewisse Qualität im Kader ist sie jedoch angewiesen - das zeigte sich am Mittwoch in der Champions League beim 1:5 in München.

Ohne Koscielny, Ramsey, Walcott, Oxlade-Chamberlain, Wilshere, Welbeck und Bellerin hatte Arsenal der Bayern-Wucht nichts entgegenzusetzen. "Ich mache mir große Sorgen, weil erst November ist", sagte Wenger am Freitag über die lange Verletztenliste. In der Liga lassen sich seine Spieler noch nichts anmerken, die Gunners sind mittendrin im Titelrennen. Doch dort, weiß Wenger, "geht es um Beständigkeit" - die in den letzten Jahren nicht unbedingt Arsenals Markenzeichen war.

Chelsea

Das North London Derby am Sonntag (17 Uhr) wird ein weiterer Gradmesser, Erzrivale Tottenham hat bislang nur am ersten Spieltag verloren und wirkt vor allem defensiv gut sortiert. Vorne steht Son nach wochenlanger Pause vor der Rückkehr, auch Torjäger Kane (fünf Treffer in den letzten acht Pflichtspielen) hat seine Form gefunden. Wengers Hoffnung: Innenverteidiger Koscielny, in dieser Saison noch wichtiger als Nebenmann Mertesacker, könnte zurückkehren. Der formstarke Rechtsverteidiger Bellerin fällt dagegen erneut aus. Sein Vertreter Debuchy gewährte den Bayern gemeinsam mit Vordermann Campbell freie Bahn über deren linke Seite. Ob Son vor dem Fernseher schon das Wasser im Mund zusammengelaufen ist?

Klopp verteidigt seine Kader-Politik

Jordan Ibe und Jürgen Klopp nach dem Sieg bei Rubin Kasan

Matchwinner: Jordan Ibe schoss Liverpool und Jürgen Klopp zum dritten Pflichtspielsieg in Folge. Getty Images

Für die englischen Boulevardmedien war das natürlich eine Extra-Meldung wert: Unter der Woche wurde Jürgen Klopp dabei beobachtet, wie er bei einer Trainingseinheit Liverpools Youngster Ibe lachend seine Brille anbot, nachdem der 19-Jährige einen schlampigen Pass gespielt hatte. Am Donnerstagabend dann stand Ibe erneut im Mittelpunkt - weil er gar nicht erst abspielte: Ein kurzes Solo schloss er mit einem satten Rechtsschuss ab, sein erster Treffer für die Reds und das 1:0-Siegtor in der Europa League bei Rubin Kasan.

Souverän fuhr Klopps Elf den dritten Pflichtspielsieg in Folge und den ersten auf europäischer Bühne seit drei Jahren ein, auch weil er mit wenigen Ausnahmen (Coutinho) keinen Spieler schonte. "Der Kader ist groß und stark genug", verteidigte Klopp seine Politik, "wir sind nicht zu einem Freundschaftsspiel geflogen." Doch ist sein Kader auch fit genug, um am Sonntag gegen Crystal Palace zu bestehen? Die Londoner, die letzte Saison beide Spiele gegen Liverpool für sich entschieden, sind gerade auswärts ein anspruchsvoller Gegner.

jpe/ski