WM

Messi, Romero und das "historische Date"

Argentinien: Unfassbarer Stolz am Unabhängigkeitstag

Messi, Romero und das "historische Date"

Argentiniens Keeper Sergio Romero jubelt für seine Mannschaft.

Argentiniens Keeper Sergio Romero jubelt für seine Mannschaft. Getty Images

Aus Belo Horizonte berichtet Jörg Wolfrum

"Elfmeterschießen ist immer Glück, aber ich hatte Vertrauen in mich", so der Keeper vom AS Monaco, wo er in dieser Saison einzig im Pokal zum Einsatz gekommen war. Doch mit seinen Reflexen auf der Linie hat der 1,92 Meter große Schlaks das Vertrauen von Nationaltrainer Alejandro Sabella gerechtfertigt. "Ich spüre eine riesige Freude in mir, das ist ein Ding für ganz Argentinien", erklärte Romero und machte sich mit den Kollegen im Regen auf die Ehrenrunde im Itaquerao-Stadion von Sao Paulo.

Spielersteckbrief Messi
Messi

Messi Lionel

Spielersteckbrief Romero
Romero

Romero Sergio

Weltmeisterschaft - Halbfinale
mehr Infos

Argentinien steht 24 Jahre nach dem Finale von Rom erneut in einem WM-Endspiel, wie 1990 erneut gegen Deutschland, angeführt vom Weltfußballer, der beim Halbfinal-Duell gegen die Niederlande seine schwächste Partie bei diesem Turnier gezeigt hatte - im Elfmeterschießen als erster im Dress der "Albiceleste" aber sogleich die Verantwortung übernommen hatte. Held des Abends war jedoch Torhüter Romero, der gleich den ersten Elfmeter von Ron Vlaar hielt sowie den dritten von Wesley Sneijder. Nach der Partie warf Javier Mascherano, Argentiniens Bester an diesem Abend, schon einen Blick voraus. "Das passiert nur einmal im Leben. Hoffentlich können wir das jetzt auch krönen. Gegen Deutschland müssen wir mit Geduld, Herz und Mut spielen." Mit richtig viel Selbstvertrauen blickt Argentiniens früherer Nationaltrainer Carlos Bilardo (19983 bis 1990) Richtung Maracana: "Am Sonntag nehmen wir revanche für 1990 und 2010. Es steht bislang 2:1 für Deutschland, am Sonntag gleichen wir zum 2:2 aus."

Keine Klassiker wie 1978

Am Mittwochabend siegte die "Albiceleste" 4:2 im Elfmeterschießen nach zuvor tor- und auch niveaulosen 120 Minuten: Messi, Ezequiel Garay, sowie die eingewechselten Sergio Aguero und Maxi Rodriguez trafen für die Südamerikaner, Arjen Robben und Dirk Kuijt für die Niederlande in einer Neuauflage des WM-Endspiels von 1978, das aber zu keiner Zeit an den Klassiker des Argentinien-Turniers heranreichte.

Albiceleste-Coach Sabella war das natürlich egal. "Absolut glücklich" sei er, so der Trainer, dem man die Anspannung des Elfmeterschießens aber noch anmerken konnte. "Wir hätten auch aus dem Spiel heraus gewinnen können", meinte Sabella wahrscheinlich mit Blick auf die eine Chance durch Gonzalo Higuain und in der Verlängerung durch Rodrigo Palacios und Maxi Rodriguez. Aber so sei es ihm auch recht.

Hoffentlich können wir das jetzt auch krönen. Gegen Deutschland müssen wir mit Geduld, Herz und Mut spielen.

Javier Mascherano

Sabella kennt sich mit Elfmeterschießen ja aus. 1998 in Frankreich war er einer der Assistenten von Daniel Passarella, als Argentinien im Achtelfinale England vom Punkt aus bezwang. Damals warfen sie alle wie verrückt auf den Rasen, heute wurde gemäßigter gefeiert. Wobei, was heißt das schon bei Argentiniern. Sie sangen im Regen mit den Fans die Lieder von Maradona, der besser als Pelé sei und dem "Gefühl, Argentinier zu sein". Gesungen wird immer, es war der "Gesang des Herzens", wie das Blatt "Ole" jauchzte.

Nun hat der 9. Juli eine doppelte historische Bedeutung

Denn es war ja nicht irgendein Tag, es war Unabhängigkeitstag in Argentinien, da sind sie am Rio de la Plata noch ein bisschen stolzer auf ihr leider fast seit eh und je abgewirtschaftetes Land mit der wunderbaren Sonne inmitten der Staatsflagge. Nun ist der 9. Juli auch fußballerisch ein historischer Tag. "Wir haben darauf konsequent hingearbeitet", erklärte Sabella mit Blick auf den Finaleinzug, nicht den Feiertag. Jetzt werde man am Sonntag in Rio de Janeiro "schauen, was geht". Vielleicht ja der dritte Titel nach 1978 und 1986?

Einer der größten argentinischen Fußballer aller Zeiten wird das nicht mehr erfahren: Vor dem Anpfiff war mit einer Schweigeminute des am Dienstag im Alter von 88 Jahren in seiner Wahlheimat Madrid verstorbenen Alfredo di Stefano gedacht worden. Der ehemalige Real- und River-Heros hat die Weltspitze ohne Weltmeistertitel erklommen, Messi ist ihm da in den vergangenen zehn Jahren nachgeeilt.

Nun kann der 27-Jährige im Maracana die eigene Karriere krönen. "Wir wollen, dass dieser Tag in die Geschichte eingeht", hatte der viermalige Weltfußballer vor dem Halbfinale mit Blick auf den Nationalfeiertag "9 de Julio" gesagt. Das "Date mit der Geschichte" ist da, nun sollte sich der Eroberer aber auch entsprechend herausputzen. Keeper Romero ist da nicht bang: "Wir haben den Besten", jubelte er im Stadion mit Blick auf Messi.

Messi: Mit einer Steigerung zum Giganten?

Romero herzt Messi, der im Finale zum Giganten der Argentinier werden kann.

Romero herzt Messi, der im Finale zum Giganten der Argentinier werden kann. Getty Images

Der darf das nun aber bei dieser WM auch bitte mal durchgehend über 90 Minuten zeigen. Zwar ist der "Floh", wie sie ihn in Argentinien noch immer nennen, fraglos Argentiniens Schlüsselspieler bei diesem Turnier. Doch in den beiden Auftaktspielen gegen Bosnien-Herzegowina (2:1) sowie Iran (1:0) glänzte er jeweils nur durch einen spielentscheidenden Treffer, ansonsten war er praktisch aus dem Spiel. Beim 3:2 gegen Nigeria gelang ihm dann schon ein Doppelpack - und auch die Leistung stimmte.

Im Achtelfinale gegen die Schweiz und im Viertelfinale gegen Belgien bereitete er jeweils die Siegtore zum 1:0 durch Angel di Maria und Gonzalo Higuain vor - dennoch bleibt der Eindruck, dass da nicht nur Argentinien keine wirklich tolle WM spielt, sondern dass da auch der Anführer noch ein wenig mehr zeigen sollte. Um einerseits dem Ruf als Weltbester gerecht zu werden und um andererseits endgültig in die Fußstapfen des Giganten Diego Maradona zu schlüpfen.

Im Finale von Maracana gegen Deutschland wäre der ideale Zeitpunkt, es mal wieder so richtig krachen zu lassen. Wie in den Zeiten bis vor ein oder zwei Jahren, als ihm alles gelang, Argentinien aber meist nichts. Jetzt die Symbiose, dann hätte er den Olymp erklommen. Den im Herzen der Argentinier.

Bilder zur Partie Niederlande - Argentinien