WM

Iniesta verspricht: "Wir sind gewappnet"

Spanien: Del Bosque möchte angstfreies Team

Iniesta verspricht: "Wir sind gewappnet"

Ist nicht so schnell aus der Fassung zu bringen: Spaniens Trainerr Vicente del Bosque.

Ist nicht so schnell aus der Fassung zu bringen: Spaniens Trainerr Vicente del Bosque. Getty Images

Aus Brasilien berichtet Jörg Wolfrum

Am Tag vor dem möglichen Ausscheiden von Weltmeister Spanien trat der Trainer der Roja im Maracana-Stadion von Rio de Janeiro trotz der angespannten Situation und des möglichen historischen Scheiterns eines Titelverteidigers schon nach dem zweiten Gruppenspiel gewohnt nüchtern auf, aber keinesfalls ernüchtert.

Und dann gab es doch den einen Moment, in dem der 63-Jährige den Kokon abstreifte, der ihn sonst umgibt: als die Übersetzung im Medienzentrum ausfiel, machte der Coach ein, zwei Scherze und sprach darauf los, natürlich nicht, ohne gleich wieder in die gewohnte Sachlichkeit zu verfallen: "Wir wissen um unsere Verantwortung, aber wir sind uns auch unserer Möglichkeiten bewusst."

Spanien habe beim 1:5 am vergangenen Freitag in Salvador gegen die Niederlande zwar eine herbe Abfuhr erlitten, aber die Mannschaft habe Lust, es nun allen zu zeigen. "Das waren lange Tage, die Niederlage hat sehr weh getan, aber es war nur eine partielle, keine definitive". Man habe es daher gegen Chile im Maracana (21 Uhr MESZ) "selbst in der Hand. Wir hängen von niemandem ab". Und: Verletzte hat die einstige "Furia Roja" nicht zu verzeichnen. Um im Turnier zu bleiben, so del Bosque, müsse Spanien mit Chile jedoch einen "mutigen und aggressiven Gegner" ausschalten.

Wie, also zum System, wollte sich der Trainer indes nicht äußern. Ob mit Fernando Torres gegen die in der Regel die Offensive suchenden Südamerikaner ein expliziter Konterstürmer in die Startelf rückt, ließ der Coach ebenso offen wie einen eventuellen Taktik-Wechsel vom 4-3-3 hin zu einem möglichen 4-1-4-1. Nur so viel: "Möglicherweise gibt es die eine oder andere Änderung." Schließlich säßen auf der Bank des Weltmeisters ja große Spieler von großen Klubs. Bayerns Javi Martinez etwa, der für Verteidiger Gerard Piqué kommen könnte. Oder vorne: Torres schon vom Start weg, gegen die Niederlande hatte noch der eingebürgerte Brasilianer Diego Costa begonnen.

"Egal wie", das sagt natürlich nicht del Bosque, sondern Chelsea-Stürmer Torres am Rande des Abschlusstrainings im Maracana. "Die Hauptsache ist, zu gewinnen", so der Angreifer, der zu seinem ersten Startelf-Einsatz im Turnier kommen könnte. Man weiß zwar nicht wie es wirklich in ihm aussieht, doch aussprechen tut Torres eben nur dies: "Es ist völlig egal, wer auf dem Platz steht."

Wir hatten einen fatalen Start.

Andres Iniesta
Andres Iniesta

"Wir müssen das Match angehen, wie ein Finale": Andres Iniesta. picture alliance

Das ist auch genau die Stoßrichtung von Andres Iniesta, der seinen Platz aber natürlich sicher hat und von Beginn an unterstützt werden könnte von Pedro für den gegen die Niederlande enttäuschenden David Silva. Doch wer hat schon in der zweiten Halbzeit gegen die Holländer nicht enttäuscht? "Wir hatten einen fatalen Start, aber wir sind gewappnet, diesen durch einen Sieg auszumerzen. Wir müssen das Match jetzt angehen, wie ein Finale", so Iniesta, der vor seinem 99. Länderspiel steht. Er habe "volles Vertrauen, dass die Mannschaft das schafft", erklärte der Siegtorschütze vom WM-Endspiel 2010. Allerdings sei die Situation im Vergleich zum entscheidenden Duell vor vier Jahren "eine ganz andere".

Stimmt nicht so ganz, lässt Torres durchblicken, "denn wir haben ja immer noch das Glück, den WM-Titel verteidigen zu können. Das ist weiterhin das Ziel." Mit Titelverteidigungen hat er ja Erfahrung, 2008 glückte dem mittlerweile 30-Jährigen im EM-Finale der Siegtreffer zum 1:0 gegen Deutschland, 2012 bei der EM waren System und Personal anfangs auch hart kritisiert worden – am Ende stand die Wiederauferstehung.

Dass der aktuelle Druck aber immens ist, gibt Torres dann doch zu, die Fallhöhe ist ja auch riesig und noch viel höher als bei einer Europameisterschaft. Allerdings: "Wir haben ähnliche Situationen immer gemeistert." Etwa in der Qualifikation, als die Spanier im Ringen um den direkten Qualifikationsplatz 2013 in Frankreich den entscheidenden 1:0-Sieg einfuhren.

Gegen die Südamerikaner erwartet der Angreifer ein "sehr intensives Spiel gegen einen aggressiven Rivalen. Da brauchen wir auch Geduld." Die hatten sie nach der Auftaktpleite am Freitag seither beim Wundenlecken gebraucht: "Die Wartezeit war schwierig", gab Iniesta im Maracana zu. Nun ist sie vorbei.

Den Sieg werde der Weltmeister, und da spricht wieder Trainer del Bosque in der ihm eigenen Art, "suchen, ohne unsere Identität aufzugeben". Man habe gegen die Niederlande zu Recht verloren und da wolle man sich auch "nicht selbst betrügen". Es wäre daher respektlos, gegen Chile ein Torfestival anzustreben. Aber "das bestmögliche Ergebnis", das will dann auch ein del Bosque.

Und so soll seine Mannschaft ins Spiel gehen: "Ohne Angst vor dem Ausscheiden." Nach der zweiten Halbzeit gegen die Niederlande "haben wir keine Argumente", unterstreicht noch einmal Fernando Torres. Nun zählen nur Tore. Der Torjäger sagt daher: "Völlig egal, ob der Siegtreffer in der ersten oder letzten Minute fällt."