Champions League

Ein anderes Arsenal

Bayerns Achtelfinalgegner im Porträt

Ein anderes Arsenal

Figuren eines goldenen Arsenal-Herbsts: Mesut Özil (l.) und Aaron Ramsey.

Figuren eines goldenen Arsenal-Herbsts: Mesut Özil (l.) und Aaron Ramsey. imago

Das haben sie nun davon. Einen Punkt hätte der FC Arsenal am letzten Spieltag der Champions-League-Gruppenphase in Neapel noch gebraucht, um Gruppensieger zu werden. Stattdessen zitterten sich die Gunners mit einem 0:2 als Zweiter hinter Dortmund ins Achtelfinale - und zogen dort nun das heftigste Los: Wie schon vor einem Jahr geht es gegen Bayern München.

Der Bundesliga- trifft auf den Premier-League-Tabellenführer, und allein das zeigt schon, dass das Arsenal der Saison 2013/14 nicht mehr das Arsenal aus dem Frühjahr 2013 ist: Die Gunners schicken sich ernsthaft an, nach Jahren mal wieder um den englischen Meistertitel mitzuspielen. Was ist passiert?

Obwohl das 2:0 in München vorige Spielzeit nach dem 1:3 im Hinspiel nicht mehr für das Weiterkommen gereicht hatte, war es doch eine Wende: Arsenal legte einen fabelhaften Endspurt in der Liga hin, sicherte sich so im letzten Moment noch das Ticket für die Champions-League-Qualifikation - was Trainer Arsene Wenger und die mit Vernunft wirtschaftenden Klubbosse intern wie immer als Titelgewinn werteten (eine echte Trophäe lässt schließlich seit 2005 auf sich warten).

Özil löst Euphorie aus, Ramsey schießt plötzlich Tore

Anschließend taten die Verantwortlichen dann etwas, was mancher Fan nicht mehr für möglich gehalten hätte: Sie kauften einen Topstar! Nachdem sich die Wunschtransfers von Luis Suarez und Gonzalo Higuain noch zerschlagen hatten, nutzte Wenger am letzten Tag der Transferperiode die sich plötzlich bietende Chance und verpflichtete Mesut Özil von Real Madrid. Die investierten knapp 50 Millionen Euro haben sich, Stand jetzt, ausgezahlt, allein wegen der Euphorie, die er rund ums Emirates Stadium entfachte. Plötzlich war ein baldiger Wenger-Abschied kein Thema mehr, inzwischen ist die nächste Vertragsverlängerung nur noch Formsache.

Der deutsche Nationalspieler war einer der Besten in Arsenals starkem Herbst, jedoch längst nicht der einzige Erfolgsfaktor: Die Rückholaktion von Defensivstratege Mathieu Flamini zahlte sich sofort aus, der Franzose hält den Offensiven effektiv den Rücken frei. Olivier Giroud überzeugt als alleinige Spitze, scheint sich im zweiten Jahr auf der Insel zurechtgefunden zu haben. Mittelfeld-Allrounder Aaron Ramsey machte einen riesigen Entwicklungssprung, gilt als der Shootingstar der Premier-League-Saison, auch weil er das Toreschießen für sich entdeckt hat. Und: Per Mertesacker spielte an der Seite von Laurent Koscielny zeitweise in der Form seines Lebens, ließ mit Arsenal nur elf Tore in 15 Spielen zu.

ManCity legt Arsenals Defizite offen

Doch dann kam Liga-Partie Nummer 16 - und zeigte den Gunners ihre Defizite auf. Das 3:6 bei Manchester City offenbarte vor allem zweierlei: dass Arsenal insgesamt mit Ausnahme des Dortmund-Rückspiels in der CL-Gruppenphase (1:0) auch in dieser Saison Probleme mit den ganz Großen zu haben scheint (zuvor schon 1:2 gegen Dortmund, 0:2 gegen Chelsea, 0:1 bei ManUnited); und dass Kader-Tiefe eben, siehe ManCity, auch ein Qualitätsmerkmal ist. Denn so groß die Fähigkeiten seiner ersten Elf auch sind: In der Hinterhand hat Wenger personell wenig (auch wenn Lukas Podolski wieder fit, Alex Oxlade-Chamberlain zurück im Lauftraining ist). Und die strapaziöse Weihnachtszeit kommt erst noch.

Kein Zweifel: Dieser FC Arsenal ist reifer, cleverer, besser als jener, der vorige Saison bereits Bayerns Champions-League-Traum um ein Haar vorzeitig beendet hätte. Doch ist er reif, clever, gut genug, um den Titelverteidiger, der ja seinerseits noch einmal einen Qualitätssprung hingelegt hat, ernsthaft zu gefährden? Zweifel bleiben.