Bundesliga

Sebastian Kramer oder Matthias Herter - wer folgt bei Hannover 96 auf Martin Kind?

Hannover: Mitgliederversammlung mit Weichenstellungen

Kramer oder Herter - wer folgt auf Kind?

"Wir entscheiden über die Zukunft von 96": Hannovers scheidender Präsident Martin Kind.

"Wir entscheiden über die Zukunft von 96": Hannovers scheidender Präsident Martin Kind. imago

Vor nunmehr beinahe 22 Jahren hatte sich Historisches ereignet. In einer turbulenten Jahreshauptversammlung wählten die Mitglieder des Sportvereins Hannover 96 im September 1997 den Hörgeräteunternehmer Martin Kind zu ihrem neuen Vorsitzenden - als Helfer in der Not, denn der Klub stand, mit umgerechnet rund sechs Millionen Euro verschuldet, kurz vor der Insolvenz.

Die weitere Geschichte ist hinlänglich bekannt: Kind sanierte den Klub und leitete die schließlich auch vollzogene Ausgliederung des Profifußballs in eine KG ein. Das so genannte "Hannover-Modell" des heute 74-Jährigen: Ein für den Breitensport in der Stadt stehender Verein hier, ein Fußball-Bundesliga-Unternehmen dort - beides vereint unter dem Dach "Hannover 96".

An diesem Samstag nun wird sich Kind von seinem Präsidentenamt zurückziehen, um sich künftig ganz auf seinen Posten als Geschäftsführer des Profifußballs in Hannover zu konzentrieren. Und das nach seinen Vorstellungen unter neuen Rahmenbedingungen: Auf Basis seiner über 20-jährigen Tätigkeit hatte er 2017 die mehrheitliche Übernahme der Profisparte unter Wegfall der 50+1-Schranke in Hannover beantragt. Ein Wunsch, dem die DFL bislang einen Riegel vorschiebt.

Wie geht es unterdessen weiter im Verein, wenn Kind dort aussteigt. Mit Spannung wird bei der Mitgliederversammlung der wichtigste Tagesordnungspunkt erwartet: Die Wahl des neuen, fünfköpfigen Aufsichtsrates. Gemäß der Satzung von 96 bestimmt dieses Gremium im Nachgang seiner Konstitution den neuen Vorstand - und damit auch die künftige Ausrichtung des Klubs.

Carsten Linke zählt zu den Kritikern des aktuellen Kurses

Die elf Bewerber spalten sich in zwei Lager. Da sind zum einen die sechs Kritiker des aktuellen Kurses, zu denen etwa der bisherige Kind-Gegenspieler und Aufsichtsrat Ralf Nestler, der erneut kandidiert, und der beliebte Ex-Profi Carsten Linke zählen. Sollte diese Fraktion die Mehrheit im Aufsichtsrat erhalten, wäre der Weg frei für den ehemaligen Fan-Beauftragten Sebastian Kramer als neuen Präsidenten - und für Kurskorrekturen. Die Oppositionellen wollen am bisherigen Hannover-Modell festhalten, allerdings unter anderem unter Verbleib der mehrheitlichen Anteile an der Profifußball-KG beim Mutterverein und mit einem Rückkauf der Markenrechte. Deren Rückverpachtung an die KG soll künftig für Geld im Breitensport sorgen. Der Prozess der Abkehr vom 50+1 soll gestoppt werden, ohne die KG damit infrage zu stellen. Statt dessen will man möglicherweise neue Gesellschafter als Kapitalgeber gewinnen.

Mit Herter gäbe es nur kleine Korrekturen

Die fünf Kandidaten der Kind-freundlichen Fraktion mit ihrem designierten Präsidentschaftskandidaten Matthias Herter wollen im Fall ihres Erfolges den Weg des Profifußballs zu einem mehrheitlich Martin Kind gehörenden Unternehmen weiter gehen, den auch aus ihrer Sicht zerstrittenen Verein aber zugleich wieder einen. Dazu gehört etwa der Aufbau einer Fan-Abteilung, der einen Dialog mit dem Anhang fördert, nachdem der alte Fan-Dachverband vor einigen Jahren aufgelöst worden war. Am Konstrukt des Hannover-Modells soll es darüber hinaus aber nur kleine, nicht strukturelle Korrekturen geben.

"Wir entscheiden über die Zukunft von 96"

Kramer oder Herter - wer folgt auf Martin Kind? Ein offenes Rennen, dessen Richtung sich womöglich erst im Verlauf der Versammlung am Samstag zeigen wird. Eines ist auch dem scheidenden Präsidenten Martin Kind klar: "Wir entscheiden über die Zukunft von 96."

Michael Richter